Idea No. 1

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Ich holte tief Luft und ging im Kopf noch einmal durch, was zutun war, wenn die Person vor mir in der Schlange fertig war: Freundlich Lächeln, mein Tagesticket zeigen, den bulligen Secruity-Mann kurz in meine Tasche schauen lassen und reingehen

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Ich holte tief Luft und ging im Kopf noch einmal durch, was zutun war, wenn die Person vor mir in der Schlange fertig war: Freundlich Lächeln, mein Tagesticket zeigen, den bulligen Secruity-Mann kurz in meine Tasche schauen lassen und reingehen. Ganz einfach. Es gab gar nicht viel nachzudenken. Die Security würde schon keine Bombe entdecken, die ganz plötzlich in meiner halb durchsichtigen Totebag aufgetaucht war. Und ich würde nicht erklären müssen, wo besagte Sprengladung herkam. Der Ticket-Kontrolleur würde mir nicht sagen, dass mein Ticket gar nicht für heute galt, sondern für den nächsten - oder noch schlimmer, den vorherigen - Tag und mich ebenfalls freundlich anlächeln und mir einen schönen Tag wünschen. Ich würde nicht aus heiterem Himmel über den Teppichboden am Halleneingang stolpern und mir an einer aus unerfindlichen Gründen nicht mit Teppich ausgelegter Fläche den Schädel so hart anstoßen, dass Gehirnmasse raussplatterte und meine Existenz einfach mit dem scharfen Reinigungsmittel, das sicherlicht dafür benutzt werden musste, weggewischt wurde. Nachdem die ganze Schlange hinter mir Fotos von meinem zugerichteten Körper geschossen und auf sämtlichen dupiosen Internetseiten für Serienkiller oder Horrorfans hochgeladen hätte.
Der Ticket-Kontrolleur würde sicherlich genauso genervt auf die Sauerrei meines leblosen Körpers herabblicken, wie er das einwandfreie Gesicht meines noch lebenden Körpers gerade betrachtete.
"Miss?", riss dieser mich aus meinen Gedanken und wedelte mit der ausgestreckten Hand. "Ihr Ticket bitte."

Ich machte einen peinlich berührten, erschrockenen Laut. Es klang beinahe wie das Fiepen eines Chihuahuas. Souverän, Binna, Souverän.
Mit klammen Fingern reichte ich dem Mann mit dem schütteren Haar das Ticket, das in meinen feuchten Händen so aussah, als wäre es durch tausend Hände gereicht worden.
"Alles klar, ich wünsche Ihnen viel Spaß."
Mein Lächeln wackelte und war wohl nicht halb so selbstbewusst und freundlich, wie es in meiner Vorstellung zuvor gewesen war. Der Mann sah mich noch für einen Augenblick an, als wäre ich wirklich ein überzüchteter, fiepender Taschenhund und wandte sich dann an die nächsten in der Schlange.
Zumindest bei der Security gab es keine weiteren Peinlichkeiten, denn der mindestens Zwei-Meter-Fünfzig große Security-Mann hatte ein mitfühlendes Lächeln für mich parat und deutete mit seinen riesigen Pranken an, dass ich meine Stofftasche wieder schließen konnte.
"Viel Spaß auf der Messe", wünschte er mir.
"Danke, wünsche ich Ihnen auch", entgegnete ich und drehte mich schnell weg. Natürlich würde er nicht viel Spaß auf der Messe haben, weil er den ganzen Tag am Eingang stehen und Taschen kontrollieren würdete. Jemand sollte mich steinigen. Vielleicht hätte ich doch auf dem rutschfesten Teppich ausrutschen sollen.

Mit ein paar Schritten weiter in die Halle hinein und weg vom mehrtürigen Eingang, wurde mir erst bewusst, wie groß diese Messe war. Natürlich hatte ich von vornerein gewusst, worauf ich mich hier einließ. Eine der größten Buchmessen in Seoul, mit zwölf Ausstellungsräumen, verteilt auf vier Etagen, nationalen und internationalen Verlagen, die sich aneinanderreihten, unzähligen Autoren, die Workshops und Lesungen hielten und einer Menge zu entdecken.
Für jemanden, der alleine hier war - und laut dem 16-Persönlichkeiten-Test zu siebenundneunzig Prozent introvertiert war - nicht nur ein Abenteuer, sondern auch eine Ansammlung von Ängsten, Reizüberflutungen und Nervosität bis hin zu schierer Panik. Aber nur, wenn ich mich zu sehr hineinsteigerte.
Zum zweiten Mal, seitdem ich die Messe erreicht hatte, stand ich da wie festgefroren. Dabei hatte ich einen festen Plan, wo ich wann hinging. Den Plan hatte ich mir die ganze Woche mühselig zurechtgelegt - zumindest hatte ich mir immer eingeredet, dass ich mich gleich nach der Arbeit ransetzten würde, hatte es aber erst gestern getan, kurz bevor ich schlafen gegangen war. Trotzdem hatte ich eine feste Route und die sagte mir, dass ich mich eine Stunde in den ersten beiden Ausstellungsräumen umsehen würde, bis der erste Vortrag in Halle zwei stattfand.

The Self-Love Story || kim namjoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt