Kapitel 36

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P.o.V. Rezo

Endlich war es so weit und Mexi würde zum ersten Mal seinen neuen Arbeitsplatz sehen. Aufgeregt wie ein kleines Kind schloss ich das Büro auf und führte ihn mit geschlossenen Augen bis zur Mitte des Raumes, bevor ich ihm sagte, er könne die Augen wieder aufmachen. Er hatte gerade mal fünf Sekunden gebraucht, um zu realisieren was da vor ihm stand, dann lag er in meinen Armen. Lachend drückte ich ihn ein Stück weg und zeigte ihm dann die ganzen Kleinigkeiten, die Jasmin und ich bei Ikea noch zusätzlich in den Wagen geworfen hatten. Darunter ein Kaktus, der sich bewegte, wenn Licht darauf schien und diverse Bilderrahmen, ohne Bilder. „Gefällt es dir?"

„Es ist perfekt," sagte er atemlos und musterte das von uns gekaufte Equipment mit großen Augen.

„Sehr schön, dann lasse ich dich mal hier bei Tizian. Wenn du so weit bist, kommt Thomas rüber und stellt dir deine ganzen Konten ein. Solltest du mich brauchen, weißt du ja, wo mein Büro ist." Ich gab ihm ein leichtes Küsschen auf die Wange, dann verließ ich den Raum, um selbst ein bisschen Arbeit zu erledigen.

Gerade als ein Call beendet war und ich das Headset vom Kopf gezogen hatte, hörte ich wie sich die Tür zum Office öffnete und ein lauter Streit entbrannte. Sofort sprang ich auf, um der Ursache des Lärms auf die Spur zu gehen, da hörte ich ihre Stimme. Rasch hatte ich meinen Schreibtisch umrundet, die Tür aufgerissen und war den Gang entlang gerannt. Dort stand Julia, die heftig mit Tizian und Thomas diskutierte, während Mexi mit großen Augen von seinem Stuhl aus zusah.

„Was zur Hölle machst du hier?!" meine Stimme polterte laut durch den Raum und ließ alle anderen sofort verstummen. Nur Julia wandte sich nun mit einem zuckersüßen Lächeln zu mir: „Mein Lieber ich wollte dich mal besuchen, dachtest du wirklich, du kannst vor mir verheimlichen, dass du jetzt Männer vögelst?"

Hinter mir war Ju erschienen, der sich dicht zu mir stellte und mit finsterer Miene zu meiner Ex-Freundin blickte. „Zuerst mal, woher hast du diese Adresse? Zweitens, ich vögele keine Männer und ich weiß nicht wer dir den Quatsch erzählt hat. Drittens mach das du hier rauskommst oder ich ruf die Polizei."

„Komm mal runter, ich hab eben ein bisschen rumgefragt. Außerdem hab ich da was anderes von meiner Schwester erzählt bekommen."

Verdammt, mit Jana würde ich noch ein ernstes Wörtchen reden müssen. „Ach ja was hat sie dir denn Schönes erzählt? Wahrscheinlich war es sowieso gelogen, so wie alles was aus deinem Mund kommt."

„Autsch, warum so gemein heute? Sie hat mir nur erzählt, dass du und das Zuckerstück dort hinten am Samstag ziemlich heftig auf dem Balkon vom NOX rumgemacht habt. Den Rest konnte ich mir selbst zusammenreimen, wie viele Mädels hast du da schon flachgelegt? Zwanzig? Dreißig?"

„Halt dich mit deinen frechen Behauptungen zurück Julia," fuhr Ju jetzt dazwischen und stellte sich demonstrativ neben mich.

„Ach Ju, ich hab dich da hinten ja gar nicht gesehen. Wie geht's?"

„Besser, wenn du dich verpisst hast."

„Hach welche Laus ist euch nur heute Morgen über die Leber gelaufen, ich wollte nur ein bisschen mit dir Plaudern Rezo."

„Komisch, ich habe aber so gar keine Lust auch nur ein Wort mit dir zu wechseln."

„Leider musst du mir trotzdem zuhören, denn ich gehe nicht, bevor ich das losgeworden bin, was ich sagen will."

„Dann sprich schneller, damit wir dich bald los sind."

„Schön, von mir aus. Ich wollte dich nur beglückwünschen, dass du endlich rausgefunden hast, dass du auf Männer stehst, das war sicher nicht einfach. Außerdem freut es mich, dass du jemand gefunden hast, der dich aushält, auch wenn er ein ziemliches Downgrade im Gegensatz zu mir ist. Hoffentlich ist er zumindest im Bett besser als ich."

„Was willst du wirklich hier? Es ist ja wohl kein Zufall, dass du gerade an Mexis erstem Tag hier auftauchst und eine Riesenshow abziehst."

„Natürlich nicht, wie bereits gesagt, ich habe meine Quellen. Eigentlich wollte ich auch mit Mexi dahinten reden und ihn nochmal vor dir warnen. Komm doch mal her, du brauchst dich nicht zu verkriechen, so hässlich bist du ja gar nicht."

„Wag es ja nicht noch ein Wort an ihn zu richten, hast du mich verstanden?!"

„Ach ich wollte ihm nur gratulieren, er müsste doch mindestens Nummer 200 auf deiner Liste sein, oder? Das ist eine Leistung."

„Wer auch immer dir erzählt hat, was zwischen uns läuft, lügt. Ich weiß nicht was deine Schwester für einen Scheiß im Kopf hat, aber ich würde sie mal zum Psychiater schicken, wenn sie so abwegige Halluzinationen hat."

Mir war bewusst wie verletzend das für Mexi klingen musste, allerdings hatte ich keine andere Wahl. Wenn Julia erfuhr, dass Mexi mir etwas bedeutete, würde sie Jagd auf ihn machen und das wollte ich um jeden Preis verhindern.

„Glaub mir die Nachricht auf ihrem Handy spricht schon Bände mein Lieber. Schade, dass ich so gut war, dass du die Orientierung wechseln musstest, weil keine Andere an mich herangereicht hat."

„Viele waren besser als du um ehrlich zu sein. Wesentlich besser sogar. Hast du jetzt endlich deinen Nonsens abgelassen? Eigentlich hab ich so viel Besseres zu tun, als diese Diskussion abzuhalten. Könntest du diese Hexenjagd auf eventuelle Partner von mir bitte endlich einstellen, du machst dich dabei ziemlich lächerlich. Außerdem rate ich dann in Zukunft jedem zu einer Anzeige, mal sehen, wie lang du deinen tollen Job dann noch behältst."

„Sollte das etwa eine Drohung sein?" ihre Augen wurden zu kleinen Schlitzen und die Gelassenheit war aus ihrer Stimme verschwunden.

„Allerdings und wenn du mich nicht langsam in Ruhe lässt, werde ich ebenfalls eine Anzeige gegen dich erstatten, wegen Belästigung und Stalking. Hoffentlich war das jetzt deutlich genug. Verpiss dich!"

„Du wirst schon sehen, was du davon hast. Ich bekomme immer alles, was ich will," damit machte sie auf dem Absatz kehrt und ging zur Tür, drehte sich dann aber nochmal um und starrte mich wütend an, „sieh dich vor."

Mit dem Zuklinken der Tür ging ein lautes Aufatmen durch den Raum. „Es tut mir ehrlich leid, dass ihr das mit anhören musstet," richtete ich mich an alle. Sie wanken jedoch ab und Thomas meinte nur: „Die Verrückte musste dringend mal in die Schranken gewiesen werden."

Der Einzige, der nichts sagte und sich nicht rührte war Mexi. Er saß weiter auf seinem Stuhl und blickte zu der Stelle, wo vor ein paar Sekunden noch Julia gestanden hatte. Die Verunsicherung war ihm ins Gesicht geschrieben. Schnell zwängte ich mich zu ihm durch und griff fest nach seiner Hand, nicht um Zuspruch zu symbolisieren, sondern um ihn von seinem Platz hochzuziehen und hinter mir her zu führen. Meine Gedanken gingen gerade nur Mexi und mich etwas an.

Blue •rezofyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt