Kapitel 35 - Lorelei

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„Lorelei?" Laxus' zweite Antwort war eigentlich eine Frage, denn Lorelei hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Stattdessen war ihr Blick zu Cana gewandert, die in ein dunkles Augenpaar starrte, dessen Farbe sie im Licht der Laterne nicht erkennen konnte.

„Lorelei, was machst du hier?" Laxus war zur Seite getreten und stand nun halb vor Cana, die Hand leicht zur Seite ausgestreckt. Eine abwehrende Haltung, so als ob er sie vor Lorelei verstecken oder beschützen wollte. Vielleicht auch beides gleichzeitig. Doch Lorelei kannte sie bereits, auch wenn Laxus darüber noch nicht im Bilde war.

„Ich tue ihr nichts, falls du das denkst. Sie kann nichts dafür, das weiß ich." Loreleis Stimme klang traurig und Cana legte Laxus vorsichtig eine Hand auf die Schulter. Er zuckte trotzdem zusammen. Eine weitere Reaktion, die sie mehr als alles andere verwunderte, dann Laxus war nicht der Typ, der so leicht aus der Fassung zu bringen war. Sie hatte die dumpfe Vorahnung, nicht die gesamte Geschichte zu kennen.

„Ich glaube, du hast nicht alles erwähnt, was Lorelei angeht. Was genau ist nach eurer Trennung vorgefallen?", murmelte sie leise.

Laxus zuckte einmal kurz mit den Schultern und gab ansonsten keine Antwort, weil er zu sehr auf Lorelei fixiert war. Cana konnte das nicht ganz nachvollziehen. Aber sie spürte, wie angespannte Laxus war und beschloss, das lieber später anzusprechen. Vorerst wollte sie diese Unterhaltung hier schweigend verfolgen in der Hoffnung, etwas mehr Klarheit zu bekommen.

„Ich möchte nur mit dir reden. Nach all den Monaten fühle ich mich endlich in der Lage dazu." Loreleis Stimme klang trotz ihrer geringen Lautstärke überzeugt, auch wenn Cana von ihrer Position aus ihre zitternden Hände sehen konnte.

„Ich habe dir bereits alles gesagt, was es zu sagen gibt."

„Abgesehen von der Wahrheit. Du hast mir nur die Geschichte vorgespielt, die in deinen Augen für mich am besten ist."

Cana trat langsam hinter Laxus vor, denn Lorelei erweckte wirklich nicht den Eindruck, ihr irgendwie gefährlich werden zu können. Laxus warf ihr einen scharfen Blick zu, doch sie schüttelte warnend den Kopf. Sie hatte kein Recht, sich in dieses Gespräch einzumischen. Doch sie würde Laxus stumm Unterstützung anbieten, falls er welche benötigen sollte.

„Lia hat dir alles erzählt, wie es scheint. Was möchtest du dann noch von mir hören? Beteuerungen, wie sehr ich dich geliebt habe?"

Lorelei zuckte zusammen, als ob er sie geschlagen hätte. Cana rammte Laxus stellvertretend für Lorelei den Ellenbogen in die Seite. Sein schmerzerfülltes Keuchen rief ein leichtes Gefühl der Befriedigung in ihr hervor. Natürlich war ihr bewusst, warum Laxus dieses kalte, gefühllose Verhalten an den Tag legte. Er wollte Lorelei vor noch mehr Schmerzen schützen, doch das war hier unangebracht. Lorelei war bereits genug verletzt worden, sie verdiente nicht noch mehr abfällige Bemerkungen.

„Also stimmt es. Du hast das alles aufgezogen, um mir einen ‚schmerzlosen' Abschied zu bereiten, der mich in dieses tiefe Loch gezogen hat. Weißt du eigentlich, warum Lia noch immer eine gehörige Portion Wut auf dich verspürt, obwohl sie deine Beweggründe sehr gut kennt und dazu noch deine Tochter betreut?" Das Zittern von Loreleis Händen war mittlerweile auf ihren ganzen Körper übergegangen, das konnte Cana trotz der dicken Jacke von dieser erkennen. Dieses Zittern hatte außerdem keinen temperaturbezogenen Ursprung, es war eine körperliche Reaktion auf unterdrückte Emotionen.

Laxus spürte wohl ebenfalls, wie schwierig diese Situation gerade war, weshalb er nur den Kopf als Antwort schüttelte.

„An diesem Tag wurde mir gekündigt und mein Vermieter hat mich vor die Tür gesetzt, weil er die Wohnung einem Magier vermieten wollte. Deshalb habe ich damals kurzfristig um das Treffen gebeten, das du gleich als angebliches Reinplatzen in deine Affäre genutzt hast." Lorelei lächelte dünn. „An die nächsten Stunden danach kann ich mich nicht erinnern, doch tags darauf bin ich im Krankenhaus aufgewacht. Mir ist direkt ein Therapeut zugeteilt worden, damit ich mit meinen ‚emotionalen Traumata' besser umgehen konnte. Ich habe nicht genau verstanden, welche Schlüsse er aus meinem zusammenhanglosen Gerede in er ersten Sitzung gezogen hat. Doch es hat für zwei Monate dauerhaften Aufenthalt im Institut für Geistige Gesundheit gereichet."

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