⁶ MITTWOCH, 15:32 Uhr

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überraschenderweise verspüre ich keine impulsive Nervosität. Auch, als ich den Markenklamotten-Laden betrete, ist mein Herzschlag relativ ruhig, weshalb ich mich sogar anstelle von sinnlos starren etwas umsehe.

      Für einen beliebigen Mittwoch ist schon relativ viel los. Vor allem jüngere Teenager, welche alle die neusten Nike-Schuhe bestaunen.

Das Erste, was ich von Hendrik zu sehen bekomme, ist sein Rücken. Er hat sich zu einem Jungen gebeugt und gibt ihm gerade ein anderes Paar von Sneakers, weshalb ihn die Mutter dankend anlächelt. Der Gedanke, Hendrik sei ein super Schwiegersohn geht genauso schnell vorbei, wie er gekommen ist.
Kopfschüttelnd trete ich etwas näher heran. Alibimäßig nehme ich einen regenbogenfarbenen Turnschuh in die Hände.

»...und ich verspreche Ihnen, dass die Sohle nicht abreibt. Das Material ist etwas anders als bei den älteren Modellen, also müssen Sie sich keine Sorge machen.«
Er grinst total breit.
Ob er wirklich Spaß hieran hat oder nur seinen Vorschriften nachgeht, weiß ich nicht genau.
      Das Duo von Mutter und Sohn bedankt sich mehrmals, dann schlendern sie zur Kasse.

»Entschuldigung?«
»Ja!« Energisch wirbelt Hendrik zu mir rum. Dann sinken seine Mundwinkel ein Stück.
»Gibt es dieses Exemplar zufällig in einer 37?«
»Ähm...« Nach einem zurück in die Realität schubsenden Räuspern stellt er sich neben mich und schaut auf die Kartons.
»Das war ein Witz. Die werde ich nie anziehen. Geschweige denn vom Preis.«, murmle ich. Vorsichtig versuche ich mich an einem Lächeln, was ich jedoch nur zur Hälfte zurückbekomme.
»Hast du Lust Freitag etwas zu machen?«

Hendrik sieht mich prüfend an. Nach einer gefühlten Ewigkeit beginnt sich sein Körper endlich zu entspannen und er nickt leicht. »Sehr gern«
»Gut. Ich freue mich.«, murmle ich ehrlich gemeint. Überraschenderweise.

»Aber bitte sage nicht vorher plötzlich ab oder ignoriere mich danach wieder eine Woche.«
Ertappt sehe ich durch den Raum, lache gefälscht.
      Hendrik sieht mich jedoch mit ernstem Blick und schiefgelegten Kopf and. Mein Lächeln sinkt.
»Ich versuche es.«
»Ein guter Anfang. Und jetzt kaufe was oder gehe lieber, denn mein Chef feuert mich sonst.«

Durch den Satz bricht die Anspannung wieder und als der Junge ebenfalls seine Grübchen zum Vorschein bringen lässt, kann ich mein Schmunzeln ebenfalls nicht verhindern.
»Dann bis Freitag.«, raunt er.
»Man sieht sich. Und danke für diesen ausgesprochenen, wundervollen Service!«
      Den letzten Part rufe ich etwas lauter, was Hendrik ein kurzes Lachen entlockt. Danach verlasse ich den Laden wieder. Irgendwie freue ich mich jetzt doch auf Freitag.

++++

                ALS die U-Bahn bei meiner Haltestelle stoppt, verlasse ich hinter einem Büromenschen das Transportmittel, biege zum Ausgang und trotte die Stufen nach oben.
Freitag also. Vielleicht könnte ich Hendrik direkt von seiner Schicht vom Parkhaus abholen.
Schon komisch, dass ich plötzlich doch wieder an ihm interessiert bin. Irgendwie einigen können sich meine Gehirnhälften auch nicht.

       »Wenn das nicht einmal perfektes Timing ist.«
Verdutzt hebe ich den Kopf, beginne jedoch breit zu grinsen, als Matteos Gestalt vor mir auftaucht.
»Ich wollte gerade bei dir vorbeischauen.«
Vor ihm laufe ich den kurzen Weg zur Eingangstür, schließe auf und lasse Matteo durch.
»Hat sich David mittlerweile mal gemeldet?«
»Nö« Er sagt es zwar locker, trotzdem höre ich den unruhigen Unterton heraus.
»Ich war gerade bei Sara. Hab noch mit ihr über alles gesprochen. Sie zieht ja bald weg.«
Überrascht sehe ich vom Schlüsselloch meiner Tür zu ihm auf. »Wow. Ich bin stolz auf dich, Teo.«
»Meinst du das jetzt ironisch?«

Abwartend sehen wir uns gegenseitig an, bis ich mit der Schulter zucke und er mich schmunzelnd in die Wohnung schubst.

MELANCHOLIE ᵈʳᵘᶜᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt