Kapitel 10 - Domina ✓

231 8 2
                                    

   Dienstag • Mittwoch
   »Langweilig.« Die rothaarige, mit kurzem, grünen Kleid und ebensolchen Augen, musterte die Leute auf meiner Party gelangweilt und schloss die Augen halb. „Warum noch gleich bin ich hier?“ Genervtheit klang aus ihrer Stimme.
   „Du sollst dich um einen Typen ... kümmern.“ Ich taxierte sie mit zusammengekniffenen Augen.
   Sie verdrehte allerdings nur die Augen. „Ach, und wo ist der Typ? Und was soll ich dann mit ihm machen? Anketten, ein paar Wunden oder etwas anderes?“ Sie strich sich ihre langen, gelockten Haare auf den Rücken und sah mich ausdruckslos an.
   Ich seufzte, behielt jedoch mein Lächeln wegen der Gäste bestehen. „Nichts dergleichen. Jedenfalls nicht, wenn er kooperiert.“
   „Sie kooperieren nie. Auf jeden Fall nicht der Typ, den du mir da beschrieben hast. Also, was soll ich mit ihm machen, dass er gehorcht?“
   Ich zuckte die Achseln. „Bist du hier nicht die Expertin?“
   Sie streckte ihre langen, eleganten Finger aus und angelte sich ihren Cocktail. Dann schlürfte sie lautstark daran. Und als ein paar Gäste sie ansahen, grinste sie diese nur provozierend an. Okay, Jeanne March Rough war eine Mischung aus unverschämt, sexy und zugleich von elfenhafter Zerbrechlichkeit. Und irgendwie auch rabiat. Sie war eine besondere Frau, das musste ich ihr lassen. Obwohl niemand wissen sollte, wo sie arbeitete. Oder was. Falls doch, war diese Person entweder tot oder sie hatte die nötigen Mittel, um diese zum Schweigen zu bringen. Notfalls auch eine abgeschnittene Zunge. Die tat ihren Zweck. Oder dann wohl nicht mehr. „Warum fragen mich das eigentlich immer alle? Scarlett, wenn ich arbeite dann wird es immer hässlich.“
   Meine Lippen verzogen sich zu einem unheilvollen Lächeln. „Ich habe nichts gegen hässlich. Jedenfalls nicht in diesem Sinne.“
   Sie wiegte den Kopf. „Schön zu wissen. Aber jetzt entschuldige mich.“ Dann fügte sie mit einem breiten grinsen hinzu, das einem Wolf ähnelte. „Ich glaube, das wird besser als erwartet. Ich hatte schon länger keinen Dreier.“
   Ich seufze entnervt. „Das wird nichts, sein Bruder ist vergeben. Mit meiner Schwester. Es wird dir also guttun, den anderen nicht anzurühren.“
   Ihre Wimpern flatterten, was wohl harmlos aussehen sollte. Stattdessen blitzte sie mich unter ihren dichten Wimpern an. „Damit machst du es nur noch spannender. Vergessen, dass vor dir ein Raubtier steht?“
   Ich trat auf sie zu. Wenn man Jeanne nicht in die Schranken wies, tat sie, was sie wollte. Unsere Brüste berührten sich. Sie war zwar perfektioniert darin, zu verführen und zu zerstören. Doch ich war trotzdem noch besser in ersteres. Unsere Brüste rieben gegeneinander, während ich sie ernst fixierte. „Ich mag es nicht, wenn man meine Warnungen nicht respektiert. Also tu es nicht. Mit mir legt man sich nicht an.“
   Doch sie grinste nur lässig, nicht im mindesten eingeschüchtert. „Dito. Mir sollte man lieber nicht zu nahe treten. Also, geh mir aus dem Weg, Vanbridge. Du hast mich auf ein Opfer angesetzt. Das heißt aber nicht, dass du die Regeln machst.“ Damit verschwand sie in der Menge.

   Ich fluchte. Verdammt! Mit einem schnippen meiner Finger kam ein Typ angelaufen. „Du da, hol meine Sekretärin her!“ Der Typ verschwand nickend, allerdings war ich mir bei dem nicht sicher, ob er überhaupt etwas in der Birne hatte, stattdessen sah er so deppert aus, dass er noch zu Jeanne gehen würde.
   Meine Geduld hing an einem seidenen Faden, während ich unruhig umherlief. Meine Schwester würde es mir nie verzeihen, wenn ich zuließ, dass eine Frau mit ihrem Typen und dessen Bruder Sex haben würde. Denn ich war mir nicht so sicher, wie viel Selbstbeherrschung Ethan aufbringen würde. Jeanne war eine gefährliche Frau. Ich wollte es lieber nicht darauf ankommen lassen.
   Endlich kam mein Kätzchen auf mich zugelaufen. Als sie vor mir stand, knabberte sie mal wieder an ihrer Unterlippe und schaute mich von unten aus ihren dichten Wimpern heraus an. Es stimmte mich jedenfalls besser als Jeanne’s Wimpern-klimper Aktion. „Was ist, Chefin?“ Hauchte sie und spielte mit ihrem Kleid.
   Ich lächelte. Meine Augen blitzten auf. „Du wirst eine Frau, grüne Augen, grünes Kleid und lange, wellige rote Haare ausfindig machen und beobachten. Du kennst ja den Typ, der neben meiner Schwester im Bett lag auf der Party. Wenn du ihn bei dieser Frau siehst, musst du ihn weglotsen, verstanden?“
   Sie leckte sich schnell über die Unterlippe und nickte dann hecktisch, sodass ihre Haare sich auf und ab bewegten. Zufrieden strich ich über ihren Ausschnitt. Sie hielt inne. Meine Lippen streiften ihre Wange, während ich flüsterte. „Pass bei ihr auf und lass dich ja nicht von der Frau einwickeln.“
   Wieder ein Nicken, dann war mein Kätzchen in der Menge verschwunden. Hoffentlich würde das klappen. Doch ich musste zu einer ganz bestimmten Person. Carolina. Entschlossen ging ich durch die Menge und ließ mir vom Sicherheitsteam durchgeben, wo Carolina sich aufhielt.
   Ich blieb in einem Torbogen stehen.
   „Schöne Party.“
   Vielen Dank, dass du erst jetzt beginnst Deutsch zu sprechen, dachte ich wütend wie ironisch. Trotzdem antwortete ich meiner französischen Geschäftspartnerin ruhig wie gefasst. „Danke. Wie läuft es mit deiner Firma?“ Die Frage gehörte eigentlich nur zum Small Talk, weil wir sonst wahrlich im Stillen hier zusammen gestanden hätten.
   Carolina drehte sich langsam um. Sie bedachte mein Kleid kurz, dann sah sie mir wieder in die Augen. „Alles beim Alten. Vielleicht können wir bald sogar noch erweitern. Ich und Jake sind jetzt zusammen.“ Plötzlich wandte sie den Blick wieder in die Ferne und meinte nach einem Moment der Stille schließlich ernst. „Ich werde gleich morgen Früh abfahren. Jedoch wollte ich dir davor noch etwas sagen. Pass auf. Mit allem. Du musst mit bedacht handeln.“ Dann gähnte sie. „Ich glaube, ich gehe zurück in mein Hotel. Es ist hier ja alles schön und gut, aber ich bin jetzt müde.“ Sie verschwand und ich blieb zurück.
   Als ich so hier alleine stand, wanderten meine Gedanken umher. So viel. Mein Dad, meine Geschwister und … meine Sekretärin. Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Und blieb dann noch einige Minuten draußen stehen.

𝗦𝗪𝗘𝗘𝗧𝗜𝗘 - kleines, devotes Kätzchen (1) (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt