Kapitel 17

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So sehr ich nach einer Antwort in meinem Kopf auch suchte,

wusste ich nicht,

ob ich tatsächlich alles heraufbeschwören wollte.

>> Amara <<

Ich verstand noch immer nicht im vollen Umfang, was mit mir eigentlich passiert war. Ich begriff nicht, wie zum Teufel man so naiv sein konnte.

Als ich erwachte hatte ein Mann an meinem Bett gestanden. Es hatte sich herausgestellt, dass er Agent des FBI war. Man hatte ihn Undercover in die Bande meines Mannes eingeschleust, um Informationen zu sammeln.

Nachdem ich verschwunden war und Jace alles daran gesetzt hatte mich umzubringen, hatten sie endlich genug Informationen und eine lebende Zeugin, die gegen ihn aussagen würde.

Diesen Teil verstand ich. Es ergab Sinn. Aber wie hatte ich nur so blind sein können? Ich war Jace praktisch an den Hals gesprungen und hatte mich jahrelang von ihm verprügeln lassen. Einige Narben waren mir aus dieser Zeit geblieben, doch keine Erinnerung wollte zurückkehren. Mein Unterbewusstsein verdrängte sie mit aller Macht, während mein Verstand immer wieder versuchte diese zu Tage zu fördern. So sehr ich mich auch bemühte, schaffte ich es nicht. Ich watete durch eine zähe, schwarze Masse. Es blieb nur kurz an meinen Fingern kleben. Doch nicht genug, dass ich die vollständige Erinnerung zu greifen bekam.

Ich hatte mich in einem Eilverfahren scheiden lassen. Mein Exmann war nicht mehr greifbar. Das ganze Land suchte nach dem Drogenbaron und Mörder Jace Benton. Meinem Jace.

Ich schüttelte den Kopf. Hätte ich nicht am eigenen Leibe gespürt, zu was dieser Mann fähig war, könnte ich es immer noch nicht glauben. Ich war die Frau des Kopfes einer Bande gewesen, der eine ganze Stadt im Griff gehabt hatte. Jetzt versteckte ich mich in einer weitläufigen Wohnung.

Unbeholfen sah ich mich im Raum um. Es war alles penibel aufgeräumt. Nichts lag herum. Ein Staubkörnchen suchte man vergeblich. Ich hatte auch nichts Besseres zu tun. Eigentlich putzte ich hier nur den ganzen Tag.

Ich kannte hier keine Menschenseele und nach Draußen ging ich nur selten. Seufzend stand ich auf und ging die Treppe hinauf. Im Flur blieb ich stehen. Zum wahrscheinlich tausendsten Mal wendete ich meinen Rücken dem Spiegel zu und hob meine wilden Locken hoch. Auf meinem Nacken prangten wunderschöne Rosen. Ich fragte mich, ob es wehgetan hatte. Den Gedanken verwarf ich. Immer wenn ich das Kunstwerk erblickte fühlte ich mich sicher. Es war zu meinem wichtigsten Symbol geworden. Erneut stellte ich mir die Frage, wer es gestochen haben mochte. Es konnte noch nicht so alt sein. Die Tinte war nicht verblasst. Ich bemühte mich aber auch es zu pflegen. Ich wollte nicht, dass es jemals verblasste.

Robert hatte mir erzählt, dass ich mich eine Zeitlang in Maple Creek versteckt hatte. Bisher hatte ich mich nicht getraut Nachforschungen anzustellen. Was täte ich, wenn ich etwas fände, dass ich nicht wissen wollte? Hätte es einen Einfluss auf meine jetzige Persönlichkeit? Hätte es einen Einfluss auf meine Erinnerungen?

So sehr ich nach einer Antwort in meinem Kopf auch suchte, wusste ich nicht, ob ich tatsächlich alles heraufbeschwören wollte.

Seufzend ging ich wieder herunter und setzte mich zurück auf die Couch. Auf dem Tisch vor mir stand ein Laptop. Unschlüssig griff ich danach und fuhr das Ding hoch. Es dauerte einen Augenblick, bis ich das Internetsymbol anklicken konnte.

Dann sprang ich nach sechs Monaten Unwissenheit über meinen Schatten und gab Maple Creek in die Suchleiste ein.

Ein kleines verschlafenes Örtchen wurde mir angezeigt. Zweitausend Einwohner. Eine Pension. Direkt darunter prangte eine Homepage auf. Magisch angezogen klickte ich darauf.

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