Kapitel 25

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P.o.V. Rezo

*Eine Woche zuvor*

Es war zum verrückt werden. Warum brachte es mich so durcheinander, dass es da jemanden gab, der mir böse war. In den letzten Jahren war das oft mit Mädels vorgekommen, die von einem lockeren Engagement wenig begeistert gewesen waren. Aber das hier war anders. Mexi war mir wichtig, obwohl wir uns noch nicht so lange kannten, war er mir sehr ans Herz gewachsen. Als Freund natürlich. Nervös ging ich im Flur auf und ab, unsicher was ich tun sollte. Am liebsten würde ich in meine Schuhe schlüpfen und zu ihm rübergehen, aber ich musste ihm Zeit geben und sehen wollte er mich sicherlich so oder so nicht. Also trottete ich den Gang entlang zurück und beschloss erstmal etwas zu kochen.

Während ich vor dem geöffneten Kühlschrank stand und auf nicht so recht Lust hatte, hielt ich kurz inne und lauschte in die Leere der Wohnung. Früher hatte es mich entspannt, dass ich alleine war und machen konnte, was ich wollte. Heute deprimierte es mich irgendwie. Ganz unten im Kühlschrank lagen noch ein paar Tomaten und ich entschied mich ein paar Tomatenbrote zu essen. Da brummte mein Handy in der Tasche und ich zog es so schnell heraus, dass es mir beinah aus der Hand fiel. Es waren keine Nachrichten oder ein Anruf, sondern die Benachrichtigung, dass Mexi Stories auf Snapchat hochgeladen hatte. Verwirrt öffnete ich sie und wurde von lauter Musik und guter Laune begrüßt. Scheinbar brauchte er meine Gesellschaft nicht, um eine gute Zeit zu verbringen, was ich von meinem heutigen Tag nicht gerade behaupten konnte. 

*Mittwoch*

„Hast du dir schon Gedanken über das gemacht, worüber wir gesprochen haben?" Ju lehnt sich in seinem Stuhl zurück und legte die Arme hinter den Kopf.

„Wozu genau?"

„Deine Gefühle gegenüber Mexi?"

„Ich habe keine. Also nicht solche. Also ich meine, ja er ist mir schon wichtig, so als Freund, aber nicht so."

Mein bester Freund zog eine Augenbraue nach oben und sah schon wieder aus wie mein Vater: „Du weißt, dass sich das total bescheuert anhört? Wie ist denn dein Sonntag so gelaufen?"

„Ich war zuhause und hab entspannt."

Er zog die Augenbrauen noch weiter nach oben und nahm in Zeitlupe einen Schluck von seinem Kaffee.

„Okay ja, mein Tag lief nicht so super, aber das ist ja klar, ich hab halt Mist gebaut. Mir tut das ja auch furchtbar leid, aber eigentlich hab ich keinen Fehler gemacht. Ich bin ihm nichts schuldig, ich kann rummachen mit wem ich will und selbst wenn ich sie da gevögelt hätte, wäre das meine Sache gewesen."

„Nach dem, was du mit ihm gemacht hast, hat er allen Grund auf dich sauer zu sein."

„Ja man ich weiß das, am liebsten wäre ich am Sonntag auch zu ihm gefahren, aber ich wollte ihm Zeit geben. Mich macht das verrückt, dass er sauer ist, aber ich kann nichts daran ändern."

„Du könntest schon, aber du musst es wollen."

„Wie meinst du das? Ich will, dass er nicht mehr sauer auf mich ist."

„Dann denk dir was aus, um ihm zu zeigen, dass es dir leidtut. Er muss sehen, dass er dir vertrauen kann und dass du es ernst meinst, sonst wird das nichts."

„Wie mach ich sowas?"

„Das musst du schon selbst wissen, da kann ich dir nicht helfen."

„Schön, dann denk ich mir was aus."

Zwar fielen mir nur Dinge ein, die man tun konnte, damit Frauen nicht mehr sauer auf jemanden waren, aber irgendetwas davon würde sich schon übertragen lassen.

*Freitagabend*

Im Supermarkt war ich ziemlich überfordert gewesen und hatte kurzerhand alles Mögliche an Schokolade und Süßkram in den Korb geworfen. Bis jetzt war mir kaum etwas eingefallen, dass Mexi zeigen konnte, dass es mir leidtat, aber mit Süßigkeiten konnte man eigentlich nie etwas falsch machen. Denn alles, was mir sonst eingefallen war, was ich machen könnte, würde meine Situation nicht verbessern.

Also schlich ich mich ein paar Minuten später in das Treppenhaus von seinem Haus, um das Essen auf der Fußmatte zu platzieren. Zuerst wollte ich sofort wieder verschwinden, entschied mich dann jedoch, aufgrund der Temperaturen, vorsichtig an die Tür zu klopfen und die Treppe ein Stockwerk runterzugehen. Gerade als ich die letzte Stufe betreten hatte, öffnete sich eine Tür und ich hoffte, dass es Mexi war, der im Flur stand. Sein Geflüster, dass ich als Danke verstand, zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. 

*Samstag*

Den ganzen Morgen hatte ich versucht einen Brief zu verfassen. Dabei waren schon dutzende Papierknäule Richtung Mülleimer geflogen, aber irgendwie fand ich die richtigen Worte nicht. Auch bei dieser Version gefielen mir bereits die ersten Worte nicht. Mit einem dicken schwarzen Stift strich ich sie durch und begann den Satz erneut. Immer wieder strich ich etwas oder formulierte es um, aber am Ende war fast alles drin gewesen, dass ich sagen wollte. Der letzte Satz kam mir irgendwie zu kitschig vor und ich strich ihn ebenfalls noch durch, bevor ich das Papier faltete und mich erneut auf den Weg zu Mexi machte.

 Auf den Brief hatte er nicht reagiert, also war ich nach meinem Besuch am Kiosk erneut vorbeigegangen und hatte einen zweiten Zettel an die Tür geklebt. Seitdem saß ich, gespannt wie ein Flitzebogen, auf dem Sofa und achtete nicht auf das Programm, das im Fernsehen lief. Bis zum Abend hatte ich fast die Hoffnung aufgegeben und meine Laune war mies. Alles regte mich auf und ich fühlte mich zurückversetzt in meine Teenagerzeit. In der Dusche bekam ich meinen Kopf mal ein paar Minuten frei und stellte die Temperatur dann auf eiskalt runter, um mich richtig zu erfrischen. Mit einem Handtuch bekleidet stand ich vor dem Spiegel und fuhr mir durch die nassen Haare, als mein Handy auf der Ablage vibrierte. Auf dem kurzen Weg zur Ablage flog ich beinah der Länge nach hin und fing mich geradeso am Schrank ab.

Mexi hatte ein simples „Nein" geantwortet. Das verletzte mich ein bisschen. Ohne wirklichen Plan, verließ ich den Chat und drückte auf den grünen Hörer unter Mexis Namen. Es tutete nur zwei Mal und ich hörte seine unsichere Stimme in der Leitung: „Ja hallo?" Mein Herz machte einen kleinen Sprung, ich hatte seine Stimme schon viel zu lang nicht mehr gehört, ich vermisste ihn wirklich.

„Kann ich vorbeikommen? Ich brauche dich."


Blue •rezofyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt