Idea No. 13

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Fest umklammerte ich die Träger meiner Totebag und sah vom Bordstein aus auf das beige-weiße Haus, dass darauf wartete, dass ich den grünen Vorgarten auf dem ebenfalls beigen Steinweg auf dessen linker Seite passierte

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Fest umklammerte ich die Träger meiner Totebag und sah vom Bordstein aus auf das beige-weiße Haus, dass darauf wartete, dass ich den grünen Vorgarten auf dem ebenfalls beigen Steinweg auf dessen linker Seite passierte. Die letzten drei Wochen waren seltsam gewesen. Irgendwie leerer als die Tage, die ich davor mit Namjoon verbracht hatte.
An dem Tag, nachdem Namjoon mich nach einem Abendessen gefragt hatte, hatte ich ihn angerufen und ihm gesagt, dass ich nicht mit ihm auf ein Date gehen konnte. Er war lange still gewesen, vermutlich überrumpelt davon, dass das die ersten Worte waren, die ihm entgegengeworfen worden waren. Aber dann hatte er sich gefangen und mir gesagt, dass er es verstand. Dass es okay war. Dass ich mich nicht rechtfertigen musste, so wie ich es vorgehabt hatte. Aber ich hatte den enttäuschten Unterton in seiner Stimme gehört. Wie er versucht hatte, dieses Gefühl niederzuringen und daran scheiterte. Ich hatte seine Gefühlslage sogar trotz der leichten Veränderung seiner Stimme durch die Mobilverbindung gehört. Doch trotz seiner Enttäuschung, versicherte er mir felsenfest, dass ich mir keine Sorgen machen musste, dass er es mir übel nahm oder dergleichen. Er endete das Telefonat nur damit, dass er noch einmal wegen unserer Zusammenarbeit auf mich zukommen würde und das war es dann gewesen. Für die letzten drei Wochen hatte ich nichts von ihm gehört und mich selbst nicht getraut ihn zu kontaktieren. Ich hatte die Befürchtung, dass er mir die Sache mit der Abfuhr doch nachtrug. Aber noch mehr hatte ich die Angst, dass meine eigenen Gefühle mich betrugen.

Gestern hatte Namjoon mir eine kurze Mail geschrieben, dass er mit mir den Vertrag für den Assistenzjob durchgehen und den Ablauf des Kurses besprechen wollte. Dafür hatte er mir angeboten, den Ort zu wählen, an dem wir uns trafen. Ich hatte daraufhin gefragt, ob ich nicht zu ihm kommen konnte, immerhin war er das letzte Mal extra für mich zurückgefahren. Meine E-Mail war gerade zwei Minuten versendet gewesen, da hatte mein Handy geklingelt und Namjoons Name, den ich nach meiner peinlichen Schlaftrunkenheit umgeändert hatte, tauchte auf dem Bildschirm auf. Entgegen meiner unnötigen Angst vor plötzlichen Anrufen, war ich sofort rangegangen und hatte ein atemloses "Hallo" ausgestoßen.
"Hi, Binna. Du musst nicht den weiten Weg fahren, nur weil du denkst, du schuldest mir etwas."
Seine Stimme war so ruhig gewesen und es war keine Spur Enttäuschung mehr daraus zu hören gewesen, wie bei unserem letzten Telefonat. Ich hatte einige Zeit gebraucht zu antworten, weil seine Stimme etwas in mir auslöste, das ich nicht benennen konnte. Ich hatte sie drei Wochen lang nicht gehört und es fühlte sich an, wie ein viel zu langer Zeitraum. Das wurde mir aber erst klar, als ich sie wieder hörte. Tief und seidig, warm wie der Sonnenuntergang des vorletzten Augusttages.
"Ich will vorbeikommen. Das letzte Mal warst du in meiner Wohnung, also lass mich diesmal deine sehen."
Keine Ahnung, woher diese Worte gekommen waren, aber es war das, was ich wirklich gewollt hatte. Was ich immer noch wollte.
Namjoon hatte überrascht eingeatmet. Dann hatte er zugestimmt, sein Ton nervös, aber irgendwie auch voller Vorfreude. Und diese Vorfreude hatte seltsamerweise auch mich durchströmt.

Nun stand ich hier und sah immer noch zu dem Haus hinauf. An der rechten Seite hatte es zwei große Glasfronten, die die rechte Ecke des Hauses umspannten. Das war bestimmt ein schöner Ort zum lesen. Zumindest von außen sah der dahinterliegende Raum wunderschön aus, mit weiten Bänken vor dem Ausblick auf den Vorgarten. Die Fenster waren mit verschnörkeltem Stuck umrahmt und im Innern konnte ich einige Pflanzen ausmachen. So lebte also ein waschechter Autor. Oder einfach nur Namjoon.
Ich atmete ein letztes Mal tief ein und lief dann den Weg zum Haus hinauf. Mein hellblauermit weißen Blumen bestickter Rock wehte bei jedem Schritt um meine freien Knöchel. Heute trug ich low-cut Sneaker, die ich noch irgendwo in meinem Kleiderschrank gefunden hatte. Sie waren noch wie neu, aber nachdem ich die Schuhe nun schon über zwei Stunden trug, wusste ich, warum ich sie in den Tiefen meines Schrankes vergraben hatte. An meinen kleinen Zehnen waren spürbare Blasen und die an meinen Hacken drohten vermutlich schon bald aufzugehen. Ich hatte weiße Socken an.
Die Sneaker-Sache war etwas enttäuschend. Immerhin hatte ich mir heute Mühe mit meinem Outfit gegeben. Ich hatte mir die Haare locker hochgesteckt und trug sogar meine DIY-Gänseblümchenohrringe. Ich hatte so lange keine Ohrringe getragen, dass ich die Einstichstellen heute Morgen erneut durchstechen musste. Ich trug sogar ein neues T-Shirt, dass ich zusammen mit Hayoon ausgesucht hatte. Ein weißes mit einem pastelllila Kreis, der aussah, wie aus Wasserfarben gemalt. Darin stand "Enjoy the Little Things" und drumherum schwebten lächelnde Gänseblümchen. Ich habe das Gänseblümchen-Thema also voll zum Ausdruck gebracht.

The Self-Love Story || kim namjoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt