VIERUNDFÜNFZIG

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Brier
Ich sitze seit mehreren Stunden Wach auf meinem Bett, ich habe keine Ahnung was ich tun soll. Ich will aber auch nicht aus dem Zimmer rausgehen, ich kenne nur den Weg in die Halle sonst war ich an noch keinem anderen Ort. Was eigentlich ziemlich verrückt ist wenn man bedenkt, dass ich seit knapp zwei Wochen hier bin, was zu Hause wahrscheinlich mehr als fünf Wochen sind. Dieser Gedanke breitet eine Gänsehaut auf meinem Körper aus. Ich bin kurz davor, nach dem Spiegel zu greifen um zu gucken wie es Atlas geht und was er macht, aber ich bin mir nicht ganz so sicher ob das eine gute Idee wäre, ich habe schon viel zu viel in seine Privatsphäre eingegriffen außerdem werde ich, wenn alles gut läuft bald eh wieder zuhause sein. Vielleicht sogar schon morgen.
Ich knibble nervös an meinen fingern und begutachte sie besonders gut als hätte ich es noch nie zuvor gemacht. Die tür öffnet sich gleichzeitig mit einem klopfen. Ein bekanntes Gesicht kommt zum Vorschein und ich muss lächeln. Es ist Klara, wir haben uns ein paar Mal in den letzten Tagen unterhalten und im gesamten ist sie ein sehr sympathischer Mensch.
"Ich soll Ihnen mitteilen, dass sie sich in die Halle begeben sollen, er möchte sie sprechen." Sagt sie kleinlaut und ich frage ich sofort zwei Dinge: Warum klingt sie so ängstlich und wer will mich sprechen? Zweiteres frage ich sie auch.
"Wer will mich sprechen?" Ich lege meinen kopf ein kleines bisschen schräg.
"Du kennst ihn vielleicht unter den Namen Gott." Sofort schlucke ich meine spucke runter.
"Gott will mich sprechen?" Sie nickt "Jetzt?" Sie nickt wieder. Sofort krabble ich von meinem Bett runter und laufe zur Tür.
"Soll ich sie begleiten? Sie wirken etwas bleich." Sie schließt die Zimmertür als ich aus dem Zimmer raus komme und läuft ein paar Schritte neben mir bis ich wieder stehen bleibe.
"Nein, ich denke ich schaffe das." Lächelnd nickt sie und ich sehe ihr dabei zu wie sie ihr Hände in Taschen steckt die in ihr Lappen eingenäht sind dann dreht sie sich um und geht in die entgegen gesetzte Richtung. Zuerst bin ich total eifersüchtig, dann erinnere ich mich aber auch daran, dass ihr ganzer Lappen etwas anderes heist, von der Farbe bis zum Stoff aus dem er gemacht ist und es hat mich tatsächlich etwas wütend gemacht als Klara es mir erzählt hat. Sie hat mir an einem meiner ersten Tage hier erzählt, dass alle angestellten hier diese gelben Kratzigen dinger tragen, alle die hier angestellt sind arbeiten zwar auch freiwillig hier aber während sie diese kratzigen Dinger tragen, werden sie außerdem auch nicht so gut behandelt jedenfalls von denen die nach ihrem Tod in den Himmel gekommen sind. Die toten denken sie haben irgendwelche sonder rechte jetzt wo sie es in den Himmel geschafft haben und es tut auch keiner der Engel was dagegen. Ich verstehe auch nicht ganz warum ich einen von diesen weißen Lappen trage, laut Klara sind die eigentlich nur Für die Engel bestimmt. Ich hätte es nachvollzogen wenn ich einen grauen tragen würde wie die toten. Aber stattdessen trage ich einen weißen Lappen, und nein ich habe an keinem einzigen Tag in den letzten zwei Wochen gefragt wie diese Dinger heißen die hier absolut jeder trägt und wenn ich ehrlich bin interessiert es mich auch nicht. Für mich werden diese Dinger auf ewig Lappen heißen.
Völlig in meinen Gedanken komme ich vor der Halle an und hätte fast vergessen warum ich überhaupt hier bin. Bevor ich die Halle betrete streiche ich meine Haare glatt und atme tief ein, dann öffnen sich die Türen und ich vergesse kurz zu atmen alle Erzengel sitzen auf ihren Sesseln und schauen mich an. Ich sehe wie Gabriel zuversichtlich zu nickt und ich muss lächeln. Ich traue mich gar nicht auf den achten Sessel zu schauen, bisher stand er immer leer wenn ich hier war aber jetzt sitzt dort jemand und ich traue mich nicht in anzuschauen, ich habe mich immer gefragt wie er wohl aussieht aber jetzt wo ich ihn tatsächlich sehen werde will ich es gar nicht mehr. Das Geheimnis seines aussehen war immer das spannende, jeder hatte seine eigenen Vorstellungen und es war noch viel schöner immer zu hören wie andere darüber denken.
Ich bleibe vor ihm stehen und habe ihn immer noch nicht ins Gesicht gesehen, ist das vielleicht respektlos? Könnte ich dafür in die Hölle kommen? Oh mann ich will nicht in die Hölle.
"Du wirst nicht in die Hölle kommen. Nicht deshalb." Ich höre diese stimme und sie klingt hört sich nach purer stärke, Gutherzigkeit und wäre. Ich traue mich dann doch schließlich hoch zu schauen. Der Mann der vor mir steht, könnte genauso sein wie ich ihn mir vorgestellt habe aber auch ganz und gar nicht, aber er sieht aus als wäre er ein Gott. Er strahlt es einfach aus. Es sollte mir angst machen aber ich fühle mich nicht so, ich fühle mich sicher, geborgen.
Ich bekomme kein Wort raus. Kein einziges. Aber das brauch ich auch nicht, er ist immerhin Gott.
"Du bist also unsere Heldin?" Das würde ich jetzt nicht sagen, immerhin in ich extra dafür geboren worden. "Ich habe gehört, dass du sehr gerne zurück möchtest wenn das alles vorbei ist." Ich nicke. "Aber ich scheine das alles nicht ganz zu verstehen, du lebst wortwörtlich im Himmel und du willst trotzdem zurück? Dir würde sogar ein platz in der Halle zustehen."
Gänsehaut. Überall auf meinem Körper Gänsehaut. Ich drehe mich unbewusst um meine eigene Achse und lasse mir die Wörter durch meinen Kopf gehen und es kommt egal wie ich es verdrehe immer auf das selbe drauf hinaus.
"Ich gehöre nicht hier hin, ich bin kein Engel-"
"Du könntest einer werden."
"und ich habe auch keinen Platz hier verdient. Alles was ich getan habe war keine Sache bei der ich nachdenken musste, ich habe es getan weil ich musste, weil ich genau dafür geboren bin, es gab eine Vorhersage in einem Buch über mich. Ich habe also nicht wirklich einen Platz hier verdient."
Er beginnt leicht zu lächeln und verunsichert mich etwas. "Brier, du hast das alles sicherlich nicht nur getan, weil es eine Prophezeiung darüber gab, ich weiß dass du auch schon vorher bereit warst dich in Gefahr zu bringen. Ich habe dich an dem Abend beobachtet, weißt du?" Er hat mich beobachtet? "Du bist nicht um sonst der Wolf. Du weißt was der Wolf bedeutet, dass wissen wir beide und auch alle anderen hier. Also ich frage dich noch einmal; Warum willst du wieder zurück, wenn du hier ein unbeschwertes leben führen könntest und ein Engel werden könntest."
"Weil ich kein Engel sein will, ich will zu meiner Familie. Meine Familie die denkt ich wäre tot und daran leidet. Ich will sie alle in den Arm nehmen, weil ich sie vermisse und sie Liebe. Jeden von ihnen. Weil ich ihnen treu bin. Vielleicht kann ich eines Tages meinen Platz hier einnehmen aber im Moment will ich leben und frei sein." Ich habe tatsächlich tränen in den Augen nachdem was ich selbst gesagt habe. Ich lächle trotzdem und drehe mich zu den Engeln, jeder sieht mich an als hätte ich genau das richtige gesagt und mir fällt ein Stein vom Herzen.
"Ich bin so so stolz auf dich, wir beide sind es." Die Stimme hört sich plötzlich ganz anderes an, weiblicher und wen meint er mit beide? Es sind doch noch Sieben weitere engel in diesem Raum. Ich drehe mich zurück zu ihm und erkenne schnell die anderen beiden Personen die Neben ihm stehen. Ich brauche keine Sekunde um sie zu erkennen aber ich verstehe nicht warum mein Dad auch hier ist, er sollte unten auf der Erde sein. Die Frau neben ihm hat erkenne ich von dem Familien foto was ich von Luella bekommen habe und daran, dass sie aussieht wie ich. Meine Eltern sehen genauso aus wie auf dem Bild. Grinsend nebeneinander und die arme um einander gelegt.
"Mit welcher Magie habt ihr meinen Vater her bekommen?" Ich grinse während ich auf die beiden zulaufe und in ihre Arme falle. Als ich mich von den beiden löse sehe ich, dass Dad nicht mehr so sehr am grinsen ist. "Gibt es irgendwo ein Portal?" Er schüttelt seinen Kopf.
"Es tut mir so so sehr leid, ich dachte wirklich du wärst.." er ist leiser geworden und ich kann nicht anders als zu weinen. "Nein, nein, nein, nicht.. du bist dort immer noch in guten Händen. Atlas ist da und Crystal und all deine anderen Freunde und vor allem Luella, sie wird auf dich aufpassen."
"Jetzt bin ich ja doch eine Weise, schon wieder. Wenigstens war ich es für zwei Monate nicht, oder?" Meine Mum greift nach meinen Wangen und wischt mir die Tränen weg. "Warum?" Murmel ich.
"Es tut mir so leid mein kleiner Engel, wirklich. Es ist alle meine Schuld.." sie versucht meine tränen wieder weg zu wischen aber es kommen zu viele nach und ich nehme ihre Hände weg.
"Vertrauen, das ist alles was ihr brauchtet." Ich schlinge meine Arme um mich selbst und gehe einen schritt zurück. "Ich habe mir wirklich immer Eltern wie in einer Geschichte gewünscht aber dabei meinte ich nicht Romeo und Julia."
Ich drehe den beiden und auch Gott den Rücken zu um aus dieser Halle zu gehen. Ich halte das nicht aus, wirklich.

𝐓𝐡𝐞 𝐄𝐥𝐞𝐦𝐞𝐧𝐭𝐬; 𝐎𝐧𝐥𝐲 𝐒𝐞𝐜𝐫𝐞𝐭𝐬 (FIRST DRAFT) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt