Kapitel 3

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P.o.V. Rezo

Die nächste Woche hatte schwach angefangen und stark nachgelassen. Bereits am Montag rauschte ein verstimmter Ju in mein Büro und setzte sich mitten auf meinen Schreibtisch: „Kannst du mir mal erzählen, was am Samstag noch passiert ist, nachdem wir gegangen sind?"

„Was meinst du damit," fragte ich unschuldig und nahm einen großen Schluck Kaffee.

„Angeblich hast du dich mit dem kleinen Blauäugigen ziemlich heftig gestritten. Kannst du mir mal erklären, was du jetzt schon wieder verbockt hast," stellte mein bester Freund klar und starrte mich erwartungsvoll an.

„Er heißt Mexi und warum denkst du überhaupt, dass ich was verbockt hast? Er hat mich zuerst angeschnauzt und sogar beleidigt, wie hättest du denn reagiert?"

„Der Kleine hat dich beleidigt?" ungläubig sah er mich an, „wieso sollte er das denn tun, wenn du nicht vorher Mist gebaut hast?"

„Ich weiß es doch auch nicht, schon auf dem Weg zu KFC war er mega still und als er alleine raus ist, bin ich hinterher, um zu fragen, ob ich was falsch gemacht hab. Da hat er mich gefragt, ob ich immer so ein Idiot bin und Frauen oder andere Partner wie scheiße behandele. Also hab ich erstmal klargestellt, dass ich nur Frauen date und den Frauen ja auch keine Hoffnungen oder ähnliches mache."

„Du weißt, dass deine Art mit weiblichen Mitmenschen zu verkehren bei manchen Leuten nicht gut ankommt und dann am ersten Abend direkt Zwei vor seinen Augen abzuschießen, kam bestimmt nur so semi gut an."

„Schön und gut, aber das ist noch kein Grund mich zu beleidigen, danach hat er mich nämlich als homophob bezeichnet, nur weil ich gesagt habe, dass ich nur an Frauen interessiert bin. Also hab ich schnell richtiggestellt, dass ich garantiert nicht homophob bin und ihm dann gesagt, dass ich Menschen wie ihn nicht brauche. Danach bin ich direkt nach Hause."

„Natürlich nicht, aber manchmal haben Leute eben andere Meinung zu manchen Themen, als du und damit musst du leben."

„Das ist mir schon bewusst Ju, ich bin nicht 12, aber das ist kacke, wir haben uns mega verstanden und dann sowas."

„Halt dich in Zukunft in seiner Gegenwart ein bisschen zurück und vielleicht kommt ihr dann besser klar."

„Vorher kann er sich aber bei mir entschuldigen, wegen der Beleidigung und weil er mich homophob genannt hat. Ich kann zwar mit Männern nichts anfangen, das heißt aber nicht, dass ich was gegen Homosexuelle hab."

„Dann solltest du deinen schwarzen Humor bei ihm vielleicht auch etwas zügeln."

„Wenn du meinst."

In den Jahren, in denen ich bereits in Aachen wohnte, war mir Mexi noch nie begegnet, aber seitdem wir uns kannten, hatte es sich das Universum scheinbar zur Aufgabe gemacht uns zu nerven. Es verging kaum ein Tag an dem er mir nicht über den Weg lief. Sogar beim wöchentlichen Einkauf konnte ich ihn an der Kasse entdecken und so langsam wurde es gruselig. Eigentlich versuchte ich mich bestmöglich vor ihm zu verstecken, um kein Gespräch führen zu müssen, aber das kam mir irgendwann auch albern vor. Mexi hingegen bedachte mich immer mit einem genervten Augenrollen, wenn er mich sah und das amüsierte mich so sehr, dass ich es nach einer gewissen Zeit darauf anlegte. 

In der folgenden Woche begann ich ihn anzugrinsen, wenn er in meine Richtung sah und wenn er mit den Augen rollte, grinste ich nur noch mehr. Mir bereiteten diese Momente so viel Vergnügen, dass ich anfing mich richtig darauf freuen und zwischendurch noch Kleinigkeiten an unserem kleinen Austausch zu verändern. Beispielsweise zwinkerte ich ihm zu oder baute einfache Gebärden in meine Bewegungen ein, die ihn augenscheinlich zur Verzweiflung brachten, denn er betrachtete sie ganz genau, nur um danach sein Handy zu zücken. Es machte mir einen Riesenspaß ihn zu ärgern und mit ihm zu spielen, seine Wangen wurden immer ganz rot, wenn er mich sah und seine Augen blitzten.

Am Sonntag verbrachten T und ich einen entspannten Nachmittag im Stadtpark, als ich ihn entdeckte. Mexi lag im Schatten eines großen Baumes auf einer Decke und war scheinbar sehr vertieft in ein Buch. T bemerkte ich ebenfalls und machte mich darauf aufmerksam: „Hey, ist das nicht der Kleine, mit dem du dich vor paar Wochen gestritten hast?" „Allerdings und ich hoffe er schaut gleich mal hierher," meinte ich und beobachtete ihn weiter, „warum sagt ihr überhaupt alle ‚Kleiner' zu ihm, er ist größer als ich." „Frag mich nicht, Ju hat damit angefangen, weil Jasmin ihn immer Küken nennt," erklärte T und betrachtete mich von der Seite. Da schaute Mexi von seinem Buch auf und lies den Blick über die Wiese streifen, bis er bei uns hängenblieb. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, während ich ihn breit anstrahlte und mit den Händen die Worte „Hübscher Arsch" formte. Daraufhin sprang er auf, schnappte sich sein Zeug und kam mit großen Schritten zu uns rüber.

„Kannst du mir sagen, was die Scheiße hier soll?"

„Ich weiß nicht, was du meinst."

„Deine Kommentare jedes Mal und jetzt dieser Spruch, Hübscher Arsch' ernsthaft? Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe?"

„Dein Arsch ist wirklich sehr hübsch und außerdem ärgere ich dich gerne, dann wirst du immer so rot, das sieht süß aus."

Mexi wollte gerade etwas erwidern, klappte jedoch seinen Mund wieder zu und starrte mich an, während seine Wangen die Farbe eines Pfirsichs annahmen.

„Siehst du, du siehst niedlich aus, wenn du wütend bist, das seh ich mir einfach gern an oder T?"

„Ich enthalte mich."

Scheinbar hatte Mexi endlich seine Sprach wiedergefunden und beteiligte sich nun wieder am Gespräch: „Du bist unmöglich, wie kann man so ätzend sein wie du?"

„Jahrelange Übung," brachte sich T nun doch ins Gespräch ein.

„Wenn man mich erstmal kennt, bin ich gar nicht so furchtbar," verteidigte ich mich, „aber da du mich ja nicht in deinem Leben brauchst, lernst du leider nur die schlechte Seite kennen."

„Ich will überhaupt keine Seite von dir kennenlernen."

„Das ist schade, zu meinen Freunden bin ich überaus reizend und zu meinen Freundinnen noch reizender."

„Ja ich bin mir sicher du reizt deine Freundinnen bisaufs Blut."

„Gib mir eine Chance und finde es heraus Süßer."

Blue •rezofyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt