Kapitel 20 - Donnerwetter

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Panik. Nervosität. Erleichterung. Akzeptanz. Und wieder Panik. Innerhalb kürzester Zeit rasten all diese Emotionen durch Cana, wechselten sich ab, vermischten sich miteinander, trennten sich erneut und ordneten sich in einer anderen Reihenfolge an. Währenddessen starrte sie Laxus an wie ihr persönliches Tor zur Hölle.

„Ich habe also recht. Lexy ist meine Tochter." Laxus' Tonfall war flach und neutral, das machte Cana am meisten Angst. Es kam ihr vor wie die Ruhe vor einem alles zerstörenden Gewitter und sie war eindeutig das Ziel der Emotionen, die sich in ihrem Gegenüber aufbauten. Sie konnte es an den grünen Augen erkennen, die allmählich heller wurden – Laxus würde gleich die Beherrschung verlieren. Inmitten vom abendlichen Magnolia.

Ohne Vorwarnung wurde sie von ihm an beiden Oberarmen gepackt und im nächsten Moment an seine Brust gepresst. Kurz war sie überrumpelt angesichts dieser unvorhergesehenen Reaktion, doch dann hörte sie das elektrische Knistern von Laxus' Magie. Die Blitze wurden immer häufiger und begannen, ihn und sie in ein so helles Leuchten einzuhüllen, bis sie die Augen zusammenkneifen musste, um nicht zu erblinden. Erst jetzt verstand sie: Laxus würde seine Magie einsetzen, um sie beide an einen anderen Ort zu bringen. Mit Sicherheit an einen, an dem sie ungestört waren und vor allem Laxus keine Gefahr lief, Unbeteiligte mit seiner Magie aus Versehen zu verletzen. Dann verlor sie den Boden unter den Füßen und konzentrierte sich darauf, ihre Übelkeit angesichts der rasanten Geschwindigkeit zumindest einigermaßen unter Kontrolle zu behalten.

Eine gefühlte Ewigkeit später, bei der es sich nicht mehr als ein paar Sekunden gehandelt haben konnte, spürte sie einen weichen Untergrund. Gleichzeitig wurde sie losgelassen, woraufhin ihre Knie unter ihr nachgaben und sie wenig elegant auf dem Boden zusammensackte. Nach zweimal tief Luftholen stand sie auf und klopfte sich die losen Grashalme von ihrer Hose, bevor sie sich umblickte.

Natürlich. Das zwischenzeitliche Gildengelände von Fairy Tail. Die heruntergekommene Mühle sah noch genauso aus wie vor sieben Jahren. Auch wenn bei den angenagelten Buchstaben der Gilde sowohl das „y" in „Fairy" als auch das „i" in „Tail" fehlten. Obwohl dieses Gebäude für sie nur wenige Monate die Gilde repräsentiert hatte, waren diese wenigen Monate doch unglaublich schön gewesen. Auch, weil Laxus und sie sich hier allmählich näher gekommen waren. Trotz der wachsamen Augen von Gildarts, der sie am liebsten an sich festgebunden hätte, um wirklich jede einzelne Sekunde mit seiner neugefundenen Tochter verbringen zu können.

Wäre der Anlass ein anderer, hätte sie länger in Erinnerungen geschweift. Doch das Knistern, nur einen Meter entfernt von ihr, bedeutete nichts Gutes. Der Klumpen in ihrem Magen, der sich während des Aufenthalts in Clover stetig vergrößert hatte, glich nun eher einem Felsbrocken, dessen Gewicht sie zurück auf den Boden zu ziehen drohte.

Cana blickte ängstlich in Laxus' Augen und sah – nichts. Er hatte seine Emotionen für den Augenblick komplett abgeschottet, nur seine wild gewordene Magie verriet seinen inneren Aufruhr.

„Bevor ich wirklich loslege, liebste Cana, beantworte mir nur eine Frage." Seine Stimme klang fast süßlich, sofern das überhaupt zu Laxus' tiefem Bass passen konnte. Doch der Tonfall machte Cana nicht nur Angst, ihr wurde regelrecht schlecht davon. Denn das, was jetzt folgen würde, konnte nur ein Desaster werden und sie musste das irgendwie verhindern. Deshalb wartete sie gar nicht ab.

„Hör zu, ich weiß, es war alles andere als angebracht, aber bitte, es geht hier um Lexy und ich flehe dich an, ihr zuliebe alles dafür zu tun, um sie – "

„IHR ZULIEBE?! SO WIE SIE SEIT JAHREN LEIDEN MUSSTE, WEIL DU ES NICHT AUF DIE REIHE GEBRACHT HAST, MIR ALLES ZU BEICHTEN, DAMIT ICH MEINER EIGENEN TOCHTER HELFEN KANN?!" Die Lautstärke war ohrenbetäubend. Aus den kleineren Bäumen rund um das ehemalige Gildengebäude stoben die Vögel in die Luft und suchten das Weite.

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