Kapitel 33

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P.o.V. Rezo

Obwohl ich mir geschworen hatte, mir Zeit für mich zu nehmen und mir bewusst zu werden, was ich wollte, sah ich Mexi schneller wieder, als ich dachte. In meiner Nachricht von Sonntag hatte ich nur geschrieben, dass ich über alles nachdenken müsse und er mir Zeit geben solle. Jedoch kam ich kaum dazu, denn am Montag stand er wütend vor meiner Haustür. Noch ehe ich die Tür richtig geöffnet hatte, war er drin und stapfte ins Wohnzimmer. „Ja hei, auch schön dich zu sehen. Fühl dich doch wie zuhause."

Er blickte schlechtgelaunt im Raum umher, ging zu meiner Alkoholbar und nahm sich eine der Flaschen heraus. Damit bewaffnet ging er in die Küche, nahm sich ein Glas und goss sich eine großzügige Menge ein. Davon trank er einen großen Schluck und ließ sich dann in den Sessel fallen. Entgegen meiner Erwartung richtete sich seine Wut jedoch nicht gegen mich, sondern gegen seine Chefin: „Diese Frau ist unglaublich. Erst schickt sie mich freiwillig für zwei Wochen in den Urlaub, damit ich mich entspannen kann und als ich wiederkomme klatscht sie mir die Kündigung hin. Ich würde mich ja nicht genug einbringen meinte sie. In den zwei Wochen hat die Alte eiskalt schon meine Nachfolgerin eingearbeitet. Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte."

Okay das hier war eine neue Aufgabe. Wie beruhigt man einen aufgebrachten jungen Mann, der einem nicht ins Gesicht schlagen wollte? Bis jetzt hatte ich nur mit Letzteren Bekanntschaft gemacht und war hiermit ziemlich überfordert. Also tat ich das naheliegendste, griff mir ebenfalls ein Glas, schenkte ein und stieß mit ihm an. Das zauberte ihm ein kleines Lächeln auf die Lippen und ich streckte aus purem Reflex den Arm aus, um ihm den Kopf zu kraulen. Er lehnte sich gegen meine Hand und schloss für einen kurzen Moment die Augen. „Nochmal langsam und von Anfang an, was genau ist passiert?"

„Als ich heute Morgen ins Büro kam, saß an dem leeren Schreibtisch neben mir eine junge Dame, vielleicht Anfang 20, auf jeden Fall jünger als ich. Die Chefin hat mich kurze Zeit später in ihr Büro zitiert und mir eigentlich sofort gesagt, dass ich mir was Neues suchen soll, weil sie das Gefühl hat ich würde nicht mehr so gut in die Firma passen und mich nicht einbringen. Den Namen von der anderen hab ich schon wieder vergessen, aber die hat mich auch den ganzen Tag genervt und allen möglichen Scheiß gefragt, ich bin so sauer."

„Also musst du da jetzt noch deine Restzeit absitzen, bis die Frist um ist, oder wie? Das ist ja scheiße. Wie lange arbeitest du da jetzt?"

„Seit etwas mehr als fünf Jahren, also hocke da noch zwei Monate rum." Er seufzte schwer und nahm einen weiteren Schluck aus dem Glas: „Davon abgesehen; dass ich mir jetzt schnell was Neues suchen muss."

Das brachte mich auf eine Idee: „Warte einen Moment, ich muss kurz telefonieren." Damit stand ich auf und griff mein Handy vom Tisch. Ju nahm fast sofort ab und ich machte ein paar Schritte aus dem Raum heraus, um die Überraschung nicht zu verderben. Er war von meinem Plan begeistert und sicherte mir zu sich sofort um alles weitere zu kümmern. Mein nächster Anruf ging an unsere Firmenanwältin Zara: „Guten Tag Rezo, wie kann ich heute helfen?"

„Hallo Zara, ich habe ein paar Fragen zu Kündigungsfristen und außerordentlichen Einigungen."

„Okay dann schieß mal los."

Folgend schilderte ich ihr den Fall mit allen Infos, die Mexi mir auf die Schnelle gegeben hatte und sie lies mich aussprechen, bevor sie ihre Einschätzung abgab: „Also so wie ich das sehe, sollten wir die Möglichkeit haben ihn innerhalb von einer Woche da rauszubekommen, wenn man sich auf einen Aufhebungsvertrag einigen könnte."

„Wie funktioniert so etwas?"

„Bring mir mal den jungen Mann mit seinem Arbeitsvertrag in die Kanzlei, wir sprechen das durch und wenn alles so klappt, wie ich mir das vorstelle, werden wir morgen bei seiner Chefin vorstellig."

„Du bist ein Schatz Zara, wir sind in einer halben Stunde da."

„Vergiss nicht Muffins mitzubringen." meinte sie noch und beendete dann das Telefonat.

Gut gelaunt betrat ich wieder das Wohnzimmer wo Mexi immer noch saß und miesgelaunt durch die Gegend starrte. „Hei Grumpy Cat, schnapp dein Zeug wir fahren zum Anwalt."

„W-was? Wieso das denn?"

„Weil sie eine Idee hat, wie wir dich frühzeitig aus dieser Firma bekommen."

„Ja und wo soll ich dann arbeiten?"

„Bei uns."

Darauf sagte er gar nichts mehr und starrte mich ungläubig an.

„Schau nicht so verdattert aus der Wäsche, wir denken schon länger darüber nach unsere Kreativabteilung zu vergrößern und das ist die perfekte Lösung."

„Ja aber musst du das nicht erst absprechen und so?"

„Alles schon geschehen und jetzt komm, wir müssen Zara noch Muffins mitbringen."

In der Kanzlei angekommen, empfing uns Zaras Sekretärin Marina mit einem fröhlichen Grinsen und führte uns direkt in das große moderne Büro, auf das ich ziemlich neidisch war. „Herzlich Willkommen ich bin Zara und wir kümmern uns jetzt um den Fall, den mir Rezo vorhin bereits geschildert hat," wandte sie sich direkt an Mexi und nahm den Vertrag entgegen, den wir noch schnell aus seiner Wohnung geholt hatten.

Sie setzte sich und besah sich aufmerksam jede Seite, bevor sie die Blätter ordentlich glättete und sich wieder uns widmete. „So wie ich das sehe, sollten wir keine Probleme mit dem Vorhaben bekommen, dass wir am Telefon bereits besprochen hatten. Morgen früh treffen wir uns bei ihrer Firma und werden ein Gespräch mit der Chefin erbitten. Dort werde ich ihr das Angebot eines Aufhebungsvertrages unterbreiten, der in ihrer beider Interesse sein sollte."

„Was ist ein Aufhebungsvertrag?" wollte Mexi wissen, er wirkte weiterhin unsicher.

„Ein Aufhebungsvertrag ist eine freiwillige Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Damit sollten wir sie bis nächste Woche dort freigestellt haben, sodass sie pünktlich zum ersten des nächsten Monats bei ihrer neuen Firma anfangen können."

„Das klingt super."

„Wenn du möchtest, kann ich auch mitkommen," bot ich an und blickte zu ihm.

„Es wäre toll, wenn du das tun könntest."

„Wunderbar, schreiben sie mir bitte noch Uhrzeit und Adresse auf diesen Zettel," sie hielt Mexi ein Blatt Papier und einen schicken Kugelschreiber hin, „und dann sehen wir uns morgen früh."

Im Hausflur hielt mich Mexi plötzlich fest, sodass ich mich zu ihm umdrehte. Er griff nach meinen Wangen und gab mir einen Kuss. Das traf mich unerwartet und ich lächelte: „Womit habe ich das denn verdient?"

„Das weißt du ganz genau," flüsterte er und zog mich erneut zu sich, eher er mich freigab und dann hinter sich in Richtung des Ausgangs zog. 

Blue •rezofyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt