Eifersucht ist eine Leidenschaft, ...

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Was sagte man denn dazu? Die Grippewelle war überstanden, die Ferien vorbei, der Wintercup war es ebenso und Kagami-chans Bruder war so gut gelaunt wie seit Jahren nicht mehr. Gegen aller Erwartungen hatte doch wirklich Seirin den Sieg abgeräumt und gegen Rakuzan gewonnen. Natürlich herrschte danach kurzzeitig Ausnahmezustand, aber der Sieg war wohl verdient. Kaiou hatte einen Artikel darüber geschrieben der es in sich hatte. Das war das Spiel des Jahres, aber dennoch hieß es nicht, dass sich die Jungs auf ihren Lorbeeren ausruhen konnten. Dafür sorgte Riko schon.
Die armen Jungs, sie konnten einem wirklich leid tun ... fast ... wenn man denn die Zeit hatte sie zu bedauern.
Derweil hatte Kagami Haruka ganz andere Sorgen. Die allseits beliebte Klassenfahrt stand an, ... nur, dass sie überhaupt kein Fan davon war. Das Trainingscamp im Jahr davor hatte ihr schon alles an Reisetauglichkeit abverlangt, aber immerhin war das Anreisen mit dem Bus ein wenig reibungsloser vonstatten gegangen.
Viel interessanter fand sie die Tatsache, dass sich die Unterkunft der Klassenfahrt und die des Trainings-camps erstaunlich ähnelten. Gleicher Baustil, gleiche Atmosphäre ... und ein paar hundert Meter weiter ein kleiner Friedhof. Das Schöne an dieser Herberge war allerdings, dass es sich mitten in einem kleinen Wald befand, der an einem Schrein angrenzte.
Und die Klassenstufe war keinen halben Tag dort angekommen, hatte sich kaum häuslich niedergelassen, da kam der Klassenlehrer schon mit einer langen Liste angelaufen.
Besuch bei den örtlichen Schreinen, Besuch des angrenzenden Dorfes und anderweitigen Beschäftigungen, die sich die Schüler selbst aussuchen konnten. Und ganz oben auf der Liste stand „Nachtwanderung".
Warum um alles in der Welt war alles so versessen darauf im Dunkeln durch einen Wald zu spazieren? Es war ein Wald, den konnte man sich auch am Tage anschauen.
Dieses Interesse ihrer Mitschüler konnte Kagami-chan nicht ganz nachvollziehen. Wenn sie im Dunkeln durch einen Wald marschierte war es, damit sie ein paar Fotos schießen konnte, nicht um sich zu gruseln. Das war doch alles Hausgemachter Blödsinn. Aber ok, wenn sie es wollten, warum nicht?
Das die Herberge groß genug war um alle drei Klassen der Klassenstufe unterzubringen, kam Momoi Satsuki und Kaiou Suki natürlich nur gelegen.
Die drei Musketiere.
Und sofort setzten die drei Mädchen sich vom Rest ab und hatten es sich auf der Terrasse gemütlich gemacht. Es war zwar für Frühlingsverhältnisse noch etwas frisch, aber da die Sonne schien, konnte man es verkraften.
»Krass wie die Zeit vergeht«, sagte die Azurblauhaarige plötzlich und strich sich eine lange Haarsträhne hinter ihr Ohr.
»Stimmt wohl. Erst freut man sich Monatelang auf etwas, wie zum Beispiel die Klassenfahrt und dann ist es plötzlich soweit. Der Wintercup ist vorbei, Wakamatsu ist Kapitän und die Jungs bereiten sich schon auf das Frühlingsturnier vor«, sagte Momoi.
»Das Wakamatsu der neue Kapitän ist glaub ich noch immer nicht. Ausgerechnet er. Ich bin ja mal gespannt, was das wird«, sagte der Rotschopf, während sie in ihrer Tasche kramte und offensichtlich etwas suchte.
»Wird schon. Ich denke die Entscheidung wurde nicht ohne Grund getroffen. Aber schade ist es dennoch, dass die Jungs aus dem dritten Jahr weg sind«, sagte Kaiou und sah zu, wie Kagami-chan in ihrer Tasche herumwühlte.
»Ich bin ja mal gespannt was für Larven Anfang des nächsten Schuljahres ins Team kommen«, feixte der Rotschopf und zog endlich etwas aus der Tasche hervor, was aussah wie eine kleine Digitalkamera.
»Du bist gehässig. Du hoffst doch nur, dass Aomine-kun den Frack voll bekommt«, sagte die Journalistin und musste ebenfalls etwas grinsen.
»Ist es gemein wenn ich das mit „Ja" beantworte?«, sagte sie und reichte ihrer blauhaarigen Freundin die kleine Kamera.
»Was soll ich damit?«, fragte diese.
»Für den Fall, dass ich nicht in der Nähe bin wenn etwas Spektakulär langweiliges passiert, kannst du selbst draufhalten.«
»Aber ...«
»Nichts „aber". Zur Weihnachtsfeier hast du ja nun schon fleißig geübt, oder?«
Angestrengt überlegte Kaiou und nahm schließlich die Kamera entgegen.
»Sie meint die Fotos, die nicht von ihr waren, Suki-chan«, mischte sich nun Momoi ein.
»Oh, also hast du sie doch gefunden?«, fragte die Blauhaarige.
»Komischer Weise sind sie mir auf der SD-Card nicht aufgefallen, erst als ... naja ...«, etwas unschlüssig druckste Kagami-chan um eine Antwort herum, bis Momoi sie freundschaftlich in die Rippen stieß.
»Dai-chan hat ihr die anderen Fotos gebracht.«
Überrascht sah Kaiou ihre beiden Freundinnen an.
»Wirklich? Ich meine ... du hast die Bilder gesehen?«
»An der Perspektive musst du noch etwas arbeiten und die Belichtungszeit in solch dunklen Räumen ist auch etwas anders, weshalb sie natürlich etwas dunkel geworden sind und du keinen Blitz benutz hast, weil die Fotos aussehen als wären sie heimlich geschossen worden und ...«
Nun stieß Momoi ihr weniger Freundschaftlich den Ellenbogen in die Seite und sah die Rothaarige böse an, doch diese grinste Kaiou nur an und musste schließlich leicht kichern.
»... danke Suki.«
Da hellte sich das Gesicht der Journalistin auf.
»Gern geschehen.«
Aomine hatte damals von Momoi nicht nur das Bild mitgenommen, welches Kagami-chan sich von ihm auf hinterhältige Weise ergaunert hatte, sondern noch zwei weitere, die Kaiou gemacht hatte, in einem unaufmerksamen Moment. Als weder die Fotografin noch der Power Forward etwas ahnten und in diesem Moment ... nicht gestellt, unverfälscht oder erzwungen, saßen sie nur beieinander und hatten sich ein kurzes Lächeln geschenkt. Eine kleine beiläufige Geste, eine eigentlich nichtssagende Mimik, die für beide Bände sprach. Inmitten der anderen, einfach da sein, froh sein ... beieinander.

Leider hielten diese ruhigen Minuten nicht lange an. Denn es war schon wieder Ärger auf dem Vormarsch. Nicht, dass es die Rothaarige irgendwie interessiert hätte, aber es gab selbst bei ihr Grenzen die man nicht überschreiten sollte. Egal wie sehr sie sich anstrengte, wie gleichgültig und gefasst sie nach außen wirkte. In ihrem Inneren sah es ganz anders aus und ihr kleines Ich setzte dem Ganzen die Krone auf, indem es sich in seine feinste Kampfmontur warf, die schusssichere Weste überzog, den Fronthelm aufsetzte und sich mit einer AK47 bewaffnete. Auf in den Kampf. Liebe war Krieg. Und das schien zumindest ihr kleines Ich verinnerlicht zu haben.
»Abartig wie die anderen vor sich hin geifern«, motzte die Rothaarige und warf ihren Klassenkameradinnen vernichtende Blicke zu, was Momoi belustigt auflachen ließ.
»Du weist, dass er noch immer ziemlich begehrt bei den anderen Mädchen ist, oder?«
»Ja«, knurrte Kagami-chan und verteilte weiter fleißig tödliche Blicke, bei dem einige eigentlich schon spontane Schlaganfälle hätten erleiden müssen. »Aber trotzdem können die aufhören zu sabbern.«
Plötzlich schlich sich ein schmieriges und wissendes Lächeln auf die Lippen der rosahaarigen Managerin.
»Du bist eifersüchtig«, säuselte diese feststellend und trank weiter ihren Saft.
Mit zu Schlitzen verengten Augen, stierte Kagami-chan ihre Freundin an.
»Ich bin nicht eifersüchtig«, brummte diese. »Es ... stört mich eben ein wenig zu sehen, wie die anderen ihm hinterher schweben. Dass die sich nicht schämen.«
Kichernd klopfte Momoi der Größeren auf die Schulter.
»Das nennt man Eifersucht
Uneinsichtig brummend wich die Fotografin dem belustigten Blick Momois aus und befasste sich wieder mit ihrer Kamera.
Unerhört, wie die sich anbiederten. Das ließ ihren Blutdruck gefährliche Dimensionen annehmen und ihn viel zu schnell und brutal ansteigen. Zähneknirschend stellte sie ihre Kamera für die Nachtaufnahmen ein und versuchte nicht mehr daran zu denken, aber es war schwerer das Ganze zu verdrängen, als sie dachte.
Und als diese Biester auch noch frech kicherten und weiter auf Aomine deuteten und ihn mit ihren Blicken ausziehen wollten, machte es kurz ... KNACK und die Plastikkappe ihres Objektivs war kaputt.
Laut lachend stand Momoi neben ihr und hielt sich sogar den Bauch.
»Also wenn du nicht das Paradebeispiel von einer eifersüchtigen Freundin bist, weiß ich nicht, wie man das sonst beschreiben sollte.«
»Ich bin nicht eifersüchtig«, behaarte die Rothaarige weiter darauf, bis Kaiou ankam und ihr kumpelhaft auf die Schulter klopfte.
»Das wird sich spätestens beim Loseziehen zeigen. Die Losschale für die „Nachtwanderung" ist schon fertig, die Namen im Topf.«
„Nachtwanderung". Das war nur das Codewort für „Mutprobe". Sie konnte sich nicht erklären, wieso die Leute immer so scharf darauf waren, bei Nacht durch einen Wald oder über einen Friedhof zu gehen. Ok, zugegeben, sie war kein sehr abergläubiger Mensch. Glaubte nur an das, was sie sehen und anfassen konnte, aber das war so bescheuert, dass sie hoffte zumindest ein paar schöne Nachtaufnahmen machen zu können. Und wer wusste, vielleicht konnte sie sich bei Aomine rächen, dafür, dass er so eine verflucht anziehende Wirkung auf die anderen Mädchen hatte.
Dieser kleine vermaledeite Bastard!
Noch immer brennend vor Eifersucht zerknirschte sie den kläglichen Rest ihrer Objektivkappe, die nun in noch mehr kleine Teile zerbrach.
Wenn Kaiou und Momoi nicht genau wüssten was in ihrer Freundin vorginge, wüssten sie nicht, ob sie laut loslachen oder sich sorgen sollten.
Das der Rotschopf mal solche Gefühlsregungen zeigen würde, darauf waren selbst ihre beiden Freundinnen nicht gefasst.
Verdammt, was bildeten diese Miststücke sich aber auch ein?!
Wie sollte man denn auch anders reagieren? Sie hingen an ihn wie die Kletten, wie verdammte Schatten. Egal wohin er ging. Sie kam ja gar nicht mehr an ihn heran. Da gingen sie schon in die selbe Klasse, wer wusste schon wie lange noch, weil jährlich die Klassen neu zusammengestellt wurden, befanden sich auf Klassenfahrt und sahen sich noch seltener als sonst. Das war doch der absolute Witz.
Aber was regte sie sich darüber auf? Ändern konnte sie es doch sowieso nicht. Viel mehr beschäftigte sie die Frage mit wem der Jungs sie wohl in diesen blöden Wald musste.
Das konnte ja was werden.

Als die Nacht angebrochen war ging eine ihrer Klassenkameradinnen herum und hielt den Jungs eine kleine Plastikschale mit Zetteln entgegen. Als der erste der Jungen einen der Zettel entfaltet hatte sah sie, dass die Zettel farblich markiert waren. Das hieß, dass die Mädchen wohl die dazugehörige Farbe ziehen mussten.
Wie bescheuert war das denn? Konnten die nicht einfach Zahlen drauf schreiben?
Und genau das hatten sie wohl auch getan. Da manche Farben zwei bis dreimal vergeben waren, standen auf manchen Zetteln Zahlen oder Buchstaben. Das durfte doch nicht wahr sein. Und sie zog doch glatt „orange neun". Verstohlen sah sie sich um und versuchte auszumachen, wer ebenfalls „orange neun" gezogen hatte. Sollte sie vielleicht das Glück haben und keinen Partner gezogen haben? Das wäre ja mal was. Doch plötzlich tippte sie jemand an der Schulter an und ein höffliches „entschuldige" kam ihr entgegen.
Sakurai.
Ernsthaft?
»Kagami-san, ich glaube wir beide sind in einer Gruppe«, sagte Sakurai etwas verschüchtert.
Das war doch mal Glück, es hätte sie wesentlich schlimmer erwischen können.
Mit einem ehrlich gemeinten ehrleichterten Lächeln nickte Kagami-chan ihm zu. Sakurai war in Ordnung, ein wenig schüchtern und etwas naiv nervig, aber nett und damit konnte sie ganz gut leben.
Momoi die neben ihr stand stöhnte genervt auf.
»Verdammt, ich hab Yamazaki-kun. Ätzend«, schnaubte sie und machte gute Miene zum bösen Spiel, indem sie ihm ein scheinbar nettes Lächeln schenkte.
»Lust zu tauschen?
»Es wird nicht getauscht«, herrschte sie da plötzlich eine andere weibliche Stimme an. Da verstanden ihre Klassenkameradinnen keinen Spaß. Gelost war gelost.
Erwartungsvoll sahen Momoi und Kagami-chan ihre Freundin Kaiou an, die genervt die Augen verdrehte.
»Tenou-kun, scheiße wie ich den hasse.«
»Augen zu und durch.«
»Du hast leicht reden, Ha-chan, du hast Sakurai«, grummelte Kaiou und schüttelte sich. »Boar, und schon hab ich keine Lust drauf.«
»Versuch ihn einfach im Wald loszuwerden«, sagte Momoi tonlos. »Ich arbeite schließlich auch gerade an einem Plan.«
»Ihr seid irgendwie gemein. Und da meinen die Leute ich wäre fies, die kennen euch noch nicht«, murrte die Fotografin.
»Wir sind flexible, wir fallen jedem mal in den Rücken«, entgegnete Kaiou nüchtern und zuckte mit den Schultern.
Plötzlich weckte etwas ganz anderes ihre Aufmerksamkeit. Am Rande bekamen die drei Mädchen mit, wie eines der anderen Mädchen fast einen Freudentanz zelebrierte und durch die Schülerreihe schwebte.
»Soll ich mal stumpf drauf los raten, wen sie gezogen hat?«, meinte Kagami-chan tonlos, was ihr ein synchrones Kopfschütteln einbrachte.
»Wir ahnen es selbst bereits«, war Kaious Antwort, woraufhin sie der Rothaarigen kumpelhaft auf die Schulter klopfte. »Ruhig Blut, Red-Head. Es wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird.«

Leider behielt Kaiou damit nur bedingt Recht. Mit Sakurai im Schlepptau und einem Zeitunterschied zu den vorangegangenen „Pärchen", von etwa fünf Minuten, lag der Wald definitiv zu ruhig da. Irgendwie fehlten die gewohnten nächtlichen Geräusche die einen Wald ausmachten. Ein Rascheln hier, ein schmatzendes Geräusch von Igeln und Waschbären dort. Das Scharben nach Essbarem. Das leise Summen von umherfliegenden Insekten. Es war viel zu ruhig. Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass die Schulklasse eine fiese Unruhe in den Wald brachte, welches die Tiere verscheuchte.
Klasse und das obwohl sich die Fotografin auf ein paar niedliche Fotos von Nachtschwärmern gefreut hatte. Aber man konnte nicht alles haben. Viel mehr beunruhigte sie, dass Sakurai auffallend ruhig und angespannt war. Sie gingen doch nur spazieren, wieso hatte er denn so eine Angst?
»Sakurai? Alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Ja, ... klar. Entschuldige, aber mir ist das nicht sonderlich geheuer.«
»Es ist nur ein Wald.«
»Kennst du denn nicht die Geschichte die diesen Wald, die Herberge und den Friedhof beinhaltet?«, fragte er kleinlaut und sah sich weiter verstohlen in der Dunkelheit um. Die Tatsache, dass er eine Taschenlampe in den Händen hielt, schien ihn wohl nicht im Geringsten zu beruhigen oder Trost zu spenden.
»Nein und ehrlich gesagt gebe ich darauf nicht viel. Ich dachte eigentlich ich könnte die Gelegenheit für ein paar schöne atmosphärische Nachtaufnahmen nutzen, aber die anderen verbreiten so eine Unruhe, dass sich wohl kein Tier blicken lassen wird.«
»Die anderen sind auf Geisterjagt und du willst Tiere fotografieren?«, fragte der Shot Guard nun etwas verdattert.
»Geisterjagt? Sei nicht albern. Geister gibt es nicht und jetzt komm weiter. Umso schneller wir das hinter uns gebracht haben, umso eher kann ich mein eigenes Ding durchziehen.«
»Du scheinst da ziemlich Schmerzfrei zu sein, oder Kagami-san?«
»Ich versuche es zumindest.«
Plötzlich erklang ein lauter kreischender Mädchenschrei aus der Tiefe des dunklen Waldes. Die Äste der Bäume schienen sich plötzlich gefährlich zu den beiden Schülern herab zu beugen und schon hatte der Wald etwas Bedrohliches und Unheimliches an sich. Was ein Schrei so alles bewirken konnte? Bis ins Mark erschrocken hatte Sakurai sich mit einem Ausfallschritt hinter Kagami-chan versteckt und sah verschreckt über ihre Schulter. Da sie etwas größer war als er, fühlte er sich vermutlich schlicht sicherer hinter ihr statt vor ihr.
»Die erlauben sich schlicht einen Spaß mit uns, reg dich ab.«
»Aber dieser Schrei ...«
»Ganz genau, dieser gestellte vorhersehbare Schrei. Komm schon, lass uns weitergehen.«
Doch so gelassen und gleichgültig wie der Rotschopf tat, war sie nun wirklich nicht. Das Sakurai so offensichtlich Angst zeigte, beruhigte sie nun gleich gar nicht. Furcht war ansteckend und gerade in solch einer Umgebung, wo alles was knackte, oder raschelte ein Tier oder etwas anderes sein könnte, war es mehr als beunruhigend. Aber viel spielte sich auch einfach in der Fantasie ab. Das Hirn spielte einen allerlei dumme Streiche und das wusste die Fotografin, ... nur minderte dies nicht das unangenehme Gefühl, welches sich über ihren Rücken schlich.

Kaiou war in der Zeit auch ziemlich gelangweilt. Ihr Partner Tenou war ein Macho wie er im Buche stand. Dachte er könne und wisse alles und bekam was er wollte und sah nicht mal gut aus. Schönheit lag zwar im Auge des Betrachters, aber er konnte es sich wirklich nicht leisten, so große Töne zu spucken, schon gar nicht in diesem Moment. Denn auch sie hatte den Schrei gehört und auch sie war, zumindest nach außen, ruhiger als er. Was war nur mit den Männern los? Genervt stöhnte sie auf und ging weiter. Das konnte ja was werden. Doch plötzlich erschien eine seltsam schillernde Silhouette wenige Meter vor den beiden. Nun gefror auch augenblicklich das Blut in Kaious Adern und sie erstarrte mitten im Gehen. Auch Tenou schien es gesehen zu haben und leuchtete sofort mit der Taschenlampe auf die Stelle, doch nichts war dort zu sehen.
»Hast du das auch gesehen?«, fragte er im Flüsterton.
»Ach was, das wird eine Spiegelung gewesen sein. Schließlich sind wir hier nicht alleine, wer weiß wo der Lichtstrahl her kam«, stammelte Kaiou wenig überzeugend.
»Komm, wir sollten das Ganze nicht zu lange rauszögern«, sagte Tenou und zog die Azurblauhaarige am Arm mit sich.
»Moment mal, du gehst in die falsche Richtung!«

In der Zwischenzeit hatte sich Momoi erfolgreich von ihrem „Partner" getrennt und ging nun unbeirrbar durch den Wald und steuerte den Rückweg an. Das war so lächerlich, aber was blieb ihr anderes übrig? Ihr blieb nur die Option das Ganze abzukürzen und Phase Eins war mit Bravour abgeschlossen, nun musste sie nur noch zurück und damit war die Sache erledigt. Doch so einfach wurde ihr das leider nicht gemacht. Nicht unweit von ihr knackte es laut in einem der umliegenden Sträucher und sie fuhr erschrocken herum.
Ganz ruhig, das sind ganz normale nächtliche Waldgeräusche, sprach sie sich gut zu und ging langsam weiter. Bis das Rascheln und Knacken lauter wurde und nicht mehr so einfach zu ignorieren war.
Dein Hirn spielt dir einen Streich. Das wird ein Waschbär sein, oder eine Maus. Wer weiß was hier sonst noch so herumkreucht und fleucht. Nachtaktive Tiere, mehr nicht.
Doch gerade als sie mutig einen Blick hinter sich wagen wollte, erschauderte sie und ließ einen spitzen markerschütternden Schrei verlauten.

»Da war es schon wieder«, entfuhr es Sakurai kleinlaut und er krallte sich förmlich in Kagami-chans Ärmel. Zugegeben, langsam beunruhigte sie es auch. Der Schockmoment war zwar lausig und wirklich schlecht inszeniert, aber von einer entspannten Atmosphäre konnte nun wirklich nicht mehr die Rede sein.
Plötzlich tauchte vor den beiden Schülern ein kleiner breiter Schatten auf und die Geräuschkulisse hatte sich auch geändert. Es knarrte leise und es hörte sich an, als ob etwas über den Waldboden lief und da die beiden Schüler mitten im Lauf erstarrten, waren es zumindest nicht ihre Schritte.
Mutig hob Sakurai die Taschenlampe auf den Schatten.
»Ach du Scheiße«, raunte die Fotografin erschrocken und blickte auf das Tier welches sich aus der Dunkelheit schälte.
Das war wesentlich schlimmer als ein Geist und durchaus gefährlicher.
»Ein Wildschwein«, sagte Sakurai ehrleichtert, doch da hatte er sich leider zu früh gefreut.
»Wildschweine sind wahnsinnig gefährlich«, flüsterte Kagami-chan nervös und machte ein paar vorsichtige Schritte zurück. »Und das sieht auch nicht sonderlich freundlich aus.«
»Und nun?«, wollte der Braunhaarige wissen, doch das Wildschwein nahm den beiden die Entscheidung ab und stürmte auf die Schüler zu.
»Beine in die Hand und weg!«, entfuhr es der Rothaarigen und die beiden liefen als sei der Leibhaftige hinter ihnen her. Über Stock und Stein rannten sie, wobei Kagami-chan einen deutlichen Nachteil hatte, da sie nicht so sportlich war wie Sakurai. Aber dafür war sie gut im Klettern.
»Sakurai lauf du weiter, ich geh eine Etage höher.«
»Kagami-san ... was?«, doch da war die Rothaarige schon auf den erstbesten Baum zugerannt, sprang kurz ab und zog sich mit all ihr von Mutter Natur gegebenen Kraft an dem Ast empor. Was ihr unter großer Anstrengung und Mühe auch gelang. Also befand sich nicht nur Wackelpudding in ihren Ärmchen.
Erschöpft klammerte sie sich an den Stamm und ließ sich auf dem Ast nieder.
»Sakurai, lauf! Oder klettere auch irgendwo rauf!«
Leider kam der Tipp viel zu spät und der Spieler rannte weiter bis die Fotografin ihn weder sehen noch hören konnte.
Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und ihre Hände zitterten vor Angst. Verdammt, Wildschweine. Das sie nicht viel eher daran gedacht hatte. Leider stellte sie mit viel größerem Entsetzen fest, dass ihre Kamera weg war. Sie schien sie wohl in der Eile irgendwo verloren zu haben. Na toll, wenn die Klassenfahrt schon so anfing. Ätzend.
Genervt seufzte sie auf. Sie sollte wohl noch eine Weile hier sitzen bleiben und hoffen, dass es Sakurai gut ging.


A/N, oder Klugscheißerei XD
Wer meint ich übertreibe, dem sei gesagt das Wildschweine wirklich wahnsinnig gefährliche Tiere sind. Gerade wenn sie Junge haben, sind sie verteufelt angriffslustig. Es ist nicht zu spaßen wenn ein solches Tier vor einem steht. Das kommt vielleicht nicht sonderlich oft vor, da sie sehr scheu sind, aber es kann ziemlich übel enden. Auf Grund vieler Erfahrungsberichte (und auch eigener Erfahrung), kann ich nur sagen, dass wenn man genug Zeit und Geduld besitzt, ein Baum eine wirkliche Alternative zu wegrennen bildet. Also falls ihr doch mal, aus welchem Grund auch immer, im Wald seid und euch wirklich mal ein Wildschwein begegnet, spielt nicht den Helden, das kann im schlimmsten Fall ganz übel enden.
Wenn man allerdings in einem Auto sitzt, gibt der Klügere nach.

So, aber nun zu etwas weniger ernstem. Ich hoffe ihr fandet das Kapitel nichtsdestotrotz unterhaltsam und hattet euren Spaß beim lesen :D
Ich muss ehrlich sein, mir hat es Spaß gemacht, klar war wieder viel Klischee drin und vor allem viel Vorhersehbares, aber das muss halt auch mal sein.
 eure Jo ^_^

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