Melancholie

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Ein paar Tage waren die beiden Schüler nun schon im Haus der Großeltern. Und die allgemeine Stimmung war noch immer etwas Eisig und Unterkühlt. Der Rotschopf hatte noch etwas gelesen und nachgedacht. Diese Frau war ihr gegenüber noch unnahbarer und rauer als sie erwartet hatte. Und egal wie viel Mühe sie sich gab um der Großmutter zu helfen, so hatte sie doch immer zu das Gefühl eher geduldet zu werden. Es war ein Fehler mit nach Osaka zu kommen. Niedergeschlagen ging sie vorsichtig auf das Bett zu in dem Aomine schon lag und schlief. Es wunderte sie nicht das er so kaputt von der Arbeit war. Der Garten war riesig und leider nicht in einem ganz so guten Zustand. Langsam und bedächtig legte sie sich ins Bett und kuschelte sich in die Decke ein. Sie fühlte sich unbeschreiblich unwohl in diesem Haus. Die Atmosphäre schien sie fast zu erdrücken. Jede Ecke des Gebäudes schien sie loswerden zu wollen, wie einen Fremdkörper. Dann war bei fast jedem Schritt auch noch dieser Hund, der zum Glück nach ein paar Stunden, genauso wenig Interesse an ihr zeigte wie die Frau des Hauses. Langsam drehte sie sich auf die Seite und sah zum Fenster hinaus. Der dunkle Himmel zeigte nicht mehr als die Schemen der vorüberziehenden Wolken. Keine Sterne, keinen Mond. Nur Dunkelheit. Wie passend. So hatte sie sich ihre Ferien nicht vorgestellt.
Aus heiterem Himmel spürte sie einen kräftigen Arm der sich vorsichtig über sie gelegt hatte. Ohne es eigentlich zu wollen hatte sie die Luft angehalten und atmete erst wieder als der Arm sich fest um sie gelegt hatte und sie leicht zu sich zog.
»Wieso schläfst du noch nicht?«, hörte die Fotografin Aomine in ihr Ohr fragen.
»Weil ich nicht müde bin«, war die reichlich an den Haaren herbeigezogene Antwort. Er hörte an ihren Tonfall das sie nicht die Wahrheit sagte.
»Lügnerin«, raunte er und verteilte ein paar sachte Küsse auf ihrem Hals und der Schulter ehe er sich wieder ins Kissen legte.
»Schlaf jetzt. Und morgen sagst du mir was los ist.«
Nachdem er seinen Satz beendet hatte und die Augen wieder schloss, spürte der Power Forward eine schmale Hand die zaghaft seine ergriff und ihre Finger mit seinen verschränkte. Ein leichtes Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht. Wenn man den Rotschopf so kannte und einzuschätzen wusste wie er es tat, war sie ein offenes Buch.

Am nächsten Tag hatte die Großmutter höchst selbst, Kagami-chan darum gebeten ihr zur Hand zu gehen. Der Rotschopf hielt das für eine unsäglich schlechte Idee, aber da musste sie nun durch. Die beiden Frauen hatten sich in eines der kleineren Arbeitszimmer zurück gezogen. Die Wände waren bis hoch zur Decke mit Regalen versehen, die allesamt vollgestellt waren mit Büchern. Der Rotschopf staunte nicht schlecht, als sie das sah. Ein großer Schreibtisch stand in der Mitte, mit einem doch recht alt aussehenden Ohrensessel aus rotem Leder. Am Rand war eine kleine Sitzecke aufgebaut. Ein kleiner runter Tisch, mit einem Sessel und einem kleinem Sofa. Der Raum wirkte im Vergleich zu den anderen Räumlichkeiten wie eine kleine Oase der Gemütlichkeit.
Jinzai-san ließ sich von der Schülerin zu dem Sessel in der gemütlicheren Ecke führen und nahm dort Platz. Kakagami-chan hatte beinahe die Befürchtung das die ältere Dame, einfach neben ihr zusammenbrach und tot zu Boden fallen würde. Doch von diesem Drama blieb sie verschont. Stattdessen tat sie das worum die Großmutter sie bat und entstaubte ein wenig die Regale und kleinen Statuetten, die das Zimmer schmückten. Es vergingen ein paar Minuten, in denen die beiden Frauen sich anschwiegen und Kagami-chan sich bei dem Gedanken erwischte, einfach aus dem Raum zu rennen. Die ältere Dame konnte ihr ohnehin nicht folgen. Doch den Gedanken verwarf sie schwer seufzend und befreite weiter ein Regalbrett vom Staub.
Plötzlich vernahm die Rothaarige ein leises Poltern hinter sich und sah, als sie sich umdrehte, wie Jinzai-san sich angestrengt nach einem Buch bückte, welches zu Boden gefallen war.
Hastig bückte sich der Rotschopf nach dem Buch welches die Ältere hatte fallen lassen und hob es auf um es der Großmutter zu reichen.
»Meine Augen werden mit der Zeit zwar immer schlechter, ... aber ich sehe mir so gern diese Bilder an«, raunte sie etwas wehleidig und nahm von Kagami-chan das Buch entgegen. »Danke«, mit zitternden Händen blätterte sie die Seiten durch und hielt auf einer inne. »Ich möchte dir etwas zeigen. Setz dich zu mir, Kagami-san.«
Mit einer Hand wank Jinzai-san den Rotschopf wieder zu sich, die gerade weiter Staubwischen wollte.
»Sonoko hat erzählt das du Fotografin bist.«
Etwas überrumpelt über das plötzliche Interesse der Großmutter, nickte Kagami-chan kurz.
»Ja, ich fotografiere für die Schülerzeitung.«
»Das ist ein sehr schönes Hobby. Ein Hobby was Momente festhält. Egal wie lange sie auch her sind.«
Nun klang die ältere Dame traurig und ihr Blick wurde ungeahnt sanft, als sie auf das Buch nieder sah. Sachte strich sie über die Seite. Erst beim näher kommen sah Kagami-chan das es sich um ein kleines Fotoalbum handelte, welches Jinzai-san aus dem Regal gefischt hatte.
»Diese Bilder sind zwar sehr alt und mein Gedächtnis ist nicht mehr das Beste, aber wenn ich mir diese Fotos ansehe ... ist es, als wäre es erst gestern gewesen.« Langsam blätterte sie weiter. »So viele Erinnerungen. So viele Momente.«
Plötzlich hielt sie an einem Foto inne und seufzte etwas melancholisch.
»Das ist das Hochzeitsfoto von Naoki-kun und mir«, sie stupste Kagami-chan leicht an. »Ich war damals schon eine Augenweide. Die Männer standen Schlange.«
Und sie übertrieb keineswegs. Mit roten Wangen betrachtete Kagami-chan das glückliche Paar und war erstaunt wie schön Aomines Großmutter war. Wie glücklich und strahlend sie in die Kamera blickte.
»Das ... ist ...«, doch der Rotschopf konnte ihren Satz nicht beenden, sie fand einfach nicht die richtigen Worte für das was sie sah. Erstaunt starte sie auf das Foto. Die beiden waren unfassbar schön zusammen. Er wirkte geradezu erhaben und sie elegant. Beide trugen die traditionelle Kleidung, welche heut zu Tage bedauerlicherweise nur noch selten bei Hochzeiten angezogen wurde. Auf dem Foto war nicht nur Glück, sondern ein Stück Geschichte zu sehen.
»Schön, oder?«
»Ich bin ehrlich gesagt ... hin und weg«, gestand die Schülerin und schluckte trocken.
Da schlich sich plötzlich eins ihrer seltenen Lächeln über Jinzai-sans Gesicht.
»Sei so gut und reich mir mal das Buch dort oben. Das Schwarze, mit dem grünen Verzierungen.«
Während sich der Rotschopf erhob um das gewünschte Buch zu holen, legte Jinzai-san das andere vorsichtig, fast behutsam, zur Seite und strich sich die Decke glatt, die über ihrem Schoss lag.
Skeptisch und auch von Neugier gepackt beäugte Kagami-chan das Buch und stellte fest, dass es ebenfalls ein Fotoalbum war.
Ungeduldig wank die Großmutter die Schülerin zu sich und bedeutete ihr erneut Platz zu nehmen. Als Kagami-chan saß, nahm sie das gewünschte Buch an sich. Langsam öffnete Jinzai-san das Album mit ihren zarten vom Leben gezeichneten Händen und ihr Blick wurde zusehends heiterer und offener.
»Das ist meine Sonoko. Da war sie gerade geboren. Wir waren so stolz auf sie.«
Zu fast jedem Bild erzählte die Großmutter etwas, mal mehr mal weniger. Es zeigte Sonoko als Baby, als Kleinkind. Als Kindergartenkind welches stolz ihren Regenschirm präsentierte, auf dem kleine Tiere drauf waren. Dann begann sie zu altern. Aus dem Kindergartenkind wurde ein Mädchen. Was sich stolz neben ihrem Vater in ihrer Schuluniform zeigte. Breit grinsten beide in die Kamera, und ihr Vater hatte heimlich hinter ihr mit seinen Fingern "Hasenohren" gebildet. Sie wirkten albern und heiter. Und plötzlich wurden die Bilder klarer, veränderten sich. Stutzig dreinblickend legte die Rothaarige den Kopf leicht schief.
»Sie sind nicht gestellt«, merkte sie kurz an. Überrascht hob Jinzai-san den Blick und sah Kagami-chan eindringlich an.
Etwas erschrocken, weil sie sich so ungeschickt ausgedrückt hatte, hob die Schülerin abwehrend die Hände.
»Ich meine damit, sie wirken nicht als ob jemand "Anweisungen" gegeben hat. "Jetzt müsst ihr lächeln", oder "Jetzt tanzt durch den Regen". Das meinte ich«, versuchte sie hastig zu erklären. Erneut legte sich ein sanftes Lächeln auf die Lippen der alten Frau. Und sie nickte anerkennend.
»Gutes Auge«, sagte sie. »Die meisten Bilder hier drin, sind Fotos die andere wegwerfen würden, weil sie eher aus Versehen gemacht wurden. Nicht ästhetisch sind, keine Form und Struktur zu erkennen ist.«
»Sie sind echt«, sagte Kagami-chan ernst. »Authentisch.«
Jinzai-san nickte, dann beugte sie sich weiter zu der Schülerin, und senkte die Stimme ein wenig, als würde sie ein Geheimnis erzählen wollen.
»Die folgenden Fotos existieren offiziell nicht. Weder mein Mann, noch meine Kinder wissen davon«, flüsterte sie beinahe.
Überrascht weiteten sich die Augen der Rothaarigen. Wollte eine wildfremde Frau, ihr so vertrauliche und für sie offenbar wichtige Fotos zeigen? Es war mehr als privat. Fotos waren überwiegend privater Natur, das war ja eine offensichtliche Tatsache. Aber wenn sie schon so explizit darauf hinwies das kaum jemand um die Existenz der Fotos wusste, konnte sie doch unmöglich eingeweiht werden. Nicht von einer Frau die ihr bisher immer die kalte Schulter gezeigt hatte und nur das Nötigste mit ihr sprach und sie mehr erduldete als tolerierte.
Schon bald sollte Kagami-chan eines Besseren belehrt werden. Genau diese unnahbar, zynische und misstrauische Frau, drückte kurz freudig erregt ihre Hand und blätterte um. Ihre Augen funkelten als sie die Fotos betrachtete und das zarte Lächeln verschwand nun auch nicht mehr aus ihrem Gesicht.
»Da sind meine liebsten Menschen.«
Kagami-chan entglitten fast die Gesichtszüge. Unweigerlich stieg eine unbeschreibliche wärme in ihr auf und ihr Herz begann aufgeregt zu klopfen.
Die Fotos zeigten Aomines Eltern, allem Anschein nach auf ihrer Hochzeit. Allerdings schienen die Förmlichkeiten bereits lange vorbei gewesen zu sein. Aomine-Senior saß mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und gelöster Krawatte auf einem Stuhl und schien sichtlich erledigt von dem ganzen Trubel zu sein. Ein schiefes Lächeln war auf seinen Lippen und erst das nächste Bild verriet wohin er eigentlich sah. Ein paar Meter weiter war Sonoko und tanzte wild mit ihrem Schwager. Vermutlich beneidete er sie für ihre Ausdauer. Neben ihm saß ein Mann der etwa im gleichen Alter wie Chiaki und Sonoko zu sein schien und trank sein Bier, ein etwas älterer saß direkt neben diesem und lächelte ebenfalls vor sich her. Der Ältere schien wohl Jinzai Naoki zu sein, aber der Jüngere, den konnte sie nicht zuordnen.
Ein paar Bilder weiter, standen die beiden Männer und der, welcher zuvor das Bier trank, hatte kumpelhaft seine Hand auf Aomine-Seniors Schulter gelegt und grinste ihn einnehmend an. Beide schienen sichtlich entspannt zu sein.
Die Stirn in Falten legend deutete Kagami-chan auf den anderen Mann.
»Wer ist das?«
Da lachte die alte Frau beherzt.
»Das ist mein Sohn Shiro. Er und Chiaki haben sich eine Zeitlang ziemlich heftig geprügelt und waren eigentlich nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen. Das liegt vielleicht auch daran das er der Ältere ist und niemand gut genug war für seine kleine Schwester.«
»Das kommt mir verdächtig bekannt vor«, grummelte der Rotschopf. Überrascht sah Jinzai-san sie an.
»Du hast auch Geschwister, oder?«
Bestätigend nickte die Schülerin.
»Einen Zwillingsbruder.«
Das entlockte der Älteren ein verhaltenes leises Kichern.
»Ich ahne was vorgefallen ist.«
Entspannt blätterte die Großmutter weiter und die folgenden zwei Fotos verschlugen Kagami-chan vollends die Sprache. Wie gebannt sah sie auf diese hinab. Und da war wieder das wohlig warme Gefühl. Wie hypnotisiert sah sie auf die Fotos herab. Es zeigte das Ehepaar Aomine in einer ruhigen Ecke sitzend. Er hatte einen Arm um sie gelegt und sie hielt seine Hand. Sie schienen sich zu unterhalten und dem Treiben zu zuschauen. Sie trug locker über die Schultern hängend seinen Blazer und sah in dem weißen Kleid einfach umwerfend aus. Ihre Wangen waren leicht gerötet, ob nun vom Tanzen oder vom Alkohol konnte man nicht sagen. Es schien schon spät zu sein, denn auch seine kurzen Haare standen nun etwas ungeordnet von seinem Kopf ab. Das nächste Bild war in der gleichen Pose, nur sahen sich die Beiden nun direkt an. Und da war es was Kagami-chans Herz hatte höherschlagen lassen.
Die Blicke.
Es waren ihre Blicke. Einander sahen sie an, als könne nichts dieser Welt sie aus dem hier und jetzt reißen. Als gäbe es nur sie. Die Schwarzhaarige lachte herzhaft auf dem Bild, während er sie nur schelmisch grinsend anblickte. Das waren die Momente die ehrlicher waren als andere auf dieser Welt.
Jinzai-san entging nicht das Kagami-chan auffallend still geworden war und ihre Gesichtsfarbe die ihrer Haare Konkurrenz machte.
»Zugegeben, so harmonisch wie auf diesen Bildern zu sehen ist, ging es nicht immer zu. Mein Mann und ich waren zunächst gegen diese Heirat. Wir hatten für Sonoko andere Pläne. Die vielen Umzüge in der Vergangenheit haben auch vielleicht dazu beigetragen das unsere Ansprüche ... ein wenig höher waren«, gestand die Großmutter. »So hart und überheblich das jetzt klingen mag, aber Chiaki-kun war damals nicht unbedingt das was wir uns vorgestellt hatten. Er war arrogant, überheblich und provokativ. Hatte gelegentlich schneller Ärger verursacht als geschlichtet, umso überraschter waren wir als er Polizist wurde und sogar mit Shiro auf die Akademie ging. Aber egal wie er in der Vergangenheit war, er hat Sonoko genügt. Er hat sie stark gemacht. Hat sie glücklich gemacht.«
Gebannt lauschte sie der Großmutter, deren Augen bei der Erinnerung und Erzählung daran funkelten. »Und als sie schließlich nach Tokio zogen, wussten wir das es richtig war. Das es richtig war, sie gehen zu lassen.«
Das musste Kagami-chan erstmal sacken lassen und verarbeiten. Offensichtlich hatte jeder irgendwie seine Probleme die erst überwunden werden mussten.
»Unter uns gesagt«, begann Jinzai-san mit leicht gesenkter Stimme. »Daiki hat mehr von seinem Vater als es den Anschein hat. Nur weil sein alter Herr mit den Jahren ruhiger und vernünftiger geworden ist, heißt es nicht, dass auch er nicht das ein oder andere Mal über die Stränge geschlagen hat. Chiaki-kun war, wie gesagt, nicht unbedingt das was wir direkt als "Schwiegersohn" bezeichnet hätten.«
»Nun, ... er ist wirklich etwas ...«, überlegend versuchte Kagami-chan die richtigen Worte zu finden. »... besitzergreifend
Beherzt lachte Jinzai-san auf und nickte eifrig.
»Die Aomine-Männer sind was das betrifft sehr einnehmend. Raue Schale, weicher Kern.«
»Das stimmt«, pflichtete der Rotschopf ihr bei.
»Übrigens, dir scheint es vielleicht nicht aufzufallen, aber Daiki betrachtet dich mit dem gleichen Blick, mit dem sein Vater unsere Sonoko ansieht.«
»Einnehmend? Besitzergreifend?«
»Bewundernd.«
Augenblicklich stieg Kagami-chan eine gefährliche Röte ins Gesicht und sie versuchte verlegen den Blick der Frau auszuweichen. Verhalten räusperte sie sich und fuhr sich mit einer Hand durch die roten Haare.
»Ich weiß nicht, er ist halt ... er«, versuchte sie sich wenig geschickt zu äußern und heraus zu reden.
Kurz ließ Kagami-chan nochmals den Blick über die Bilder schweifen, bis ihr etwas auffiel. Wieso sie es nicht schon zuvor bemerkt hatte. Es war so auffällig, da sie das Phänomen bei sich ja auch beobachtete.
»Der Herr dort. Das ist doch Ihr Mann, oder?«
»Ganz genau.«
Sichtlich überrascht sah sie die alte Frau an, welche sie nun ganz offenherzig anlächelte und erwartungsvoll den Kopf etwas schief legte.
»Die Fotos, ... die haben Sie gemacht.«
Mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen und funkelnden Augen legte Jinzai-san langsam einen Zeigefinger an die Lippen.
»Gutes Auge, meine Kleine. Gutes Auge.«

Die Fotos hatten Kagami-chan zum Nachdenken gebracht. Immer mehr drängte sich die Erinnerung an das Weihnachtsfest mit den Anderen auf und die Fotos welche Kaiou heimlich geschossen hatte. Geistesgegenwärtig griff die Rothaarige in ihre Tasche und kramte die Fotos hervor die in einer kleinen geheimen Nische der Tasche einen Platz hatten. Eindringlich und fragend sah sie sich die Bilder von Kaiou ganz genau an. Plötzlich wurde ihr Kopf ganz heiß. Die Großmutter hatte Recht. Aufgeregt und nervös begannen ihre Hände zu zittern mit der sie die Fotos festhielt.
Ihre Blicke.
Es waren tatsächlich die gleichen Blicke. Unerwartet traf sie diese Tatsache. Sie war sich zwar der Gefühle für den Power Forward überwiegend bewusst, es aber so direkt nochmal zu sehen war allerdings eine andere Sache. Und es noch direkter von einer dritten Person gesagt zu bekommen war noch etwas anders. Sie dachte bisher immer das Außenstehenden die beiden mit anderen Augen betrachteten.
Skeptisch, ungläubig, manchmal auch etwas feindseelisch. Aber sie wusste es besser. Oder? Wenn sie ehrlich war überkam auch sie manchmal der Zweifel. Selbstzweifel. Ob sie wirklich gut genug für ihn war. Ihn reichte.
Sie hatte nie mit ihm darüber gesprochen, aber sie fragte sich oft im stillem wieso er sich für sie entschied, wenn er doch jede X-beliebige haben konnte. Jemand der eher seinen Vorstellungen entsprach. Optisch als auch charakterlich. Sich vielleicht mehr wie ein Mädchen verhielt, mehr das zerbrechliche zarte Blümchen spielte damit er seinen Beschützerinstinkt ausleben konnte. Was Männer gern taten. Aber sie war ein verdammter Kaktus. Hatte Stacheln mit dem sie sich jeden Ärger vom Hals hielt und sich durchaus selbst zur Wehr setzten konnte. Wenn auch nicht immer charmant.
Und doch blieb er bei ihr. Und außer in seinem fragwürdigen Heftchen sah er auch keiner anderen Frau nach. Entweder bekam sie es nicht mit. Oder er tat es wirklich nicht. Wenn er es nicht tat und Interesse an anderen Mädchen zeigte. Stelle sie sich die Frage: warum? Warum tat er es nicht? Gerade er!
Sollte sich der Rotschopf drüber freuen oder es lieber hinterfragen? Sich die Haare raufend ließ sie sich rücklinks auf dem Boden fallen und blieb regungslos neben ihrer Tasche liegen. Diese ganzen Fragen wühlten sie viel zu sehr auf und auch ihr inneres Ich saß verwirrt mit ein paar imaginären Akten im Dunkel und versuchte aus den Fakten schlau zu werden. Ohne Erfolg. Plötzlich öffnete sich ohne Vorwarnung die Tür des Zimmers und die Tür erwischte sie etwas kräftiger am Fuß.
Erschrocken sah sie zu der Person auf die ins Zimmer kam und ignoriere den Schmerz.
»Alles in Ordnung?«, fragte Aomine den am Boden liegenden Rotschopf. Welche mit einer flinken Bewegung das Foto versteckte.
»Ja. Wie kommst du darauf das ...«, begann Kagami-chan scheinheilig, doch er unterbrach sie.
»Vielleicht weil du am Boden liegst? Hast du Kreislaufprobleme?«
»Die bekomme ich nur bei deinem Anblick«, entfuhr es ihr trocken wie Wüstensand. Ertappt weiteten sich sofort ihre Augen. Hatte sie das gerade laut gesagt?! In diesem Moment?! Wo er verschwitzt und dreckig von der Gartenarbeit vor ihr stand. Das Rot schoss ihr mit solch ungeahnter Geschwindigkeit ins Gesicht, das sie es nicht mal mehr verbergen oder überspielen konnte.
»Was hast du gerade gesagt?«, wollte der Blauhaarige frech grinsend wissen. »Ich glaube ich habe Dreck in den Ohren. Ich habe dich nicht verstanden.«
Bastard!
Etwas uneinsichtig und verlegen grummelte sie vor sich her und trat ihn leicht gegen sein Schienbein.
»Du weißt genau was für eine Wirkung du auf mich hast, Blödmann«, grummelte sie.
»Nicht ganz. Aber das können wir gern weiter ausführen und testen«, feixte Aomine kopfschüttelnd und ging an ihr vorbei um etwas zu holen. »Zu meinen Bedauern müssen wir das allerdings verschieben. Ich habe noch zu tun.«
»Keine Eile. Wir müssen gar nichts.«
Skeptisch ließ er den Blick über sie gleiten und ein weiteres kurzes schelmisches Lächeln zierte sein Gesicht.
»Also, so wie du da liegst hat es schon etwas Erwartendes und Verruchtes an sich.«
Da schnippte sie in eine aufrechte Position.
»Ich habe nur so da gelegen ... nachgedacht.«
»Ich bin in ungefähr einer Stunde mit der Arbeit fertig. Bis dahin hast du noch Zeit dir eine bessere Ausrede einfallen zu lassen. Da ich auch eine Dusche nötig haben werde, steht es dir frei mir Gesellschaft zu leisten, Kagami.«
»Ha! Das hättest du wohl gerne«, entgegnete sie und zeigte ihm den Vogel.
»Ja. Durchaus.«
»Ich werde vermutlich dreckiger wieder rausgehen als ich mit reingegangen bin«, sagte sie und meinte damit eigentlich den Schmutz den er überall an sich hatte, doch ihre Steilvorlage war einfach zu gut.
»Das hast du gesagt. Ich wusste gar nicht das deine Gedanken derart abdriften und ausarten können. Du überraschst mich immer wieder.«
Dem widersprechend wollend hob sie eine Hand und öffnete schon den Mund. Entschied sich aber schlussendlich dagegen. Das Eigentor hatte sie ganz offensichtlich selbst zu verantworten.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 17, 2023 ⏰

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