Er würde mich töten. Eine Drohung die ich in den letzten zwei Tagen schon zum tausendsten Mal gehört hatte.
"Ich weiss es nicht.", hauchte ich nur. Ich wusste es wirklich nicht. Ich wurde einfach entführt und festgehalten.
Er stand auf und ich sah zu ihm. Was würde er tun? Hatte er kein Herz? "Ich wurde entführt von Piraten und der Grund dafür weiss ich nicht.", sagte ich diesmal mit etwas lauterer Stimme.
Er sah mich nur an. Auf seinem Gesicht lag einen Schatten und somit konnte ich ihn nicht richtig erkennen. "Weisst du etwas von den drei Königen?", fragte er weiter und ich schüttelte den Kopf. Er drehte sich um und wollte verschwinden. Sofort stand ich auf und lief ihm hinterher, dabei schloss er die Tür direkt vor meiner Nase. "Bitte lasst mich leben. Ich möchte nur nach Hause.", bat ich und sah ihn an. Dabei konnte ich sehen das er nicht so alt war wie die anderen die ich bisher sah. Er sah auch nicht so böse aus. Ich legte meine Hand auf seine und flüsterte: "Bitte"
Er zog seine Hand nur weg und lief die Treppen hoch. Ich drehte mich wieder um und sah wie nur eine kleine Decke auf dem Boden lag. Ich legte mich daher auf den Boden, so weit wie möglich von der Tür weg, und deckte mich zu. Ich blieb alleine und bemerkte wie müde ich eigentlich war. Wenig später fielen meine Augen zu und ich schlief.
Erst als laute Geräusche am nächsten Morgen ertönten, wachte ich auf. Sofort wich ich bis zur Wand zurück, als ich ein paar Männer an der Tür sah. "Sie sieht so schön aus und am liebsten würde ich sie anfassen.", sagte einer und die anderen stimmten ihm zu. Alle hielten ihre Armen durch die Gitterstäbe, während ich nur hoffte nicht angefasst zu werden. Ich konnte bis hier hin der Gestank der Männer riechen und ihre Hände waren voller Dreck.
Einer schaffte es mich am Bein zu packen und grunzte laut los, während die anderen wie wilde Tiere applaudierten. Ich kickte die Hand mit meinem Fuss weg und zog mein Bein nahe an meinen Körper.
Plötzlich ertönte eine laute Stimme, die schrie: "Männer an die Arbeit. Ich habe gesagt das sie nicht angefasst wird!"
Die Angst in deren Augen konnte ich erkennen und schnell liefen alle die Treppe hoch. Nur noch der Mann von gestern blieb stehen und stand vor der Tür mit verschränkten Armen.
"Du darfst kurz an die frische Luft. Land ist Meilen weit nicht in Sicht, also rate ich dir davon ab ins Meer zu springen.", kam es ernst von ihm und im nächsten Moment holte er den Schlüssel raus und machte die Tür damit auf. Zuerst blieb ich noch sitzen, dachte es sei eine Falle. Langsam rappelte ich mich jedoch auf und strich mein Kleid glatt, bevor ich heraustrat. Ich sah kurz in sein Gesicht, welches ich in der Dunkelheit kaum erkennen konnte und lief dann weiter. Etwas wackelig schaffte ich es die Treppen hoch und mir wurde viel wohler als ich die Sonne auf meiner Haut spürte.
Vorsichtig lief ich an die Reling und hielt mich fest. Tatsächlich war kein Land am Horizont zu sehen und während ich mir einen Überblick verschaffte, starrten mich viele der Männer an. Ich ignorierte dessen Blicke und vertrat mir etwas die Beine.
Würde mein Vater mich sehen wäre er enttäuscht. Meine Haare lagen wirr auf meinem Kopf und mein Kleid war dreckig und zerrissen. Doch wahrscheinlich wäre er erstmal froh mich überhaupt wieder zu sehen und zum ersten Mal dachte ich an ihn. Dachte er, ich sei tot? Suchte er mich? Was tat Mr. Williams?
"Wissen Sie nun wieso Sie von Gilbert entführt wurden?", fragte mich aus dem Nichts der Mann von vorhin. Zum ersten Mal erkannte ich ihn richtig. Er hatte braune, etwas längere, Haare, dazu einen leichten Bart und war jünger als die anderen. Seine Augen waren dunkel und machten mir etwas angst und doch sah er mich nicht wütend an. In Gilberts Augen lag regelrechten Hass, als er mich ausfragte und schlug. Ich schüttelte den Kopf und blickte an ihm vorbei. Er atmete hörbar laut aus.
Leise sagte ich dann: "Der Pirat hat mich auch über die drei Könige ausgefragt und eine Karte gezeigt, doch ich wusste nichts davon." Er kam einen Schritt näher und sofort blickte ich ihn wieder an. Er sah mir tief in die Augen und zog währenddessen an einem unüblichen Ort etwas raus. Er zeigte darauf und fragte: "Diese Karte?"
Ich nickte, als ich sie sah, und drehte mich schnell wieder um. "Du hast also etwas mit einem Schatz zu tun. Wenn ich du wäre, würde ich mich wieder erinnern." Er machte eine Pause und trat so nahe an mir, das ich ihn am Rücken fühlte und drohte: "Ansonsten musst du wohl nach Hause schwimmen."
Ich hielt die Luft an und drehte mich zu ihm um. Woher dieser Mut plötzlich kam wusste ich nicht. Ich war zwar immer impulsiv, aber bei Piraten oder Gefahren hielt es sich meist in Grenzen. "Das wäre wohl ungeschickt, da Ihr ohne mich den Schatz nicht finden werdet."
Etwas verwundert sah er mich kurz an und sagte dann mit einem grinsen auf den Lippen: "Aber wenn wir ihn auch nicht mir dir finden, bringst du uns nichts."
Da hatte er recht. Ich glaubte sowohl auch das alles nur ein Missverständnis war. Wie sollte ich etwas mit einem Schatz zu tun haben? Ich lebte sein klein auf in dem selben Dorf und war noch nie weiter weg, als ich zu Fuss gehen konnte.
Doch ich musste einen Weg finden, so lange zu leben bis wir Land in Sicht hatten. "Wenn ich vielleicht etwas mehr über den Schatz erfahre, werde ich mich womöglich wieder erinnern."
Er zischte auf und liess mich stehen. Ich dachte ein wenig allein sein zu können, doch ich wurde sogleich gepackt und wieder ins Verliess gebracht. Da hockte ich nun und suchte nach einen Plan. Ich hatte noch nicht aufgegeben, auch wenn mir alles höllische Angst machte. Doch ich wollte zurück zu meinem Vater und John, meinem Verlobten. Mein Wunsch war es noch Kinder zu bekommen und glücklich zu sein und nicht auf See zu sterben.
Ich wollte noch leben.
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Das Geheimnis der drei Könige
RomanceFaith Brown, Tochter eines Korporal Englands, stösst unglücklicherweise auf einen Piraten Namens Henry Bonnet. Mitten auf dem Meer, umringt von der Mannschaft des gefürchteten Captain Bonnet, hat sie keine Wahl als zu bleiben. Geheimnisse werden off...