Von all dem Tamtam bekam der blauhaarige Power Forward gar nichts mit. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, einen geeigneten Platz zu finden um seine „Partnerin" in einem Loch zu verscharren. Hauptsache weit ab vom Schuss, dunkel gelegen und tief. Hauptsache weg mit dieser Nervensäge.
Die Klassenfahrt begann ohnehin ziemlich langweilig, aber auf eine skurrile Art auch anstrengend.
Die sich anbiedernden Mädchen gingen ihm ziemlich auf die Nerven und was ihn noch mehr daran störte war, dass es Kagami-chan wohl nichts auszumachen schien. Sie nahm es einfach hin und ließ ihn mit diesen Weibsbildern alleine. Ein wenig mehr Interesse an dieser Situation hätte er sich schon von ihr gewünscht. Sie sollte jetzt nicht die eifersüchtige, krallenausfahrende Raubkatze mimen, aber mal ein zwei Worte der Warnung an die anderen Mädels wäre nicht schlecht gewesen. Aber nein, jetzt musste er sich mit einer aus der Parallelklasse abgeben, die ihm in einer Tour sagte wie gruselig sie es fand und wie sehr sie sich fürchtete. Das Einzige was er unheimlich fand, war die Ausdauer, die sie an den Tag legte, um ihm das jede Sekunde mitzuteilen. Was zum Teufel erwartete sie denn von ihm?
Schließlich kam die erlösende Abwechslung und in ihren Tonfall verirrten sich Verwunderung und Interesse. Denn im Schein der Taschenlampe hatte sie etwas Interessantes entdeckt und beäugte es zunächst prüfend.
»Sieh mal. Eine Kamera. Liegt hier einfach so rum«, sagte sie und bückte sich nach dem Fotoapparat. Kritisch beäugte sie diese und leuchtete sie mit ihrer Taschenlampe aus.
»Sieht teuer aus, sowas lässt man doch nicht liegen.«
Mit ernster Miene nahm Aomine ihr die Kamera ab und musterte sie skeptisch.
»Sieht aus als wäre das die von Kagami, oder?«, sagte das Mädchen plötzlich. Um das zu prüfen schaltete er die Kamera an und sah sich den Speicher an. Da es eine Digitale-Spiegelreflexkamera war, war das auf einem kleinen integrierten Bildschirm auch möglich und sie sollte verflucht sein. Das Weibsbild hatte Recht. Es war Kagami-chans Kamera.
»Es ist wirklich ihre«, sagte er ernst und ließ prüfend den Blick in der Umgebung wandern.
»Die ist doch sau teuer, wieso lässt sie die einfach so liegen? Wie unverantwortlich.«
»Ich glaube kaum, dass es beabsichtigt war.«
»Schön und gut, aber wo ist sie hin?«, fragte sie nun und klammerte sich ängstlich an den Power Forward.
Das war eine durchaus gerechtfertigte Frage. Sie würde niemals ihre Kamera so achtlos liegen lassen, schon gar nicht im Dunkeln und in einem Wald. Ein paar Schritte weiter fanden die beiden die dazugehörige Kameratasche und verstauten das gute Stück auch sorgfältig darin.
Langsam machte sich Unmut in ihm breit. Wenn das ein Scherz sein sollte, war es ein verflucht schlechter.
»Ihre Kamera total verwaist im Wald, ich hoffe hier treibt sich kein Krimineller herum«, flüsterte das Mädchen ängstlich.
Toll, nun wuchs die Sorge. Konnte sie nicht einfach die Klappe halten? Schnell zog er sein Handy hervor und wählte die Nummer des Rotschopfes.
Das Freizeichen erklang und das Klingeln, also war ihr Handy schon mal eingeschaltet, ein gutes Zeichen, ... aber sie ging nicht ran. Gefrustet steckte er das Handy wieder weg und ging weiter. Langsam aber sicher sollte er sich daran gewöhnen, dass sie nur ein Handy hatte um es irgendwo liegen zu lassen.
Das Wimmern und Schlottern neben ihn nervte ihn einfach zu sehr, also blieb er stehen und löste die beiden Arme, die sich fest um seinen linken Oberarm gewunden hatten.
»Das Beste wird sein, das du zurück zur Pension gehst. Schau ob du Kaiou oder Satsuki findest, die sollen es nochmal mit dem Handy versuchen.«
»Du lässt mich doch jetzt nicht wirklich alleine durch diesen Wald gehen, oder?«, entfuhr es ihr panisch, doch ein lautes Rascheln ließ beide kurz aufschrecken.
Überrascht sah Aomine die Person an, die völlig außer Atem aus einen der Sträucher getaumelt kam und sich nach Luft ringend auf den Knien abstützte.
»Aomine-san ... zum Glück habe ich endlich jemanden gefunden«, japste er erschöpft.
»Sakurai?«, entfuhr es Aomine und dem Mädchen unisono.
»Was ist denn mit dir passiert?«, wollte das Mädchen wissen.
»Ein ... ein Wildschwein treibt hier sein Unwesen. Das ist ziemlich angriffslustig. Kagami-san und ich sind abgehauen, aber wir haben uns verloren.«
»Großartig«, knurrte der Power Forward und drückte Sakurai die Kamera in die Hand. »Demnach ist sie noch irgendwo in der Nähe?«
»Ich weiß nicht, schon möglich«, sagte der Braunhaarige kleinlaut.
»Du gehst mit ihr zurück, ich schaue ob ich Kagami aufgetrieben bekomme.«
»Aber Aomine-kun ...!«, empörte sich das Mädchen.
»Was? Ich denke du fürchtest dich alleine, jetzt hast du Sakurai dabei, also wo ist das Problem?«
Doch darauf wusste sie nichts zu erwidern.
Sakurai hingegen nahm seine Klassenkameradin am Arm und zog sie mit sich.
»Wir sollten die anderen und die Lehrer versuchen zu erreichen und Bescheid geben, das es doch ein wenig zu gefährlich ist«, sagte der Shot Guard, reichte Aomine noch seine Taschenlampe und zog das Mädchen mit sich.
Manchmal war Sakurai ja doch zu etwas gut.
Etwas perplex starrte Kaiou vor sich hin, hatte sie das gerade richtig verstanden? Das Ganze wurde abgebrochen, weil ein kampfwütiges Wildschwein in der Umgebung sein Unwesen trieb? War etwa schon Paarungszeit, oder hatten sie sogar schon Junge, dass diese Tiere so feindlich eingestimmt waren?
Aber egal, welchen Grund es gab, das war wirklich ein guter Vorwand es vorsichtiger anzugehen und sich auf den Rückweg zu machen. Das sollte ihr nur Recht sein. Ihr Begleiter schien das wenig amüsant zu finden, doch machte er sich ohne groß zu murren ebenfalls auf den Rückweg.
Sicherheit ging vor und zum Glück war für Kaiou der Abend gelaufen und beendet.
Ein Hoch auf die Natur!
Vorsichtig ging Aomine weiter und leuchtete mit der Lampe in die Dunkelheit. Eigentlich konnte der Rotschopf gar nicht so weit weg sein. Die Kamera lag schließlich nur wenige hundert Meter von seiner jetzigen Position entfernt und Sakurai kam auch aus der Richtung. Wo hatte sie sich nur verkrochen?
Ein leises Knacken und Rascheln war plötzlich zu hören und er lauschte angestrengt in die Dunkelheit. War sie das vielleicht?
»Kagami?« Verdammt, wo ist sie nur?
Doch plötzlich gegen all seiner Erwartungen hörte er etwas.
»Aomine?«
Prüfend blickte er sich um. Da hatte doch definitiv jemand ganz deutlich seinen Namen gesagt, oder bildete er sich das nur ein?
»Komm schon. Die Luft ist rein.«
Stille.
Hatte er sich das wirklich nur eingebildet? Fragend kratzte er sich am Hinterkopf und leuchtete die Umgebung noch einmal aus.
»Aomine, bist du das?«
Da war es wieder, ganz eindeutig! Vorsichtig ging er in die Richtung, aus der die Stimme kam und näherte sich einem der umstehenden Bäume.
Plötzlich erklang ein lauteres Rascheln gefolgt von einem ungewöhnlich lauten Knacken.
Ein kurzer weiblicher Schrei erklang und es beförderte den Power Forward unsanft zu Boden.
Hart prallte er auf dem moosigen Waldboden auf und ließ die Taschenlampe fallen. Ein schwerer Widerstand hatte ihm einen kurzen Moment die Luft aus den Lungen gepresst und er lag alle vier von sich gestreckt auf den Rücken.
War gerade etwas vom Himmel gefallen?
Langsam richtete er sich wieder auf und sah auf das, was auf ihn gelandet war. Im Schein der Taschenlampe, die ein paar Meter weiter zum liegen kam, sah er einen vertrauten Schemen und der Schmerz, der sich in seinem Rücken und am Hinterkopf breit machen wollte, war für einen kurzen Moment vergessen.
Ein trockenes »Hi«, wurde ihm entgegnet, ehe die Stimme schließlich richtig mit ihm sprach und nun auch ein wenig reumütiger klang.
»Aomine? Entschuldige, ist alles in Ordnung?«, hörte er sie leise und vorsichtig fragen, während sie von ihm runter krabbelte und sich kurz den Unterarm massierte, auf dem sie unsanft gelandet war.
»Ja, ich lebe noch.«
»Was machst du hier?«, wollte sie nun wissen und erhob sich.
»Sakurai kam uns ganz aufgelöst entgegen und meinte, dass ein Keiler hier Unruhe stiftet, außerdem haben wir deine Kamera gefunden«, erklärte er kurz angebunden und ließ sich von ihr aufhelfen.
»Ja, ein Prachtkerl sag ich dir. Mir blieb nichts anderes übrig außer auf den Baum zu klettern«, doch etwas erleichterter entfuhr ihr: »Ihr habt meine Kamera gefunden?! Das ist echt super.«
Da schnippte eine seiner Brauen in die Höhe.
»An deiner Ausdauer musst du dringend arbeiten und schön, dass du dich so um deine Kamera sorgst.«
»Ich hatte Angst, das war pures Adrenalin«, verteidigte sie sich.
Schließlich hob er die Taschenlampe auf und deutete auf den Rückweg.
»Komm, die anderen warten sicher schon. Die Lehrer wurden auch schon in Kenntnis gesetzt.«
»Aber was ist wenn ... wenn, naja, wenn das Wildschwein wieder kommt?«, fragte der Rotschopf kleinlaut, umfasste ihre Oberarme und sah sich verstohlen um. »Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns noch eine Weile auf dem Baum verstecken.«
»Jetzt mach dich nicht lächerlich und komm mit«, knurrte der Power Forward genervt und wank sie zu sich. »Das Tier wird total genervt in irgendeinem anderen Teil des Waldes sein.«
»Das glaub ich nicht. Ich meine, das ist eine Bestie. Was ist, wenn sie hier irgendwo auf uns lauert?«, flüsterte sie und sah sich weiter um.
»Du wirst doch nicht ernsthaft jetzt Angst zeigen, oder?«
»Naja, ... also Angst ist so ein harsches Wort, eher Respekt. Ich respektiere dieses Tier«, sagte sie und ging auf wackeligen Beinen an dem Power Forward vorbei.
»Nun bist du ja gnadenlos Mutig«, sagte er schief grinsend.
»Was bleibt mir denn anderes übrig? Wenn ich hier nicht übernachten will und Gefahr laufen will von einem Keiler überfallen zu werden, muss ich mich ja langsam mal bewegen. Und du willst dich ja nicht mit mir verstecken.«
Langsam schritt sie vorwärts, was Aomine ein Kopfschütteln abverlangte und er langsam zu ihr aufschloss. Mit einem leichten Lächeln schnappte er sich eine ihrer kalten Hände und zog sie mit sich.
»Da werde ich dich wohl vor dem bösen, wilden Ungetier beschützen müssen.«
Ein paar Minuten später trafen die beiden auch schon auf den Rest, der im Wald verschollen war. Wobei Kaiou und Momoi einen ziemlich verschreckten Eindruck machten. Sich gegenseitig fest umklammernd stammelten sie allerlei unsinniges Zeug vor sich her.
Als es schließlich laut hinter der vierköpfigen Gruppe knackte, sprangen die beiden Mädchen geradezu Kerzengerade in die Luft und klammerten sich nun an den Power Forward, der etwas überfordert mit der Situation zu sein schien.
»Ich hab es gesehen. Im Wald, da hinten«, stammelte Kaiou.
»Ich auch, das war ein Schleier, ein komischer weiser Schleier«, sagte Momoi. »Dai-chan, ich will aus dem Wald raus.«
»Ihr habt einen Schleier gesehen? Habt ihr nicht wesentlich mehr Angst vor dem Wildschwein?«, fragte Kagami-chan ungläubig. »Das kann einen zumindest verletzten. Ich habe ja noch nie davon gehört, dass ein weiser Nebel jemanden verletzt oder gar tötet.«
»Du hast doch keine Ahnung, das war bestimmt ein Geist. Eine ruhelose Seele«, sagte Momoi energisch und schien wohl wirklich voll und ganz davon überzeugt zu sein.
Etwas verwirrt kratzte sich der Rotschopf am Hinterkopf.
»Oder Moorgase«, fügte Kagami-chan nüchtern hinzu.
»Hier in der Nähe ist kein verdammtes Moor«, entfuhr es Kaiou sichtlich unruhig und sie riss energisch die Augen auf, während sie diese Tatsache der Fotografin erläuterte.
»Also ich für meinen Teil fürchte mich eher vor dem Keiler. Etwas, das ich nicht anfassen kann, kann mich im Umkehrschluss auch nicht verletzten.«
»Deine nüchterne, rationale Art gibt mir manchmal wirklich den Rest, Ha-chan«, brummte Kaiou und lockerte langsam wieder den Griff um den Hünen.
»Aber eigentlich hat sie Recht. Etwas, das du weder anfassen noch spüren kannst, kann dich nicht verletzten. Wir sollten uns mehr um den Keiler sorgen«, stimmte Aomine dem Rotschopf zu.
»Wo ist eigentlich der Rest der Klassenstufe? Sind die alle schon wieder zurück?«, fragte nun die rosahaarige Managerin und sah sich um.
»Keine Ahnung, aber weit zur Herberge ist es nicht mehr«, antwortete Kagami-chan und deutete auf eine Gebäude Silhouette, aus dessen Richtung schwaches Licht strahlte und die Umgebung zumindest ein wenig heller wirken ließ.
»Dann Abmarsch, ich will aus diesen Wald raus«, knurrte Kaiou und stapfte mutig voran, Momoi war ihr dicht auf den Fersen und sah sich noch ein paar Mal prüfend um.
Schulterzuckend tauschte Kagami-chan mit Aomine einen verwirrten und fragenden Blick, ehe auch sie sich in Bewegung setzte. Als sie plötzlich eine kräftige Hand spürte, die sich um ihr Handgelenk legte. Überrascht drehte sie sich zu dem Power Forward um, der einen kurzen Moment wartete, bis Momoi und Kaiou außer Hörweite waren.
»Was ist denn? Wir sollten auch los«, sagte der Rotschopf mahnend.
»Mir scheint der geeignete Zeitpunkt zu sein, um dir mal ein paar Fragen zu stellen, die mich schon eine Weile beschäftigen«, sagte er ernst und ließ sie wieder los.
»Jetzt? Hier?!«, fragte sie und ließ den Blick auch forschend durch den dunklen Wald wandern. »Ernsthaft? Hat das nicht Zeit bis wir wieder in der Herberge sind? Hier draußen ist es doch etwas ... gefährlich.«
»Nein, ich denke hier ist es genau richtig.«
»Verdammt, was kann so wichtig sein, dass du es genau hier auswerten musst?«, wollte sie wissen.
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie ihren Gedanken laut ausgesprochen und hätte sich am liebsten dafür geohrfeigt. Nun war es ja noch offensichtlicher, dass ihr die Umgebung nicht zu behagen schien und dass sie auch nicht sonderlich viel Interesse an dem Gespräch hatte. Aber Desinteresse war auch nicht richtig, es war eher so, dass sie ahnte worauf er ansprechen wollte und das war ihr schlicht zu unangenehm.
Natürlich konnte sie sich auch irren, aber meist behielt ihr kleines Ich Recht.
»Es geht um die Sache vor der Weihnachtsfeier.«
Scheiße!, durchfuhr es sie.
Ihr hormoneller Ausbruch, oder meinte er schlicht ihre Fotoattacke?
»Ich hab mich wegen dem Foto doch schon entschuldigt, soweit ich weiß wurde es auch gelös--, ... oh, stimmt, ich hab den Abzug von dir geschenkt bekommen. Also existiert es doch noch irgendwie«, versuchte sie sich raus zu reden. »Außerdem ist es immerhin nicht das Foto für die Schülerzeitung, also ist es doch gar nicht so schlimm, ... ... oder?«
Sie hatte das Gefühl, dass sie es mit jedem Wort nur schlimmer machte, aber anders wusste sie sich nicht zu retten, also plapperte sie wild drauf los.
Oh, bitte lass das Foto der Grund sein, betete sie zu einer unbekannten höheren Macht. Bitte, bitte!
»Das Foto ist es ehrlich gesagt nicht«, erwiderte er tonlos. Und sofort breitete sich eine unangenehme Gänsehaut auf ihren Unterarmen aus.
»Ich wüsste lieber gerne was es mit deinem „Versöhnungsversuch" auf sich hatte. Dich so offensiv zu erleben, hat mich zugegeben überrascht.«
Blitzartig schoss ihr die Röte ins Gesicht. Zum Glück war es dunkel, nicht dunkel genug um ihre aufsteigende Röte komplett zu vertuschen, aber ändern konnte sie es nun auch nicht.
»Das ist schon eine kleine Ewigkeit her, ... mach einfach ein Haken dahinter und gut ist. Das war ohnehin nur ein Ausrutscher«, versuchte sie sich zu retten und machte auf dem Absatz kehrt um ebenfalls zurück zur Pension zu gehen, doch da hatte sie die Rechnung ohne Aomine gemacht. Denn dieser reagierte blitzschnell und hielt sie am Arm fest.
»Moment mal, mit so einer billigen Ausrede kommst du mir nicht davon. Ich will wissen, was wirklich los war, oder los ist.«
Los ist?!
Was sollte das denn schon wieder heißen? Es war doch alles total normal. Sie lebten so neben sich her, es passierte nichts Aufregendes und die peinlichen Situationen blieben auch aus. Alles prima.
»D-d- ... es ist alles in Ordnung. Du hörst die Flöhe husten.«
»Du weichst mir seit dem Vorfall bei meinen Eltern ein wenig aus. Es war alles andere als angenehm, das geb ich gerne zu, glaub mir, dass hat auch mir einen kräftigen Schlag verpasst, aber ich will wissen, was davor war.«
»Warum auf einmal?«
»Ich dachte ich komme selbst dahinter, oder das du von alleine mit der Sprache raus rückst, aber da habe ich mich geirrt und ich bin von Natur aus ein neugieriger Mensch.«
»D-da war nichts.«
»Lügnerin«, sagte er plötzlich schief grinsend.
Und ihr Gesicht legte an Röte zu, wenn das denn überhaupt möglich war. Wenn ihr Kopf eine Glühbirne wäre, würde sie im Dunkeln jetzt schön vor sich hin leuchten. Soviel war sicher. Wie ein Glühwürmchen.
»Ich habe auch schon Kaiou und Satsuki gefragt, aber die können sich deinen Sinneswandel auch nicht erklären.«
Weil ich es ihnen nicht erzählt habe, du Blitzmerker!
»Es war nichts, ... also nichts ... schlimmes.«
»Wenn es nichts Schlimmes war, kannst du es mir ja getrost erzählen.«
Da lachte sie kurz hohl auf.
»Ha, ganz bestimmt nicht. Ehrlich, das kann ich dir nicht sagen.«
»Das widerspricht dem was du gerade sagtest.«
»In wie fern?«, fragte sie verwirrt.
»Das es nichts Schlimmes sei.«
»Ist es ja auch nicht, wirklich.«
Großer Gott, wie sollte sie sich da nur rausreden? Sollte sie es ihm vielleicht einfach erzählen? Kurz und schmerzlos. Oder doch lieber weiter eisern totschweigen?
Hatte ja bisher ganz gut geklappt.
»Es ist mir etwas peinlich, ich kann dir das nicht einfach so sagen«, meinte Kagami-chan schließlich und versuchte seine Hand von ihrem Arm zu lösen. Sie hatte das dingende Verlangen einfach zu verschwinden, sich in Luft aufzulösen, doch dieser Gefallen wurde ihr nicht erwiesen.
»Was kann dir so peinlich sein, das du selbst mit Satsuki und Kaiou nicht darüber sprichst, geschweige denn mit mir?«
Doch er hatte seine Frage noch nicht ganz beendet, da hellte sich sein Gesicht auf, als ob ihm gerade die Antwort zugeflogen wäre.
»Du hast geträumt«, kam es todernst von Aomine.
Er hatte es nicht ganz ausgesprochen, da beschleunigte sich ihr Puls von null auf zweihundert in nur einer Millisekunde. Weltrekord!
»I-ich ... i- ...«, mehr als ein fassungsloses Stammeln brachte die Rothaarige nicht zustande. Er hatte ohne großartig zu zielen voll ins Schwarze getroffen.
»A-also ... nicht direkt ... es war eher so ... das«
Holla die Waldfee, wie sollte sie sich nur aus der Situation retten?
Und wo zum Henker war das blöde Wildschwein, wenn man es mal brauchte?!
»Du hattest einen Traum, daran gibt es nichts, was peinlich sein könnte«, versuchte er sie ein wenig zu beruhigen, doch sie lachte nervös auf.
»Ohha, glaub mir. Der Traum war es. Also eigentlich war er es nicht, ... nicht sofort, zumindest.«
Langsam lichtete sich der Schleier aus Fragezeichen und Aomine ahnte was ihr dieses eigenartige Verhalten eingebrockt hatte.
»Ich werde dir jetzt ein paar Fragen stellen und das Schöne daran ist, du brauchst mir nicht einmal antworten, weil ich es einfach aus deiner Mimik lesen werde«, sagte er und zog sie etwas näher zu sich.
»Ich bin besser geworden im Lügen, also stell es dir nicht so einfach vor«, versuchte sie sich ein weiteres Mal zu retten und scheiterte schon jetzt kläglich daran.
»Du hast also geträumt, hm? Wenn es etwas war, dass dich so beschäftigt hat, dass du es an mir auslassen wolltest, konntest du eigentlich nur von mir geträumt haben, oder?«
»Naja, eigentlich nicht, oder? Da du mir ein paar schlaflose Nächte bescherst«, versuchte sie abzulenken.
»Klappe halten.«
Bei dem rauen Ton blieben ihr buchstäblich die Worte im Halse hängen und dadurch, dass er sich ihr näherte, hatte seine Fragerei etwas viel bedrohlicheres an sich, als sie sich eingestehen wollte.
»Ich gehe einfach mal schlicht davon aus, dass der Traum eher erotischer Natur war. Sonst wärst du hinterher nicht so offensiv gewesen, geradezu angriffslustig in der Hinsicht.«
Um seinen Worten den gewünschten Nachdruck zu verleihen führte er sie geschickt mit den Rücken gegen einen Baumstamm. Das war gekonnt eingefädelt, denn nun konnte sie nicht ohne Weiteres abhauen. Und das hatte sie definitiv vor, alles an ihrer Körpersprache schrie „Flucht" und ihre Mimik verriet klar und deutlich, dass sie unter ihrer Stirn fleißig daran arbeitete, wie sie abhauen konnte.
Aber nicht mit ihm. Sie wich ihm aus? Schön, dann ging er eben direkt auf sie zu, so einfach war das.
»Das hat ja ziemlich lange angehalten. Demnach war es ja ein ganz schön intensiver Traum.«
»Du machst dir kein Bild«, entfuhr es ihr nervös und sie spürte wie ihre Handflächen feucht wurden und sich ihr Herzschlag beschleunigte. Was würde sie alles dafür geben, dass dieses Gespräch nicht stattfände? Ach, wie sehr sie sich plötzlich diesen Keiler herbeiwünschte.
Bestimmend legte er seine Fingerspitzen auf ihre Lippen.
»Ich hab gesagt du sollst still sein.«
Und just in den Augenblick schaltete ihr Herz noch einen Gang höher. Hoffentlich hörte er es nicht schlagen, das hämmerte ja ihr schon in den Ohren.
»So wie du zu dem Zeitpunkt reagiert und dich kurz danach wieder verhalten hast, würde ich fast darauf tippen, dass ich etwas mit dir angestellt habe, was nicht so lief wie du wolltest und du wolltest dann bei mir schlicht den Part abändern. Vielleicht hast du auch noch gedacht, dass du schläfst als du schon bei mir warst, wer weiß. So wie du dich verhalten hast, kommt das bestimmt nur alle Jubeljahre vor.«
Verdammt, es kribbelte schon wieder in ihrem Unterleib. Dieser verdammte Bastard, das durfte doch alles nicht wahr sein.
Etwas fassungslos darüber, dass er so genau ins Schwarze traf, holte sie erschrocken Luft, sie hatte gar nicht mitbekommen, wie sie aufgehört hatte zu atmen.
Sachte glitt seine Hand nun von ihren Lippen und über ihr Kinn, welches er leicht anhob, damit sie ihm direkt in die drohenden blauen Augen blicken konnte.
Vermutlich würde sie jeden Augenblick einen Herzinfarkt erleiden, aber das Risiko schien er wohl eingehen zu wollen.
»Vielleicht willst du mir doch irgendwann erzählen, was ich in den Traum mit dir angestellt habe, schließlich schien es nicht gänzlich unangenehm gewesen zu sein.«
»Ganz bestimmt nicht«, hauchte sie entsetzt. »Das nehme ich mit ins Grab.«
»Warum denkst du sollst du den Mund halten, hm?«, fragte er rau. »Weil du ganz gezielt und überlegt nur Lügen von dir gibst und mich versuchst zu verarschen, aber deine Körpersprache ist eine ganz andere und sagt wesentlich mehr aus.«
Das saß!
Verdammt, konnte der Mann Gedanken lesen?!
»Ich werd dir nicht absichtlich weh tun und ich werde auch versuchen deine Grenzen nicht wissentlich zu überschreiten, aber du musst mir auch etwas entgegen kommen. Wie soll ich denn sonst wissen, wofür du dich öffnest und wofür nicht?«
Langsam ließ er wieder von ihr ab, aber ihr Puls blieb noch immer im roten Bereich. Nur langsam beruhigte sich ihr Gemüt wieder. Sie konnte ihm einfach nicht sagen, was sie geträumt hatte und was für ein Teufel über sie gekommen war. Das war ihr viel zu peinlich, es würde ihre Grenzen deutlich überschreiten. Aber was für Grenzen? Er sagte ja, dass er nichts ohne ihr Einverständnis tun würde. Vielleicht war das genau ein Punkt, vielleicht wollte sie einfach, dass man bei ihr ein wenig nachhalf, ihr einen kleinen Schubs gab.
Aber das würde sie nie im Leben zugeben.
Niemals.
Ein versöhnliches Lächeln legte sich auf seine Lippen und er tätschelte ihr kurz sanft die Wange.
»Du bist echt nicht einfach«, sagte er und nahm sie an die Hand.
»Wo bliebe denn da die Herausforderung«, entgegnete sie ein wenig trotzig und kleinlaut.
Das entlockte ihm ein leichtes Lachen.
»Da hast du wohl Recht. Aber das Thema mit deinem Traum ist noch nicht vom Tisch, Hexe.«
Etwas genervt seufzte sie und sah sich in der Dunkelheit um.
Blödes Wildschwein. ...

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Alter Ego
Fanfic[Fortsetzung zu "Camera Obscura"] Nachdem sich mehr oder weniger der heimtückische "Alltag" bei Aomine und Haruka eingeschlichen hat, kommt es für die beiden sonst so verbal-schlagfertigen Streitsuchtis richtig dicke. Denn ganz unerwartet scheint si...