Kapitel 32

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Alec

Wir hatten gemeinsam dort gestanden. Und doch hatte es sich so angefühlt, als hätten wir es nicht gemeinsam geschafft. Das Gefühl von Zusammenhalt war nicht mehr da gewesen. Beim Auftritt hatten wir uns beide nur auf uns selbst konzentriert und nicht wie sonst auf den Anderen geachtet. Deshalb konnte ich mich auch nicht wirklich freuen.

Ich wusste immer noch nicht, was los war. Doch irgendetwas stimmte mit Magnus gewaltig nicht und er weigerte sich voll und ganz, mit mir zu kommunizieren. Und war es nicht genau die offene und ehrliche Kommunikation, die so bedeutsam für eine gesunde Beziehung war? Waren wir denn überhaupt noch ein Paar?

So langsam hatte ich nicht einmal mehr die Kraft, Magnus hinterherzurennen, nur um doch jedes Mal ohne ein Wort zurückgelassen zu werden. Früher hatten wir immer über alles reden können. Doch scheinbar hatte sich Vieles geändert und das musste ich schmerzhaft begreifen. Wieso war ich auch so naiv gewesen, zu glauben, dass es eine gute Idee wäre, mit meinem besten Freund aus Kindheitstagen nach jahrelanger Funkstille eine Beziehung einzugehen?

Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken, hatte jetzt auch gar nicht die Nerven oder die Zeit dazu. Das Finale rückte näher und ich hatte alle Hände voll zu tun, wir alle hatten das. Es war unsere Chance, uns zu beweisen. Wenn Dancefloor dann offiziell vorbei war, gab es wieder genug Zeit, um über alles nachzudenken.

Eine kleine Stimme in meinem Kopf rief immer wieder, dass ich danach alles hinter mir lassen und zurück in meine alte Heimat ziehen sollte, nach Florida. Doch wäre es damit einfach so getan? Wohl eher nicht, denn ich würde einfach vor meinen Problemen flüchten. Doch wie konnte ich diese lösen, wenn ich nicht an Magnus herankam?

Ich musste einen Weg finden. Cat oder seine anderen Freunde? Hatte ich bereits versucht, hatte nichts genutzt. Anrufe und SMS? Ebenfalls erfolglos. Ihn direkt ansprechen? Er war mir jedes Mal einfach aus dem Weg gegangen oder geflohen. Krampfhaft dachte ich weiter nach, bis es mir wie Schuppen von den Augen viel. Es gab eine Form der Kommunikation, in der wir beide unsere Erfüllung gefunden hatten.

Hastig sprang ich von meinem Sofa auf, wo ich die letzten Stunden mit Grübeln verbracht hatte und stürzte in die Küche, wo nach wie vor mein Laptop auf dem Tisch stand. Neulich, als Magnus da gewesen war, wollte er unbedingt wissen, an was ich gerade arbeitete. Doch ich hatte nichts verraten, da es eine Überraschung werden sollte. Ich hatte einen Song nur für ihn geschrieben.

Gerade wollte ich das Dokument aufrufen, bis mir etwas klar wurde. Der Song fürs Finale stand schon fest und die Tänzer probten längst mit dem Playback. Es war zu spät, jetzt noch einen anderen Song zu nehmen, zumal dieser noch nicht einmal fertig geschrieben war. Aber halt...

Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und rief Izzy an.

"Alec, was ist los?", meldete sie sich nach wenigen Sekunden.

"Izzy, sag mal...", ich machte eine kurze Pause und holte tief Luft, "Ist es möglich, jetzt noch die Lyrics des Songs etwas abzuändern? Ich hatte da noch die oder andere Idee und möchte den Text ein wenig... ergänzen.."

Izzy seufzte.

"Was genau hast du vor?"

***

Morgen war es so weit. Das Finale von Dancefloor und damit das Ende des Projekts, das mich und Magnus wieder zusammengeführt hatte. Ich war ängstlich und erleichtert zu gleich. Denn trotz all der schönen Momente, war es doch eine Menge Arbeit und Stress gewesen. Trotzdem hatte es sich schon jetzt ausgezahlt, Izzy hatte mir freudig berichtet, wie sehr die Aufrufzahlen meiner Songs seit Beginn des Wettbewerbs in die Höhe geschossen waren.

Heute morgen hatten die Band und ich bereits 3 Stunden geprobt. Es hatte Spaß gemacht, jedoch hatte ich mich trotzdem nicht richtig konzentrieren können. Zu sehr waren meine Gedanken bei Magnus. Der Mann, der mein Herz in Windeseile gestohlen hatte. Allerdings handelte der Songtext schließlich auch von ihm. Ich hatte wirklich alles gegeben, um dem Song nochmal den letzten Feinschliff zu verpassen und hoffte, dass Magnus danach mit sich reden ließ.

Nun stand die Generalprobe an. Ich hoffte, danach doch noch irgendwie eine Chance zu bekommen, mit Magnus zu sprechen, egal wie. Ich wusste nicht, ob ich morgen wirklich alles geben konnte, wenn das zwischen uns nicht geklärt war.

Hoffnungsvoll sah ich zu den Tänzern, die gerade auf die Bühne gingen und sich auf ihre Positionen stellten. Hodge und Izzy standen vor der Bühne und beobachteten uns genau. Aber Halt... wo war Magnus? Ich konnte ihn nicht sehen.

Gerade wollte ich etwas sagen, da fing Hodge schon an, uns einzuzählen. Verwirrt sah ich Izzy an, doch ich musste beinahe sofort nach Beginn des Liedes singen und trat somit ergeben ans Mikrofon. Die Tänzer bewegten sich elegant wie immer und ich war erneut beeindruckt von ihrer Choreografie.

Hodge hatte sich mal wieder voll ins Zeug gelegt und man merkte, dass er aus jedem seiner Tänzer das beste rausholen wollte. Würden wir Dancefloor gewinnen, würde das auch auf ihn als Trainer ein gutes Licht werfen. Man merkte aber, dass ihm nicht nur das Gewinnen wichtig war, sondern auch das Wohlbefinden der Tänzer. Magnus hatte mir viel Tolles über ihn erzählt und auch ich hatte einen sympathischen Eindruck von ihm.

Als die Musik stoppte und die Tänzer ihre Schlusspose einnahmen, verharrten wir einen Moment, ehe wir uns gegenseitig applaudierten. Izzy kam lächelnd zu mir aufs Podest meiner Band und umarmte mich.

"Morgen so eine Leistung und du hast den Pokal sowas von in der Tasche, Brüderchen!", lobte sie mich. Dankbar sah ich sie an.

"Super gemacht Leute, das war die letzte Probe von Dancefloor! Damit sehen wir uns dann morgen zum Auftritt wieder. Und denkt dran, nicht zu viel proben heute, ruht euch lieber aus. Schließlich will ich nicht, dass ihr euch den Knöchel verstaucht oder Schlimmeres!", verabschiedete Hodge die Tänzer, die nun allmählich Backstage verschwanden.

"Sag mal, Izzy...", wendete ich mich wieder an meine kleine Schwester, "Weißt du zufällig, wo Magnus ist? Bei der Probe war er schließlich nicht da."

Seufzend sah sie mich an.

"Hodge meinte er wurde kurzfristig verhindert. Aber wenn ich ehrlich bin, glaube ich das nicht so wirklich."

Enttäuscht starrte ich auf meine Füße.

"Hör zu, Alec", vorsichtig hob Izzy mein Kinn an, sodass ich sie ansehen musste, "Egal was gerade mit Magnus los ist, wir werden es schon noch herausfinden. Du musst dich jetzt erstmal auf das konzentrieren was direkt vor dir liegt. Das Finale von Dancefloor, dein größter Traum. Und so hart es auch klingt, diesen Traum hattest du schon bevor Magnus wieder in dein Leben kam und deshalb wirst du dafür jetzt auch kämpfen, alles andere ist erstmal egal."

Ich dachte kurz nach, aber nickte schließlich. Meine gesamte Gruppe, Band und Tänzer, verließen sich auf mich und ich würde sie nicht im Stich lassen. Wir würden Dancefloor gewinnen. Alle gemeinsam.

Dancefloor - Malec AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt