KAPITEL 12

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Habt einen schönen Sonntag!🙏☺️

Eure @Patricia_Raven und Reniawen

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19. Dezember 1998

Jimmy

Mein Herz klopft schnell gegen meine Brust, und unzählige Erinnerungen jagen durch meine Gedanken, während wir backstage in der Frankfurter Festhalle zusammen kommen. Wir spielen erneut hier, weil die Nachfrage der Fans nach dem Erscheinen des neuen Albums wieder in die Höhe geschnellt ist. Auch dieses Konzert ist wie alle anderen ausverkauft, und es wird das erste sein, das ich wieder live spiele. Als ich vor ein paar Wochen ansprach, dass ich bereit sei, wieder ganz dabei sein zu wollen, war vor allem Paddy super happy. Kathy und Johnny waren noch etwas skeptisch, aber ich habe sie davon überzeugen können, dass der letzte Schritt jetzt richtig ist.

Nun stehe ich also hier, backstage, die Abläufe sind immer noch verinnerlicht, als wäre ich nie weg gewesen. Adam, das haben wir gemeinsam beschlossen, wird zunächst weiter dabei sein; zum einem hat er tatsächlich inzwischen einige Fans, zum anderen zur Unterstützung, falls ich es doch nicht packe. Ich werde auch erstmal keinen Solosong singen, nur Please don’t go zusammen mit Patricia. Aber mir geht jetzt trotzdem schon der Stift, dabei habe obwohl ich mein Leben lang nichts anders gemacht, als vor Zuschauern Musik zu machen. Warum also hab ich jetzt Muffe?
»Ach, Jimmy, es ist so schön, dass du wieder dabei bist«, legt mir Trisha einen Arm um die Schultern. Ich schaue mich in der Runde um. Angelo hat seine Drumsticks in den Händen und spielt damit Luftschlagzeug, Paddy und Joey reden mit den Securities, die anderen stehen um uns herum. »Bist du sicher, dass du bereit bist?«
Ich werfe ihr einen Blick zu. »We don’t know until we face it«, wiederhole ich die Worte meines Kumpels Ryan. »Das… well, hat einer meiner Freunde im Entzug gesagt. Gilt hierfür genauso. Gotta do it, um zu sehen, ob ich es packe.«
Trisha drückt meine Schultern. »Du schaffst das, bro«, lächelt sie. »So glad to have you back.«
Jemand reicht mir meinen Bass, während das Kreischen der Fans an unsere Ohren dringt. Das vertraute Gefühl, den Gurt des Instruments um die Schultern zu legen, durchströmt mich, ich lege die linke Hand an den Hals des Basses und streiche einmal andächtig auf und ab. Ja, es fühlt sich richtig an, hier zu stehen. Darauf zu warten, dass es losgeht. Das bekannte Adrenalin pumpt durch meine Adern, aber es ist nicht mehr so ungezähmt wie vor einiger Zeit. Ich habe es unter Kontrolle. Zumindest im Augenblick. Ich nehme meinen Platz ein, zwischen Patricia an ihrer Trommel, Barby an den Congas und Adam mit seiner Gitarre. Die Fans jubeln auf, als sie mich erkennen, und ich weiß, dass ich nirgendwo anders hingehöre.

»Ey, ist es nicht obercool, dass Jimmy wieder da ist? Make some noise for Jimmy!«, kann Paddy sich natürlich nicht zurückhalten, ins Publikum zu rufen, nachdem wir mit You got me rockin’ now begonnen haben. Erneut brennt Jubel auf, ich grüße nur etwas verhalten.
»Ich freu mich auch, zurück zu sein«, antworte ich dann aber doch, dann geht es mit Key to my heart und Santa Maria weiter.
Es ist ein besonderes Gefühl, als allerersten Song nach dem Entzug Please don’t go mit Trisha zu performen, und als ich meine ersten Soloverse anstimme, ist der Jubel der Fans noch lauter. »Hey little sister don’t cry, come on hold your head up high, if you could be so brave, to let him go his way…« Ich lege all meine Kraft und Gefühle in die Strophe, will Trishas Song die Tiefe geben, die er verdient, die sie verdient. Denn auch dank ihr stehe ich wieder hier. Ich sehe im Scheinwerferlicht, wie Tränen ihre Wangen herunter kullern, Tränen der Rührung, ich gehe langsam im Takt auf sie zu und wir tanzen beim Instrumentalteil ein wenig.
Es ist ein gutes Konzert, ich genieße es, wieder abzurocken. Vor allem die neuen Songs machen allen Spaß und werden frenetisch gefeiert.

Als wir nach dem letzten Song backstage ankommen, klopft mir Johnny auf die Schulter. »That felt good«, lobt er. »I’m happy to have you back, Jimmy.«
Ich kann sein Grinsen nur erwidern, fühle mich gleichzeitig aber auch ziemlich erledigt – aber im positiven Sinn erledigt. Mir steht nicht der Sinn nach Party oder so, ich brauchte vor dem Konzert nichts, um es durchzuziehen. Und wieder geistern Ryans Worte durch meinen Kopf.
Er hatte verdammt Recht. Ich hoffe für die beiden Jungs und Gwen, dass sie es ebenso geschafft haben. Und mir wird bewusst, wie oft ich eigentlich an die drei denke. Immer noch.

Jimmys Geheimnis IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt