Kapitel 15

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Ich sah nichts.

Ich erinnerte mich an nichts.

Ich konnte nur den Mann vor mir anstarren und mich wundern,

wie ich hatte so blind sein können.

>> Amara <<

„Wie fühlen Sie sich?", informierte sich der Arzt erneut.

Ich seufzte. Das Zeug im Infusionsbeutel hatte mich komplett ausgeknockt. Ich fühlte mich immer noch gerädert, aber das Pochen in meinem Schädel hatte nachgelassen.

„Besser, schätze ich. Wie lange habe ich geschlafen?", gab ich zurück.

Der Arzt nickte. Erneut leuchtete er in meine Augen, fühlte meinen Puls und schlug die Decke auf, um sich die Verbände anzusehen.

„Sie haben den gestrigen Tag verschlafen. Konnten Sie sich an etwas erinnern?", hakte er nach.

„Nein. Nichts", gab ich zurück.

Er fragte mich nach meinem Namen, meinem Alter, den Namen meiner Eltern. Ich konnte ihm alle Fragen beantworten. Diese Informationen konnte ich abrufen ohne große Schwierigkeiten. Abgesehen natürlich von meinem neuen Nachnamen. Den kannte ich nur, weil mich der Arzt mit diesem ansprach. Benton. Ich konnte es immer noch nicht fassen. Waren wir glücklich verheiratet?

„Okay. Sie sind auf einem guten Weg. Ein paar Tage werden Sie es aber noch hier aushalten müssen. Wir möchten Ihre Gehirnerschütterung im Auge behalten. Außerdem möchte die Polizei mit Ihnen sprechen", beendete der Arzt schließlich seine Untersuchung.

„Polizei?", flüsterte ich.

Was war mit meinen Papieren? Waren sie in Ordnung? Durfte ich mich überhaupt in den Staaten aufhalten? Wie lange waren Jace und ich verheiratet? Hoffentlich hatten wir alles notwendige in die Wege geleitet.

„Ja. Sie sind vor ein paar Wochen einfach verschwunden, Mrs Benton. Jetzt wurden sie verletzt auf dem Bahnhof von New London gefunden. Die Polizei hat einige Fragen", erinnerte mich der Grauhaarige und schob seine Brille zurück auf die Nase.

„Außerdem benötigen Sie eine Bescheinigung der örtlichen Polizei, um Ihren Tod zu dementieren", fügte er hinzu.

Ich nickte langsam. Das machte Sinn, dennoch gefiel mir der Gedanke nicht mit der Polizei zu sprechen, dafür gab es zu viele offene Fragen. Wenn ich mich illegal in den Staaten befand und Jace mich versteckt hatte, konnte es sein, dass ich abgeschoben wurde. Ich wollte unter keinen Umständen zurück.

Abhauen war aber auch keine Option, dafür steckten zu viele Nadeln in meinen Armen und wenn ich die Dinger von meiner Brust reißen würde, ginge der Herzalarm los. Ich konnte also nicht unbemerkt hinausspazieren. Davon abgesehen wusste ich nicht, wo sich meine Klamotten befanden. Wenn ich im Krankenhaushemd durch die Stadt liefe, hielte man mich für eine Irre.

„Ist mein Mann schon hier?", wollte ich wissen. Die Worte kamen nur schwer über meine Lippen. Es war komisch darüber nachzudenken, dass Jace mein Mann war. Es laut auszusprechen, war noch merkwürdiger.

„Ich will zu meiner Frau!", hallte ein Schrei aus dem Flur.

Das Lächeln auf dem Gesicht des Arztes wurde größer. „Das muss ihr Mann sein. Ich gehe ihn beruhigen und schicke Ihn gleich zu Ihnen."

Mein Kopf ruckte hoch. Plötzlich stand mein gesamter Körper unter Spannung. Die Luft um mich herum schien dünner als noch zuvor zu sein. Unruhig krallte ich meine Finger in die Decke. Meine Gliedmaßen wollten mir nicht gehorchen. Ich verlor die Kontrolle über mich. Nur langsam begriff ich, dass es sich um eine beginnende Panikattacke handelte. Was sollte das? Draußen stand Jace! Ich sollte mich freuen. Ich war in ihn verliebt!

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