Kapitel 21 - Ein Anfang

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Tick. Cana beobachtete von ihrem Platz auf der Couch aus, wie sich der Minutenzeiger der großen Wanduhr im Wohnzimmer um einen Strich weiter verschob. Es war halb sieben und sie saß seit fast vier Stunden auf diesem Platz, nur unterbrochen von dem Nachfüllen ihrer Teetasse mit Baldriantee. Bisher hatte er nicht viel in Bezug auf Beruhigung geholfen, denn sie hatte noch immer das Gefühl, einen Marathon zu laufen. Zumindest hämmerte ihr Herz entsprechend.

Wie hatte Laxus das herausgefunden? Zugegeben, die Ähnlichkeit zwischen ihm und Lexy war allzu offensichtlich. Aber irgendetwas musste bei Heilerin Lupita vorgefallen sein, um ihn endgültig von seiner Vermutung zu überzeugen. In Gedanken ging sie noch einmal den gesamten Gesprächsverlauf auf dem alten Gildengelände durch. Selbst jetzt, nur wenn sie an die durcheinanderwirbelnden Emotionen in seinen Augen zurückdachte, lief ihr ein Schauer den Rücken hinunter. Sie wusste, das Gespräch zwischen ihnen war noch lange nicht beendet. Nur dank Gildarts Eingreifen war es nicht allzu sehr eskaliert, doch sie war sich da bei zukünftigen Gesprächen nicht sicher. Genau genommen rechnete sie sogar damit, denn sie kannte Laxus und seine emotionalen Ausbrüche, wenn ihn etwas wirklich verletzt hatte. Und ihre Aktion hatte das, das wusste sie, seitdem sie damals vor sechs Jahren den Entschluss gefasst hatte.

Ein schrilles Klingeln unterbrach ihre Gedankengänge und sie spürte, wie ihr Mund schlagartig trocken wurde. Mit schlingerndem Magen trat sie langsam zu ihrer Wohnungstür, die für sie in diesem Moment aussah wie die Tür zur Hölle persönlich. Es gab nur drei Personen, die jetzt an ihrer Tür klingeln konnten, und diese drei waren zumindest heute zusammen unterwegs gewesen.

Ein letztes Mal atmete sie tief durch, dann nahm sie all ihren Mut zusammen und öffnete die Tür. Nur, um überrascht die zwei Personen vor ihrer Tür anzublicken.

„Wo ist Gildarts?" Ihr Frage stand regelrecht zwischen ihnen, doch Laxus blickte sie nur schweigend an. Lexy, die neben ihm stand und seine Hand hielt, blickte sie mit einem identischen Blick an und Cana schluckte. Dann trat sie zur Seite und machte eine einladende Handbewegung.

„Wir sollten uns vermutlich erst einmal hinsetzen", murmelte sie und war insgeheim froh, als Vater und Tochter ohne weitere Verzögerungen durch die Tür gingen. Dann liefen sie ins Wohnzimmer, um sich auf die Couch zu setzen, auf der Cana schon die letzten Stunden verbracht hatte.

„Wollt ihr etwas zu trinken?" Sie hielt die Stille nicht mehr aus und wollte aufstehen. Doch Laxus' Hand, die wie eine Schraubzwinge um ihr Handgelenk legte, hinderte sie daran.

„Solltest du nicht erst etwas zu Lexy sagen?"

Cana biss sich auf die Lippen und warf einen vorsichtigen Seitenblick auf ihre gemeinsame Tochter. Lexy saß, ganz anders als normal, still und nahezu bewegungslos neben Laxus und blickte auf den Holzboden. Cana zwang sich, die Anwesenheit von Laxus zu ignorieren, denn jetzt gerade war nur ihre Tochter wichtig. Vor allem, weil ihr Lexys Verfassung ernsthafte Sorgen bereitete.

„Lexy?", flüsterte sie vorsichtig und war erleichtert, als diese ihr zumindest den Kopf zuwandte. Doch in ihrem Blick lag so viel Enttäuschung und Schmerz, sodass Cana abrupt von der Couch aufstand, zu Lexy lief und sich vor ihren Platz auf der Couch kniete.

„Es tut mir so unendlich leid." Cana knetete ihre Hände, während sie nach Worten suchte, um das alles zu erklären. Doch ihr fiel nichts ein, was sie hätte sagen können, um das alles etwas abzuschwächen.

„Warum?" In der Stimme einer Fünfjährigen sollten nicht so viele Emotionen mitschwingen. Vor allem nicht diese Art von Gefühlen, die man normal erst als Jugendlicher kennenlernte und selbst dann nur ein paar, nicht gleich alle. Doch Cana wusste, es war einzig und allein ihre Schuld und jetzt würde sie nur die Dauer, die Lexy diese Gefühle empfinden würde, verkürzen können.

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