Jimmys Geheimnis II

KAPITEL 22

Habt einen schönen Sonntag! ☺️
Das Konzert bei VIVA Overdrive war eines der schönsten Kelly Family-Konzerte, wie ich finde, deshalb hab ich's euch Mal angehängt ☺️🤩

##

02. Dezember 1999

Paddy

Es tut wirklich gut, wieder auf Tour zu sein. Im Oktober und November waren wir fast durchgehend zuhause, und ich hatte schon Anfang Oktober das Gefühl, dass mir bald die Decke auf den Kopf fallen würde. Zwar gab es den Videodreh zu Mama in Südafrika, aber die Dreharbeiten haben mich psychisch ziemlich an meine Grenzen gebracht. Ich war mir irgendwann sogar gar nicht mehr sicher, ob ich den Song tatsächlich noch veröffentlichen will, aber wieder haben vor allem Maite, Joey und auch Johnny mir Mut gemacht. Ich war so dankbar, dass Maite mit nach Südafrika geflogen ist und mir auch im Vorfeld der Rücken gestärkt hat, denn vor allem Angelo war nicht so angetan von dem Song. Zu persönlich, zu sad, nicht passend als Singleauskopplung. Aber meinem Argument, dass niemand der anderen einen neuen Song als Single vorweisen konnte und somit nur Mama infrage kam, wusste er dann auch nichts mehr entgegenzubringen. Der Erfolg der Single gab mir dann doch recht: Mama stieg auf Platz 14 in den Charts ein und hält sich immer noch in den Top 100.

Dennoch fiel es mir schwer, nach dem Dreh wieder auf Gymnich zu hocken, wo gefühlt all meine Geschwister mit etwas Anderem beschäftigt sind. Jimmy war in Irland, einfach so über’s Wochenende, mitten in den Tourvorbereitungen. Ich hätte ihn erwürgen können. Natürlich hat er uns auch nicht gesagt, warum er geflogen ist, nein, er kam einfach in die Küche und meinte er fliege am nächsten Tag nach Irland. Damit war die Sache für ihn klar, aber wenigstens hat er uns versichert, dass er am Sonntagabend zurück sei. Und  ich war doch irgendwie erleichtert, dass er auch zurück kam. Joey, John und ich haben die Setlist ausgearbeitet, und ich bin jetzt wirklich gespannt, ob ohne Kathy alles so funktioniert.

Das Konzert in Katowice ist eins der ersten, bei dem wir das neue Programm der Best Of-Tour spielen. Wir starten mit I feel love, was als perfekter Opener geblieben ist. Danach folgt Jimmy mit Rock’n’Roll stole my soul, und ich frage mich echt immer noch, was zum Henker er da eigentlich singt. Wahrscheinlich hat er selbst keinen Plan. Ich bin nur froh, dass er wieder jeden Tag dabei ist, seine Stimme verleiht jedem Konzert einfach das gewisse Etwas.
Da es eine Best of-Tour ist, sind auch Songs wie The Rose dabei. Kathys Gesangsparts haben wir aufgeteilt, Joey übernimmt auch eine Strophe, wodurch der Song einen besonderen Touch bekommt.
In Polen flippen die Fans immer noch total aus, Gekreische und Geschrei übertönen unseren Gesang beinahe, und im ersten Moment ist es mir sehr unangenehm. Instinktiv werfe ich einen Blick zu Jimmy, weil es ja früher genau das war, was ihn so sehr genervt hat. Wir sind diese Jubelstürme einfach nicht mehr gewöhnt, auch wenn vor Gymnich immer noch Fans stehen und unsere Konzerte überall ausverkauft sind. Aber diese Hysterie ist doch wieder ein anderes Level. Jimmy jedoch grinst nur zurück, offenbar hat er sich wirklich so weit im Griff, dass ihn das nicht mehr aus der Bahn wirft. Und ich bin sehr, sehr froh darüber. Besonders die »Joey, Joey!«-Rufe sind heute sehr deutlich und zuhauf zu hören, und als ich Jimmys Grinsen sehe, ist mir klar, was das backstage geben wird.

Joey und Jimmy haben auch das uralte Stay beside me wieder in die Setlist aufgenommen, danach spielen wir ein Medley vom Over the Hump-Album. Ein besonderer Höhepunkt ist auch Johnnys When I was in town, wir spielen Let it be wieder, und nach Angelos I will be your bride folgt Thunder. Barby wollte unbedingt ihren alten Song Crazy nochmal singen, und ich bin sehr erleichtert, dass es ihr so gut geht und sie zwischendrin auch ein wenig tanzt. Danach spielen wir ein paar Songs von Almost Heaven, An Alien, Every Baby und so, und natürlich auch The Wolf und One More Song. Für die folgenden Songs setzen wir uns in einem Halbkreis an dem Vorderrand der Bühne und spielen I wish I were a swallow, I really love you und Nanana akustisch. Im letzten Drittel folgen einige Weihnachtssongs, schließlich ist Anfang Dezember, und wir tragen auch Weihnachtsumhänge und Pudelmützen, die Barby wieder aus unserem Fundus herausgekramt hat. Mit Take my hand, Mama und I can’t help myself enden wir, und es ist ein unglaublich gutes Gefühl, dass alles so problemlos und eingespielt wie immer funktioniert hat. Okay, die Technik war hier manchmal wirklich miserabel, die Mikrophone oft übersteuert, aber wir sind eben auch in Polen, da kann ich darüber hinwegsehen.
Unendlich erleichtert falle ich in mein Hotelbett, nachdem Jimmy natürlich ein paar Sprüche geklopft hat, wie beliebt Joey hier zu sein scheint. Aber die Stimmung unter uns ist insgesamt so gut wie länger nicht mehr, wir alle haben das Tourleben wohl schon vermisst. Aber auch, wenn alles so gut lief, Kathys Lücke tut noch ein wenig weh, und das wird wohl auch noch bleiben. Songs wie Father’s Nose fehlen einfach, und sie natürlich auch.