Kapitel 6

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Alec

Frustriert knüllte ich ein weiteres Blatt zusammen und warf es in den Müll, ehe ich noch einen Schluck von meinem Kaffee nahm. Es war kurz nach 2 Uhr morgens und eigentlich wäre es schon höchste Zeit, endlich schlafen zu gehen, aber ich konnte nicht. In einer Woche musste ich alle Songs für mein Album fertig geschrieben haben. Izzy, die mittlerweile als meine Managerin arbeitete, hatte einen guten Produzenten gefunden, der sich bereit erklärt hatte, das Album mit mir fertig zu produzieren.

Normalerweise hätte ich auch keinen Stress gehabt, aber meine kleine Schwester hatte irgendetwas geplant, wofür die Songs bald fertig sein müssten. Naja, zumindest das Playback. Und was braucht man für ein Playback? Richtig, eine Melodie und im besten Fall noch einen Text dazu. Ideen hatte ich genug, nur ließ ich mich nicht stressen und setzte für gewöhnlich alles immer ganz in Ruhe um. Das hatte bisher auch immer klasse funktioniert, bis Izzy vor zwei Wochen anrief und mir mitteilte, dass die Songs so schnell wie möglich fertig geschrieben sein müssten.

Tja, nun saß ich hier und schrieb. Jedenfalls versuchte ich es. Seit ich dieses Album geplant hatte, kreisten meine Gedanken ständig nur noch um ein Thema: Magnus. Aber vielleicht sollte ich erst noch einige Dinge erklären. Nachdem mein bester Freund mich damals einfach verlassen hatte, ohne etwas zu sagen, war für mich erstmal eine Welt zusammengebrochen. Natürlich hatte ich alles versucht, ihn zu erreichen, aber keine Chance. Meine Nachrichten kamen nie an und auch sonst gab es keine Spur von ihm.

In der High School hatte ich dann Jace kennengelernt. Schnell wurden wir gute Freunde. Als seine Eltern damals bei einem Autounfall tragisch ums Leben kamen, fackelten meine Eltern nicht lange und nahmen ihn bei uns auf. So wurden Max, Izzy, Jace und ich zusammen groß.

Meinen Traum Sänger zu werden, hatte ich nach dem College dann in die Tat umgesetzt. Schon davor hatte ich Lieder geschrieben und bei den verschiedensten Produzenten eingereicht, bis sich schließlich einer von ihnen bereit erklärt hatte, mit mir gemeinsam meine erste Single zu produzieren. Diese wurde ein riesiger Erfolg und ein halbes Jahr später veröffentlichte ich mein erstes Album, womit ich dann auch auf Tour ging.

Zu diesem Zeitpunkt war ich nach New York gezogen und lernte dort meine Band kennen, die mich auf jedes Konzert begleiteten. Ich wurde schnell bekannt und mittlerweile folgten mir mehrere Millionen Menschen auf Instagram. Viele meiner Konzerte waren ausverkauft. Anfangs fand ich es schon etwas unheimlich, vor so vielen Menschen live zu singen, aber mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt und fühlte mich auf der Bühne wie Zuhause. Ich liebte meine Fans und war mehr als froh, sie zu haben.

Aber kommen wir wieder zurück zur Gegenwart. Ich plante dieses Album schon seit Beginn meiner Karriere, war allerdings bisher sehr unsicher gewesen, ob ich es wirklich umsetzen sollte, denn alle Songs darin waren irgendwie an Magnus gerichtet. Izzy hatte mich schließlich aber doch überzeugen können, weil man ja nicht wissen könnte, für wen die Songs tatsächlich bestimmt waren.

Das Album sollte planmäßig aus sechs Songs bestehen, wobei einer von ihnen bereits veröffentlicht und ein anderer fertig produziert, allerdings noch nicht veröffentlicht wurde. Nachdem der eine Song jedoch so ein Erfolg geworden war, wurde schnell die Entscheidung gefällt, ein ganzes Album daraus zu machen. Der ursprüngliche Plan war auch gewesen, alle Lieder in Ruhe zu beenden, aber dann hatte Izzy mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Seit ich damit begonnen hatte, ließ mich Magnus einfach nicht mehr los, was auch irgendwo klar war, wenn die Songs mehr oder weniger von ihm oder unserer Freundschaft handeln sollten. Im Laufe der Zeit wurde mir aber auch einiges klar, unter anderem meine Sexualität. Izzy und Jace hatten es als erstes erfahren und hatten mich unterstützt, als ich mich vor unseren Eltern als schwul geoutet hatte. Anders als vermutet, reagierten sie total gelassen und meinten sogar, sie hätten es schon geahnt, da ich nie Interesse an Mädchen zeigte.

Was ich allerdings keinem von ihnen verraten hatte, war, dass ich Magnus mehr vermisste als ich sollte. Da war irgendwie immer so ein Gefühl gewesen, wenn er bei mir war und ich war traurig, dass ich nie herausgefunden würde, was genau es war. Dennoch hatte es sich einfach richtig angefühlt, mich zu outen, auch deswegen.

Die Öffentlichkeit wusste bisher noch nichts davon, aber es gab Spekulationen. Man sah mich nie mit einem anderen Mädchen außer meiner Schwester und als die Presse herausfand, das Jace nicht mein leiblicher Bruder war, stürzten sie sich förmlich darauf. Allerdings wurde schnell klar, dass mein Adoptivbruder ausschließlich Interesse an Mädchen fand und somit war das Gerücht schnell wieder verflogen, dass wir möglicherweise ein Paar waren.

Dass ich auf Männer stand, wurde dennoch vermutet, auch wenn viele meiner weiblichen Fans auf das Gegenteil hofften. Ich hatte aber auch nicht vor, es öffentlich zu machen, bevor ich keinen Grund dazu hätte, wie zum Beispiel eine Beziehung. Bisher war ich noch niemandem begegnet, für den ich es getan hätte, bis auf diesen einen Menschen natürlich, auch wenn ich bis heute nicht wusste, was genau das eigentlich gewesen war.

Aber selbst wenn ich Magnus eines Tages wiedersehen sollte, würde er vielleicht gar nichts von mir wissen wollen, schließlich hatte er mich damals auch einfach verlassen. Er hatte mir kein Wort gesagt, vermutlich war es ihm einfach egal. Das Versprechen von damals war schnell mal dahin gesagt, wir waren Kinder. Trotzdem hoffte ich bis heute, dass er mich ebenso vermisste und dieses unsichtbare Band zwischen uns uns eines Tages wieder zusammenführen würde. Zwar war dies nach mehr als zehn Jahren sehr unwahrscheinlich, aber ein kleiner Teil in mir hoffte immer noch. Und wer weiß, möglicherweise ging dieser Traum ja auch irgendwann in Erfüllung?

Dancefloor - Malec AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt