Kapitel 12

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Alec

Unsicher drehte ich mich vor dem Spiegel vor mir hin und her. Ich trug ein Outfit, was ich ganz offensichtlich nicht selbst ausgesucht hatte und von dem ich auch noch nicht wusste, was ich davon halten soll. Es bestand aus einer grauen, verwaschenen Jeans mit ein paar Löchern und dazu aus einem schwarzen Hemd mit kleinen, dunkelblauen Details.

Heute war es soweit. In weniger als einer Stunde würde ich auf der Bühne von Dancefloor stehen und vor tausenden Leuten singen. Und als wäre das nicht schon überfordernd genug, würde mein ehemaliger bester Freund, von dem ich dachte, dass ich ihn nie wieder sehen würde, neben mir stehen und einige krasse Moves hinlegen.

Izzy hatte mir erzählt, dass er wohl mittlerweile schon einige Preise gewonnen und sich einen Namen in der Tanzbranche gemacht hat. Bis heute hatte ich ihn allerdings nicht gegoogelt oder mich in sonst einer Weise über sein jetziges Leben schlau gemacht. Es hatte sich irgendwie nicht richtig angefühlt, ich wollte erst auf den heutigen Tag warten.

Noch einmal atmete ich durch und fuhr mir durch die Haare, die selbst die Stilistinnen nicht ganz bändigen konnten. Dann öffnete ich die Tür des kleinen Bades und lief durch einen kurzen Flur zurück in unseren Bandraum, wo sich bereits alle auf ihren mittlerweile Stammplätzen auf den Sofas platziert hatten. Ich musste lächeln. Auch wenn ich heute eine große Hürde zu bewältigen hatte, so wusste ich auch, dass ich mich immer auf diese Menschen verlassen konnte.

"Okay", rief ich und klatschte in die Hände, "Kommt alle zusammen!"

Schon versammelte sich die kleine Gruppe in einem Kreis und wir legten uns gegenseitig die Arme um die Schultern. Es war unser Ritual vor jedem Auftritt und gab uns Energie für das, was vor uns lag. Leicht beugten wir uns nach vorne und steckten die Köpfe zusammen.

"Toi, toi, toi!", riefen alle und gleichzeitig spuckten wir in die Mitte, natürlich nur symbolisch.

Anschließend richteten wir uns wieder auf.

"Wir werden das Ding heute rocken Leute, da bin ich mir sicher!", rief Jace und wir alle stimmten ihm lachend zu. Es waren diese kleinen Momente, in denen ich realisierte, wie glücklich ich mich eigentlich schätzen konnte. Diese kleine, chaotische Truppe bedeutete mir unglaublich viel und ich freute mich, dass ich die Bühne heute mit ihnen zusammen betreten würde.

Bevor ich mich allerdings richtig am Gespräch beteiligen konnte, zog mich Izzy zur Seite. Sie scannte mich von oben bis unten ab, richtete noch einmal den Kragen meines Hemdes und lächelte mich an.

"Du schaffst das, großer Bruder."

"Danke Izzy", kurz umarmte ich sie.

"Allerdings muss ich dir noch etwas gestehen", gab sie etwas zerknirscht zu, nachdem wir uns wieder gelöst hatten. Abwartend sah ich sie an.

"Ich habe Magnus vor Kurzem getroffen", murmelte sie schließlich.

"Was?!", entfuhr es mir.

Zögerlich fuhr sie fort.

"Es war während deines Interviews neulich. Ich war in einem kleinen Café in der Nähe des Studios und er war auch da. Wir haben nur kurz geredet. Er hat sich kaum verändert, aber ist inzwischen wirklich zu einem stattlichen Schnittchen herangewachsen", bemerkte sie und zwinkerte mir grinsend zu.

Ich konnte sie zuerst nur mit großen Augen ansehen.

"Und was erzählt du mir erst jetzt?!", rief ich.

"Was? Dass ich ihn getroffen habe oder dass er heiß aussieht?", witzelte sie.

"Izzy!"

Beschwichtigend hob sie die Hände.

"Hätte ich es dir früher erzählt, hätte es dich nur noch nervöser gemacht!", verteidigte sie sich. Ich seufzte, schüttelte aber im nächsten Moment meinen Kopf. Das war typisch Izzy.

Magnus

Ich sprühte noch etwas mehr meines glitzernden Haarsprays in meine Frisur, welche heute spitz nach oben gestylt war. Für diesen besonderen Tag hatte ich mich bei meinem Aussehen extra ins Zeug gelegt. Ich wollte Alec mit Stolz zeigen, was aus mir geworden war. Trotz des Wissens, dass er jetzt in dieser Sekunde im gleichen Gebäude war und vielleicht nur einige Meter entfernt, war ich erstaunlich ruhig. Hodge hatte Recht behalten, das Gespräch mit Cat hatte tatsächlich einiges bewirkt.

Dennoch, Lampenfieber war normal und auch hier war jeder nervös. Mal ganz davon abgesehen, dass wir hier bei Dancefloor waren. Aufregung gehörte einfach dazu und ich genoss diesen Nervenkitzel. Ich wusste, dass nichts schief laufen würde. Ich hatte meine besten Freunde an meiner Seite und seit langer Zeit auch wieder Alec. Ich konnte es kaum erwarten, ihn live wiederzusehen.

Als hätte sie meine Gedanken gelesen, trat Cat neben mich und legte mir eine Hand auf die Schulter. Durch ihre mit einem feinen Lidstrich verzierten Augen sah sie mich durch den Spiegel liebevoll an.

"Deine Mutter wäre stolz auf dich, wenn sie dich jetzt so selbstbewusst hier stehen sehen könnte", flüsterte sie mir zu. Ich nickte nur und erwiderte ihr Lächeln.

Meine beste Freundin laß mich wie ein offenes Buch und wusste genau, was gerade in mir vorging. Gerade an einem solch wichtigen Tag vermisste ich meine Mum besonders und hätte sie gerne einfach hier gehabt. Dennoch war ich überzeugt, dass sie gerade jetzt zu mir herabschaute und mir ein strahlendes Lächeln schenkte, so wie sie es immer getan hatte, um mir Mut zu machen.

Hodge klatschte in die Hände und richtete damit die Aufmerksamkeit des gesamten Raumes auf sich.

"So Leute, alle bereit? Es geht jetzt los!"

Tief atmete ich ein und aus und folgte meinem Trainer anschließend mit den Anderen durch die vielen Gänge, die uns direkt hinter die Bühne führten. Der Vorhang direkt vor uns war noch geschlossen, dennoch konnte man deutlich den Moderator reden hören.

Ich kannte die Bühne mittlerweile ziemlich gut, schließlich hatten wir die letzten Tage ausschließlich hier geprobt. Sie war recht groß und bot mehr als genug Platz für unsere Choreo. Für die Musiker gab es eine etwas kleinere, leicht erhöhte Plattform, die sich gegenüber von uns befand. Alec würde die Bühne also von der anderen Seite aus betreten.

Zugegeben, jetzt war die Aufregung doch deutlich präsent. Leise murmelten wir uns noch aufmunternde Worte zu, bevor wir uns für den Einmarsch aufstellten. Doch ich wusste, sobald ich ins Scheinwerferlicht treten würde, wäre ich die Ruhe selbst.

"Und jetzt, meine Damen und Herren, bitte ich Alec Lightwood gemeinsam mit den Downworlders auf die Bühne! Viel Spaß und vor allem: Viel Erfolg!"

Damit verließ der Moderator die Bühne, die Lichter gingen aus und der Vorhang wurde für uns geöffnet. Jetzt wurde es ernst. It's Showtime.

Dancefloor - Malec AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt