Montag.
Die Limousine fuhr wieder an, als das Tor sich hob und den Weg freigab. Auf dem Parkplatz standen bereits mehrere Autos, die so in etwa der Preisklasse waren, wie die Limousine, in der wir saßen.
Dann hielt mein Wagen quietschend. Ich machte meiner reizenden Sekretärin klar, dass sie aussteigen sollte. Dann strich ich mir die Haare zurück, sicher das mir Blicke aus den Fenstern folgen würde. Früher hatte ich es nicht gewusst, doch dann hatte ich es erfahren. Sie beobachteten die Neuankömmlinge immer genauestens, um bei möglichen Peinlichkeiten gleich das Handy zur Hand zu haben oder ein Thema zum Lästern zu haben.
Diese Leute, waren eine Scharade aus Bitches und viel zu reichen Typen, die glaubten zu wissen, was schlecht war. Dabei hatten sie keine Ahnung.
Ich war heute hier, um zu sehen, wie sich die anderen machten und wo unsere Firma stand. Hier waren Leute, die wussten, was besaufen war und die noch dazu eigene, erfolgreiche Firmen besaßen. Ich war hier, um die Konkurrenz einzuschätzen. Das war einzig der Grund, warum jemand kam.
Diesmal fand das Treffen bei Julian, einem Typ, dem die Frauen reihenweise zu Füßen lagen statt und der das nur zu gut wusste. Er war klug und arbeitete in Gefilden, die man auf jeden Fall als illegal einstufen konnte. Mit anderen Worten: Mit ihm sollte man sich nicht anlegen. Doch solange ihm niemand in seinen Geschäften in die Quere kam, war er eigentlich ganz okay. Wenn ich auf Männer gestanden hätte, wäre ich vielleicht auch auf Julian Carpes gestanden. Zum Glück tat ich das nicht. Denn von außen schien er die perfekte Wahl, aber diese Einstellung änderte sich schnell wenn man mehr erfuhr.
Es gab noch ein paar andere, wichtige und ebenso gefährliche Leute, alle anderen waren mittelmäßig und der Rest eigentlich nur zum Betrinken da.
Ich stieg aus dem Auto. Das enganliegende Kleid, für das ich mich entschieden hatte, betonte jede meiner Kurven. Gleichzeitig hielt es dem Wind stand. Als ich hinüber zu meiner süßen Sekretärin sah, bemerkte ich schmunzelnd, wie ich schon gedacht hatte, dass ihres dem Wind sehr viel weniger standhielt. Kurz glitt es beinahe über ihre Oberschenkel. Doch sie verhinderte dies mit ihren Händen. Fast ein bisschen zu hastig. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass sie ... unter dem Kleid keinen Slip trug. Aber ... mein kleines Kätzchen war dafür doch viel zu schüchtern, oder hatte ich mich in ihr getäuscht?
Sie trat mit wackligen Schritten auf mich zu. Süß. Mit einem diabolischen grinsen sah ich ihr direkt in die Augen. »Bereit auf eine ganz spezielle Party, Kätzchen?«
Ihr Blick zuckte zu dem Gebäude, sie trat weitere, zögerliche Schritte auf mich zu. Sie sah zu mir, dann hinab auf ihre Schuhe und weiter zu ihrem Kleid, dann wieder zu mir. »Habe ich eine Wahl?«
Meine Finger strichen ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, dann hauchte ich nah an ihrem Gesicht, mit einem falschen lächeln. »Du bist so klug, Kätzchen. Nein, du hast keine Wahl. Und jetzt komm. Und für jeden, der fragt: Wir sind zusammen.«
Ihre Gesichtszüge entgleisten. »Was?!«
Ich lächelte amüsiert, mein Finger strich weiter hinab. »Wolltest du dir hier etwa jemanden suchen? Glaub mir, das ist eine ganz, ganz schlechte Idee.« Ohne sie noch zu Wort kommen zu lassen, griff ich nach ihr und schleifte sie energisch mit mir mit. Unweigerlich folgte sie mir. Ihr Blick schien mich aber von der Seite förmlich zu durchbohren:
»Was mache ich hier?« Fragte sie nach einem Moment des Schweigens, indem wir nebeneinander auf das Anwesen gelaufen waren.
Mit rauer Stimme flüsterte ich, während meine Zähne wie beiläufig an ihrem Ohr knabberten. »Sag du es mir.« Ich schlang einen Arm von hinten um sie. Ich hörte sie hart schlucken. Dann nickte sie einfach und lief mit mir mit. Ich war überrascht. Doch für weitere Gespräche, blieb keine Zeit.
Wir kamen vor dem Eingangstor zum stehen. Vor uns aller teuerster Stein, der in unendliche Höhe zu gehen schien. Ich lächelte unverbindlich, als ich vor dem Türsteher stand. Ich erkannte ihn wieder. Branchor. Wir nickten uns schweigend zu, er trat zur Seite, wir durch die Eingangstüren der teuren, glanzvollen Hölle.
Der Boden unter uns glänzte wie geschniegelt, die Wände sahen genauso teuer und edel aus. Und die Decke war mit Lichterketten verziert, sodass es recht dunkel war, weil sie anderen Lichter aus waren. Es machte mir wenig aus. Es ließ eine schöne Atmosphäre aufblühen. Oder eine düstere.
Wir kamen vor eine große Treppe, die aussah, als wäre sie ein Kunstausstellungsstück. Ich betrat sie zuerst, mein kleines Kätzchen folgte mir nach kurzem Zögern ebenfalls, schien aber jeden Moment die Angst zu verspüren etwas zu zerstören, in dieser einzigen Perfektion.
Das alles hier schrie förmlich nach Reichtum und Stilvermögen. Beides traf auf Julian Carpes zu. Der Gute erwartete uns vor einer großen Flügeltür, die in einen großen Saal führte, indem unzählige Stühle standen, eine Tanzfläche und reichliche Gäste.
Der glanzvolle, späte Auftritt, entsprach nun mal der Wahrheit. Als wir ankamen, richteten sich sofort einige Augenpaare auf uns. Viele betrachteten auch meine reizende Begleitung neugierig.
Carpes betrachtete erst mich gelangweilt, bis er neugieriger sie betrachtete. Das gefiel mir überhaupt nicht. Doch ich würde ihm später noch ausführlich erklären, dass er rein gar nichts mit ihr zu tun haben würde. Er grinste mich spöttisch an. »Zu spät, ernsthaft, Scarlett? Ist das nicht ein wenig zu retro.«
»Und trotzdem wirkt es immer noch. Die Menschheit wird sich wohl nie ändern.« Meinte ich achselzuckend und zog bei seinem Aufzug eine Augenbraue in die Höhe. Wie hier alles, war auch er schwarz angezogen. Manchmal war ich mir sicher, dass er einen Schwarztick hatte. Seine Burg war schwarz. Komplett. Weshalb ich mich jedes Mal, wenn ich herkam, wie in einer Gruft fühlte.
Er drehte sich zur Menge, die uns immer noch ansah. Er grinste. »Stimmt wohl. Punkt für dich, Vanbridge.« Dann heftete sich sein Blick erneut auf Josephine. Interesse funkelte in seinen klugen wie gefährlichen Augen. »Und wen hast du da mitgebracht, Scarlett?«
Meine süße Begleitung trat nervös mit dem einen Fuß auf den anderen und schaute verunsichert zu Julian, der ihren Körper für meinen Geschmack zu intensiv betrachtete. Ich warf ihm einen scharfen Blick zu. »Sie ist Tabu.«
Er hob amüsiert die Arme. »Ganz ruhig, süße, ich hab ja gar nichts gesagt.«
»Deine Blicke sind eindeutig.« Knurrte ich. »Und jetzt lass uns vorbei.«
»Oha, das war direkt. Du triffst mich tief im Herzen, Scarlett Vanbridge.« Theatralisch hob er eine Hand an die Stelle, an der sein Herz schlagen musste. Ich war mir nur nicht sicher, ob er überhaupt eines besaß. Wobei ich diese Frage über mein Herz ebenfalls stellte. Das Körperliche hatte ich zwar, doch das war nicht wirklich das, was ich meinte. Ich lief hoch erhobenen Hauptes mit Josephine an ihm vorbei. Dabei flüsterte er mir zu. »Du wolltest doch mit den Typen sprechen. Ich komm zu dir, wenn sie da sind.«
Mit einem unauffälligen nicken gab ich zu verstehen, dass ich verstanden hatte. Laut sagte er. »Übrigens wirklich schade, dass ihr zusammen seid. Ich hätte Interesse, falls da aus euch nichts wird ...«
»Daraus wird nichts.« Gab ich zurück, ehe ich mit Josephine vom Eingang verschwand und mich mit ihr ins Getümmel stürzte.
»Wer war das?« Fragte sie sogleich verwirrt, während sie Mühe hatte, mir zu folgen. Leider teilte die Menge sich nicht. Das lag vor allem daran, dass hier die meisten schon zu stark angetrunken waren.
Ich antwortete abgelenkt, weil ich nach einer Tür suchte und zugleich nach der Bar. Durch die Tür müsste ich später. Und zur Bar wollte ich jetzt mit ihr. Endlich fand ich beides und antwortete. »Kätzchen, das war der Veranstalter dieses wunderbaren Events. Und zu deinem eigenen Wohlbefinden empfehle ich dir: Halt dich von ihm fern und tu nur Gegenteiliges, sollte ich es dir sagen.« Wir drängten uns weiter durch die Menge, während sie sich an mir festhielt.
Endlich kamen wir zur Bar. Wir setzten uns jeweils auf einen Barhocker. An der Bar stand Eddie, den ich schon von einigen, anderen solchen Veranstaltungen kannte. Ich fuhr mir mit der Zunge über die Unterlippe und bestellte dann zwei alkoholfreie Getränke. Das tat ich aus zwei Gründen. Erstens war ein betrunkenes Kätzchen keineswegs gut, weil sonst Dinge passieren konnten ... und zweitens konnte ich nicht betrunken zu dem ... Gespräch kommen, zudem ich gehen würde. Wir mussten also beide klar bleiben. Außerdem war betrinken nicht unbedingt mein Markenzeichen. Um genau zu sein, widerte mich der Kontrollverlust an. Sollten es andere tun, mein Ding war es nicht.
Mit einem Glas Limo in der Hand, wandte ich mich ihr zu. Sie starrte in ihr eigenes Glas und tippte immerzu auf das Glas. Als sie meinen Blick bemerkte, hob sie den Blick und sah mich an. Ihre zerzausten, lockige, langen hellbraunen Haare umrahmten ihr Gesicht. Ich hob den Finger und wickelte eine Strähne auf meinen Finger, während ich sie ansah. Die Musik dröhnte dabei unablässig aus den Musikboxen. Wieder einmal verwünschte ich Julian. Laute Musik gehörte zu seinen Favoriten. Auf Platz vier, um genau zu sein. Ganz oben stand sein Geschäft, danach Frauen und darauf folgte ein Geheimnis, was niemand kannte. Und was jeden brennend interessierte. Aus das er immer eine große Sache machte.
Ich vermutete ja, dass sein kleines, schmutziges Geheimnis in Form von Zellen in seinem Keller mit Frauen bestand. Ich konnte mir nicht vorstellen, was Julian sonst zu verheimlichen hatte. Dass er illegale Geschäfte machte, wusste hier so gut wie jeder. Nur traute sich niemand, etwas zu sagen, geschweige denn zu tun. Doch die meisten interessierte es sowieso nicht.
»Wann warst du zuletzt auf einer Party?« Murmelte ich an ihrem Ohr, indem ich mich an ihr Ohr beugte und mein Atem über ihre Haut strich.
Sie erschauderte und antwortete dann mit belegter Stimme. »Vier Jahre.«
»Und wie war die so?« Fragte ich sie weiter, während meine Finger sich auf ihren nackten Oberschenkel legten. Plötzlich durchfuhr mich das Verlangen, sie in die nächste Kammer zu schleifen und sie in den Wahnsinn zu bringen. In jederlei Hinsichten.
Überall.
Sie räusperte sich und nahm schnell einen Schluck ihres Getränks. »Schlecht.«
»Ach echt? Warum?« Ich begann mich wieder an ihrem Ohr zu vergehen, leckte mit der Zunge und biss mit den Zähnen.
Unruhig rutschte sie auf ihrem Hocker herum und klammerte sich krampfhaft an mir fest. »Sie. War. Einfach. Scheiße.« Stieß sie schwer atmend aus und presste die Zähne aufeinander, als würde es sie große Anstrengung kosten, nicht zu sagen, was sie wollte. Meine Neugier war geweckt.
Ich rutschte näher zu ihr und winkte Eddie genervt weg, als er in unsere Nähe kam, legte dazu einen beliebigen Schein auf die Theke. Er verschwand. Wunderbar. Ich schlang den anderen Arm um sie, kam ihr näher. »Erzähl mir davon, Kätzchen.« Meine Finger glitten in ihren nackten und strichen weiter durch ihre Haare.
Sie blickte auf, schaute direkt in meine Augen. »Warum?«
»Was bietest du stattdessen für ...« Meine Zähne fuhren über ihren Hals und ich hörte ein leises Stöhnen, was mich in meinem Tun bestätigte. »... Informationen an?«
Sie öffnete die Lippen, um sicher etwas ›nettes‹ zu sagen. Dann schloss sie ihn wieder. Und nach einer Weile sagte sie langsam, als wäre sie unsicher, ob sie mir das folgende sagen sollte. »Meine Mutter hat mich mit sechzehn danach gefragt, ob ich für sie was hätte.« Ihr Gesicht lief rot an. »Na ja ... Kondome.«
Meine Lippen verzogen sich an ihrer Haut zu einem Lächeln. »Nett. Diese Frau würde ich zu gerne kennenlernen.« Wenn ich herausfand, wer sie war ... oh, das würde ganz sicher nicht gut enden.
Sie versteifte sich. »Lieber nicht.«
Ich ging etwas auf Abstand, um in ihr Gesicht sehen zu können und sagte, mit blitzenden Augen. »Wir werden sehen. Aber jetzt sag mir doch ...« Nachdenklich legte ich den Kopf schief, während ich sie von Kopf bis Fuß musterte, obwohl ich schon auswendig wusste, wie sie aussah. Und wie es bei den prekären Stellen aussah, würde ich auch noch herausfinden. »... Wie es dich zu meiner wunderbaren Firma verschlagen hat. Freunde oder Internet?«
Ich hatte nicht vergessen, dass Josephine nicht die war, die sie ausgab zu sein. Doch auch dieses Geheimnis würde ich noch lösen. Bald. Ihr Blick zuckte plötzlich nervös durch den Raum, als überlege sie, ob sie einfach verschwinden sollte. Dann nahm sie ihr Getränk und kippte es in einem Zug herunter. Eddie gab ich zu verstehen, das er ihr nachschenken sollte. Es war schließlich nur Limo.
Als es voll war, krallte sie es sich sofort wie einen Schutzgegenstand, der sie vor einer Antwort bewahren würde. Dann atmete sie durch und sah mich wieder an. »Eine Anzeige in der Zeitung.«
Keine Ahnung warum, aber ich war mir sicher, dass sie log. Doch ich sagte nichts dazu. Ich hatte keine Ahnung, warum sie log, doch alles würde sich mit der Zeit zeigen. Ich ließ die Limo in meinem Glas langsam kreisen, mein Blick weiterhin auf sie gerichtet. »Interessant. Und ...« Bevor ich meine Frage formulieren konnte, räusperte sich jemand hinter mir. Verärgert drehte ich mich um. Dort stand Julian und grinste mich unschuldig an. Nur das er nie unschuldig war. Ich wusste, was er mir damit sagen wollte. Ich sollte gehen. Und ich hoffte sehr für ihn, er würde sich nur mit ihr unterhalten und nichts versuchen. In diesem Fall wäre ein Angriff unabdingbar. Ich bedachte ihn mit einem warnenden Blick, dann schaute ich zu Josephine.
Sie schien sich unwohl zu fühlen. Nun, von ihr würde die Initiative jedenfalls nicht kommen. Gut. Zu ihr sagte ich. »Ich komme gleich wieder. Julian wird dich währenddessen mit seiner Anwesenheit beehren. Geh mit ihm nirgendwo hin. Egal, was er sagt.« Damit bedachte ich beide mit Blicke. Julian mit warnende Blicke und mein Kätzchen mit einem intensiven Blick, der ihr die röte, in die Wangen zauberte. Oh Fuck, wie sehr ich jetzt lieber mit ihr alleine in einem Raum sein würde, als zu diesen beschissenen Losern zu gehen.
Doch, das Leben war kein Wunschkonzert. Ich nahm meine Limo, trank sie in einem Zug leer und stellte sie dann hart auf den Tresen, bevor ich im Gewusel verschwand, immer die Tür im Blick, auf die ich zusteuerte. Ich drängte mich an tanzenden Körpern und betrunken herumlaufenden Leuten vorbei, während mir der Geruch von Parfüm, Schweiß und anderen Gerüchen, über die ich lieber nicht so lange nachdenken wollte, in die Nase fiel.
Mit entschlossenen Schritten fand ich mich schnell vor der Tür stehend wieder. Ich öffnete sie langsam. Ein düsteres Flair erwartete mich. Kerzen standen überall herum genau wie Fackeln. Rauer Stein stellte die Wand dar. Hier sah es wahrlich aus wie in einer Gruft aus einem Gruselfilm. In den Stein waren grobe Türen eingehauen, die sich aneinander reihten. Es waren so viele, dass mir bald der Kopf rauchte. Und dann fand ich endlich die richtige. Wie Julian gesagt hatte, war ein winziges, kaum sichtbares schwarzes Kreuz am unteren Rand geschrieben worden.
Ich öffnete die Tür mit einem breiten, diabolischen grinsen. Tomathy, Mattias und Erkan sahen mir entgegen. Überraschung zeichnete ihre ansehnlichen, dafür aber umso nervigeren Gesichter.
»So, meine Herren, habt ihr mich hier nicht erwartet? Wunderbar. Dann ...« Ich lächelte wie der Bösewicht eines Buches und strich mir meine Haare über den Rücken, während ich in den Raum trat und die Tür dramatisch mit dem Fuß zuschlug. »... Schlage ich euch etwas vor.« Ich trat einen weiteren Schritt vor. »Eure Frage von vorhin kann ich guten Gewissens, mit ›nein‹, beantworten. Ich möchte keinen Komplett hinter dem Rücken meines Vaters schließen. Was ich aber dafür viel mehr will: Köpfe rollen sehen. Und ich glaube, ihr wisst auch schon genau, welche ich meine.«
»Was willst du hier, Scarlett?« Knurrte Mattias wütend.
Ich lächelte gekünstelt. »Hm ... gute Frage. Ich kann dir sagen, was ich will. Ich will, dass wir uns verstehen, wenn ihr wisst, was ich meine.«
»Und was machst du hier?« Erkan sah mich unerfreut an. Wahrscheinlich hatten die drei sich schon auf eine Nutte gefreut, mit der sie machen, konnten was sie wollten. Es gefiel mir außerordentlich, dass ich ihre Pläne durchkreuzt hatte.
Ich legte den Kopf schief, als müsse ich überlegen. Obwohl ich schon genau wusste, was ich sagen wollte. »Euch flachlegen schon mal nicht. Nein, ... ach, jetzt weiß ich es wieder! Nervt uns nicht mehr. Und klärt das mit den Eylies. Sonst müsste ich meine Drohung wahrnehmen ... nun, das war's dann eigentlich auch schon. Viel Spaß noch, vielleicht geht's ja auch gegenseitig. Ich glaub' nämlich nicht, dass hier noch jemand kommen wird.« Grinsend schloss ich. »Und jetzt lass' ich euch mal alleine, viel Spaß.« Damit drehte ich mich um und ging ungerührt aus der Tür.
Dieses Gespräch war doch wunderbar verlaufen. Auch wenn ich mal wieder mehr die Konversation angetrieben hatte. Warum konnten eigentlich alle anderen nicht richtig sprechen?
»Adlayn!« Hörte ich ein lautes, raues stöhnen hinter einer Tür. Aus allen anderen Türen war nichts zu hören. Die musste undicht sein. Ich runzelte die Stirn. Weil ... keine Ahnung, aber mich beschlich eine Gewissheit ...
Ohne darüber nachzudenken, stieß ich die Tür auf, aus der das Stöhnen gekommen war. Und als ich drinnen war, wünschte ich mir, es wäre nicht Wirklichkeit.
Meine Schwester, Adlayn, lag unter ... Ethan, der sich gerade in sie stieß. Beide waren nackt und ich war froh, dass sie aufeinander lagen und ich damit nichts ... explizites sah. Seine Schwester wollte man so sicher nicht sehen. Genauso wenig wollte ich Ethan, Julians Bruder, so sehen. Oh Fuck! Hatte ich das gerade wirklich gesehen?
Ethan verspritzte noch sein Sperma in ihr, bis ihre Blicke sich mir zuwandten. In Adlayns Gesicht sah ich Schreck und in Ethan's ... nun, der grinste leicht. Allerdings sah das Grinsen angespannt aus.
»Fuck!« Hörte ich hinter mir eine mir wohl bekannte Stimme. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Julian war. Ich schloss kurz die Augen, dann drehte ich mich um. Josephine stand unschlüssig etwas hinter Julian und ihre Wangen wurden schon wieder rot. In einem anderen Moment hätte ich mich darüber amüsiert, doch gerade, gab es da nichts zum Amüsieren.
Unsere Familien, Julians und meine, hatten sich schon immer eher gleichgültig gegenübergestanden. Wir verstanden uns nicht super, aber auch nicht schlecht. Was aber gar nicht ging war, dass unsere Familien auf diese Weise, wie diese hier gerade stattgefunden hatte, verbunden wurden. Ich wollte gar nicht über Dads Reaktion denken, wenn er davon erfahren würde. Ich stand zwar auf Kriegsfuß mit ihm, trotzdem bekam ich jetzt schon Mitleid, wenn ich darüber nachdachte, dass er davon erfuhr.
Ich stieß die Luft schnell aus und wandte mich dann Adlayn zu, nachdem sie eine Decke über sich gelegt hatten. »Wie hatte das verdammt noch Mal passieren können?«
Sie leckte sich nervös über die Unterlippe und war nicht dazu in der Lage, mir in die Augen zu sehen. Stattdessen warf sie Ethan einen raschen, unsicheren Blick zu. Dieser seufzte schwer und nickte.
Dann wandte sie sich wieder mir zu. »Scarlett ... ich erkläre dir alles.«
Ich hob eine Augenbraue. »Ich höre.«
Sie sah sich unwohl im Raum um. Hier standen Julian, Josephine und ich. Und die beiden natürlich. Die Tür war noch immer offen. Dieses Problem löste Julian sogleich, indem er die Tür schloss, aber im Zimmer blieb.
Ethan legte Adlayn besitzergreifend einen Arm um den Körper, als diese aufstehen wollte. Ihre Blicke verhackten sich ineinander. Ich schaute weg. Mein Blick traf den von Julian.
Er verdrehte die Augen. »Hey, heißt das, ›Schwiegerschwester‹ Aber ich glaub', ich bleibe bei, Scarlett. Du wusstest also auch nichts davon?«
»Schwager und Schwägerin.« Antwortete ich automatisch und tonlos. »Aber erst nach der Heirat.«
»Fuck, wusste gar nicht dass es sowas überhaupt echtes Wort gibt.«
Schließlich kam ich aus meinem anfänglichen Schreck heraus. Ich schüttelte langsam den Kopf. Konnte es immer noch nicht ganz begreifen. So etwas hätte niemals passieren dürfen. Es gab mehrere Gründe dafür. Doch der wohl wichtigste war, dass diese Familie mehr als nur ein bisschen illegal war. Und dass unsere Familien einfach nicht zusammenkamen. Es war wie ein ungeschriebenes Gesetz. Was gerade gebrochen worden war. Oder schon längere Zeit. Wer wusste schon, wie lange das schon lief?
Unerwartet spürte ich, wie sich jemand neben mich stellte. Ich wandte den Kopf. Mein kleines Kätzchen stand neben mir, betrachtete erst kurz meine Schwester und Julians Bruder und sah dann wieder mich an. Sie blinzelte. In diesem Moment hätte ich am liebsten ihre Lippen auf meinen gespürt. Doch dafür war gerade eindeutig nicht der richtige Zeitpunkt.
Vorsichtig legte sie ihre Hand in meine und sie öffnete die Lippen, ohne etwas zu sagen. Ich strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, weil es mich davon ablenkte, was hier gerade passiert war.
»Was passiert jetzt eigentlich?« Stieß Julian aus, während er gegen eine Wand gelehnt stand und lässig gähnte, während er einen Fuß gegen die Wand gestützt hatte.
Alle Blicke richteten sich auf mich. Was denn? War ich hier die Richterin? Ich zuckte die Schultern. »Seht mich nicht so an, Leute. Entweder ihr sagt es unseren Familien oder wartet dafür etwas oder ... beendet eure ... Beziehung?«
Adlayn biss nervös auf ihrer Unterlippe herum und sah erneut zu Ethan. Mussten die eigentlich alles mit Augenkontakt besprechen? Julian sah dagegen einfach nur noch gelangweilt aus. Der anfängliche Schock war verflogen. »Also, wann heiratet ihr?«
Jetzt sah jeder ihn erschrocken an. Er lachte daraufhin und zupfte einen nicht vorhandenen Fussel weg. »Was? Euch ist schon klar, dass es darauf hinausläuft, oder? Wenn nicht, könnt ihr eure, wenn es das ist, Affäre gleich beenden. Alles andere würden die Alten ja eh nicht zulassen, wenn sie es herausfinden.«
Unangenehme Stille entstand, während Josephine etwas verwirrt drein sah und nicht ganz alles zu verstehen schien. Ich würde es ihr später erklären. Doch gerade war dafür keine Zeit.
Ethan sprach zum ersten Mal. Seine Stimme war rau. Ich wollte erst gar nicht wissen, wovon. »Wir sagen ihnen erst mal nichts. Und ihr auch nicht.« Er sah jeden einzelnen eindringlich an. Josephine sah nervös drein, als wäre sie gerade am liebsten wo ganz anders. »Und wir entscheiden, wann sie es erfahren.«
»Wäre das dann geklärt?« Fragte Julian weiterhin gelangweilt. Ethan und er lieferten sich ein Blickduell, was Julian grinsend gewann.
Mein Blick richtete sich auf meine Schwester. Ich sah Adlayn ein letztes Mal an, dann verschwanden wir drei nach draußen.
Was würde auf dieser verrückten Party wohl noch alles so passieren? Für mich reichte diese Überraschung schon mehr als genug. Aber ich hatte das Gefühl, das noch mehr kommen würde. Vielleicht nicht heute. Aber Geheimnisse hatte jeder. Und ich war mir sicher, dass mein kleines Kätzchen ein folgenschweres mit sich schleppte.
Diesmal gingen wir zu dritt zur Bar. Ein Gesprächsthema hatten wir jetzt jedenfalls. Wenn die Ironie noch existierte, konnte es nicht so schlimm sein. Aber es war viel schlimmer.___________________________________
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𝗦𝗪𝗘𝗘𝗧𝗜𝗘 - kleines, devotes Kätzchen (1) (girlxgirl)
Randomgxg: Band 1 der »Sweetie-Reihe« **Eine geheimnisvolle Frau mit einer düsteren Vergangenheit | Eine Tochter eines erfolgreichen Geschäftsmann** Domina. Mein Vater war noch nie damit zufrieden wer ich war. Er wollte eine Tochter die tat was er sagte u...