Namjoon war in den Bus gestiegen, der ihn zwei Stunden lang durch Seoul transportieren und so ziemlich vor seinem Haus absetzen würde. Es war bereits später Nachmittag und irgendwie hatte Namjoon es geschafft, alle meine Bedenken und schlechten Gefühle zu dämmen. Doch als der Bus losfuhr und Namjoon immer weiter aus meiner Sicht verschwand, kehrte das alles zurück. Dieser Tag war einerseits so schön gewesen, dass ich mich schon auf den nächsten mit Namjoon freute, doch andererseits hatten die Ereignisse und unsere Gespräche heute so viel aufgewirbelt, dass ich nicht wusste, was ich nun mit mir anstellen sollte.
Noch eine ganze, unbestimmte Weile stand ich an der Bushaltestelle, sah dabei zu, wie die nächste Linie anhielt und weiterfuhr. Erst danach setzte ich mich in Bewegung und lief nach Hause. Aber auch dort konnte ich nur bewegungslos im Flur herumstehen und im nachlassenden Tageslicht eines der Bilder betrachten, die an meinen Wänden hingen. Es war eine Explosion aus Blumen und nur ganz schwer konnte man darin drei Gestalten erkennen. Den Tag in der unteren rechten Ecke verschwand ganz in den Schatten der hereinbrechenden Dunkelheit. Ash. Ob sie immer noch ihre schönen Bilder malte, in denen sie uns immer verstecken konnte?
Plötzlich wusste ich, was ich tun konnte. Wieso nutzte ich nicht meine Gefühle und diese Vergangenheit, um mein Buch voranzutreiben? Noch immer hatte es keinen festen Plot oder ein festes Genre, aber eine Idee kam mir in den Sinn, mit der ich die Realität in der Fiktion einfangen und zu meinem Vorteil verändern konnte.~*~
Mein Handy hörte nicht mehr auf zu Klingeln und ich wandte mich auf dem harten Polster des Sofas hin und her, auf der Suche nach dem nervigen Gerät.
Ich griff in alle Sofaritzen hinein und als ich es endlich gefunden hatte, war ich zwar halbwegs wach, aber mein Handy hatte den Geist aufgegeben und ließ den Morgen in Stille zurück. Stöhnend stand ich auf, stieß mir den Oberschenkel an der Tischkannte und rieb mir die schmerzende Stelle, während ich ins Schlafzimmer humpelte, um nach meinem Ladekabel zu suchen.
Die Erinnerungen an gestern kamen in Schüben zurück. Ich dachte an die stürmischen Augen meiner Schwestern, an den sanften Blick Namjoons, an Hayoons zusammengezogene Augenbrauen. Im Spiegel auf meiner Kommode sah ich für einen kurzen Moment meine Augenringe und angetrocknete Tränenspuren. Dann suchte ich in meinen Schubladen nach dem Ladekabel und fand es anschließend auf meiner noch puffigen, unberührten Bettdecke.
Ich nahm das Ladekabel, zog die Bettdecke zur Seite und legte mich auf meine deutlich weichere Matraze. Danach steckte ich das Handy ein und wartete, bis es sich wieder einschalten ließ.
Schnell entsperrte ich das Handy und starrte danach einfach nur den Bildschirm an, bis er wieder erlosch. Mein weiches, warmes Bett wollte mich zurück in den Schlaf reißen, der mir versprach, mich nicht mit irgendwelchen Gedanken und Erinnerungen zu quälen, doch als es beinahe soweit war, erklang ein kurzes Klingeln und als ich meine schweren Lider wieder aufbekam konnte ich nur ein Wort ausmachen, bevor der Bildschirm wieder schwarz wurde.
"Rachel ..."
Sofort war ich wach. Ein Anflug von Panik überkam mich und ich hoffte, dass der Name nur Teil eines nicht so schmerzlindernden Traumes. Ich hatte diesen Namen seit Jahren nicht mehr gehört oder gelesen. Er hatte nur noch in meinem eigenen Kopf existiert, ansonsten hatte er nichts mehr mit mir zutun. Aber diese Nachricht, die wirklich existierte, hatte ihn zurück in die Realität geholt.
Ich las die Nachricht der unbekannten Nummer gar nicht erst. Ohne zu zögern löschte ich den unerwünschten Chat, schlüpfte aus der sicheren Wärme meines Bettes und stand frierend vor meinem Schrank.
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The Self-Love Story || kim namjoon
FanfictionIm Binna ist das, was sich eine nicht gerade aufstrebende Autorin nennt. Mit geschmissenem Studium, einem Job, der gerade so für ihren Lebensunterhalt sorgt und einer handvoll abgelehnter Manuskripte sieht sie sich als die totale Versagerin. Nicht z...