Kapitel 18

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Am Freitagmorgen saß ich mit meinen Freundinnen beim Frühstück und schaufelte mir mein heißgeliebtes Rührei in den Mund. Sebastian saß gedankenverloren mir gegenüber am Slytherintisch und stocherte in seinem Essen herum. Die gesamte Woche hatte ich ihn kaum gesehen. Er schien so sehr auf seine Suche nach Anne fixiert zu sein, dass er alles Andere um sich herum vergaß. „Hey, Sallow!" Imelda stand wutschnaubend vor dem Brünetten und wedelte mit einer Hand vor seinem Gesicht rum. Sie war so laut, dass ich sie aus zehn Metern Entfernung noch deutlich verstehen konnte. „Krieg deinen Scheiß auf die Reihe, ich brauche dich morgen!" Am nächsten Tag stand das Quidditchspiel Slytherin gegen Gryffindor an. Vor einigen Wochen hatte Hufflepuff Ravenclaw mit 170 zu 50 Punkten geschlagen. Wir mussten also auch auf die Dachse gut aufpassen. Dass der gegnerische Hüter so abgelenkt war, hätte uns in die Karten spielen können, doch ich machte mir Sorgen um meinen Freund. Sebastian antwortete der Schwarzhaarigen mit einem genervten Gesichtsausdruck in normaler Lautstärke, sodass ich ihn nicht verstehen konnte. „Y/N, auf einer Skala von eins bis zehn, wie sehr machen wir Slytherin morgen fertig?", grinste Nellie mich über den Tisch hinweg an. „Elf", lachte ich zurück und schob mir die nächste Gabel Rührei in den Mund. Nellies Grinsen breitete sich noch weiter auf ihrem Gesicht aus. „Das wollte ich hören!"

Nach dem Frühstück stand Zaubertränke auf dem Plan. Sebastian und Ominis liefen beim Verlassen der Großen Halle nur wenige Meter vor mir und ich sprintete neben den brünetten Slytherin und stieß ihn mit dem Ellenbogen an. „Hey, wie sieht's aus? Hast du schon etwas bezüglich Annes Aufenthalt herausfinden können?" Ominis ließ sich unauffällig ein Stück zurück fallen und Sebastian zuckte zusammen und zog die Augenbrauen zusammen du ballte seine Hände zu Fäusten. „Ich bin ganz nah dran. Das spüre ich! Wenn nur morgen das Quidditchspiel nicht wäre..." Sebastian hatte wieder tiefe Schatten unter seinen Augen, wodurch diese nur noch dunkler wirkten. Er schlägt sich die Nächte um die Ohren. Aufmunternd lächelte ich ihn an. „Vielleicht ist das Spiel morgen gar nicht so schlecht. Du könntest eine Ablenkung gebrauchen. Einfach mal für einen Moment den Kopf frei bekommen, damit du dich wieder konzentrieren kannst." Sebastian seufzte. „Vielleicht hast du Recht." „Natürlich habe ich Recht." Ich trat vor ihn und grinste ihn herausfordernd an. „Außerdem möchte ich dein Gesicht sehen, wenn Gryffindor Slytherin nass macht." Mit einem abtuenden „Pah" verschränkte der Slytherin seine Arme vor der Brust und erwiderte mein Grinsen. „Das wird nicht passieren, denn wir werden euch nass machen." „Ihr zwei macht mich noch wahnsinnig!", fluchte Ominis neben uns und setzte seinen Weg zu Professor Sharps Klassenzimmer fort. Sebastian und ich tauschten noch einmal gespielt böse Blicke und folgten unserem Freund in Richtung Kerker.

Professor Sharp hatte für diese Stunde den Trank der lebenden Toten vorbereitet und wir sollten ihn nachbrauen. Ich war gerade dabei den Saft einer Schlafbohne meinem Kessel hinzuzufügen, als ein Stück Pergament auf meinem Platz landete.

Ich freue mich schon darauf morgen den Boden mit dir zu wischen.

-S

Mit einem frechen Grinsen blickte ich zu Sebastian, der am Platz neben mir arbeitete und mich verstohlen anschielte. Unauffällig streckte ich ihm die Zunge raus und kassierte direkt ein Lächeln, was mein Herz ein wenig schneller schlagen ließ. Wie soll ich mich jetzt noch auf den Trank konzentrieren? Ich begann den Trank gegen den Uhrzeigersinn zu rühren, als er sich plötzlich von Dunkelviolett in Giftgrün verfärbte und schwarzer Dampf aufstieg. „Verdammte Scheiße! Was ist denn jetzt los?", rief ich erschrocken auf. Im Bruchteil einer Sekunde war Garreth bei mir und riss mich zu Boden. Keine Sekunde zu spät, denn mein Kessel explodierte in alle Himmelsrichtungen und verpasste dem Klassenzimmer einen neuen Anstrich. „Alles okay bei dir?", fragte der Rotschopf auf mir. „Ja. Danke, Garreth." Der Gryffindor stand auf und reichte mir seine Hand, um mir aufzuhelfen. „Kein Problem. Du hast die Baldrianwurzel vergessen. Deshalb ist uns dein Trank um die Ohren geflogen." Gerade, als ich nach seiner Hand greifen wollte, um aufzustehen, streckte sich eine andere, sommersprossige Hand mir entgegen. Sebastian tropfte die grüne Suppe von den Haaren und mit seinem Blick erdolchte er Garreth neben sich. „Alles in Ordnung?", fragte er besorgt. „Ja, alles gut." Seufzend stand ich auf, ohne eine der beiden Hände anzunehmen. „Der Unterricht ist beendet!", rief Professor Sharp genervt. „Miss Y/LN, auf ein Wort, wenn ich bitten darf!" Scheiße, scheiße, scheiße. Die anderen kramten tuschelnd ihre Sachen zusammen und strömten aus dem Klassenraum. Mit gesenktem Kopf schlurfte ich zu dem großen Schreibtisch, an dem mein Lehrer saß. „Nicht so schnell, Mr. Sallow!" Professor Sharp winkte auch ihn zu sich und der in grünem Gebräu getränkte Slytherin tapste neben mich. „Miss Y/LN, ich muss sagen, dass ich schwer enttäuscht von Ihrer heutigen Leistung bin. Sie sind sonst eine hervorragende Schülerin. Doch ich habe den Eindruck, dass Mr. Sallow Sie abzulenken scheint. Ich habe ja nichts gegen junge Liebe, aber wenn Sie ihre Flirtereien in meinem Unterricht nicht unterlassen, sehe ich mich gezwungen Sie auseinander zu setzten." Junge Liebe? Flirtereien? Sowohl Sebastian als auch ich liefen knallrot an. „Ich lasse Sie heute nochmal mit einer Ermahnung davonkommen." Mit einem Schwung seines Zauberstabs beseitigte Professor Sharp die Sauerei, die mein misslungener Trank im Klassenraum und auf Sebastian hinterlassen hatte. „Aber ich habe ein Auge auf Sie beide! Und jetzt gehen Sie sich am Besten waschen. Sie müffeln nach Mottenkugeln." Immer noch knallrot verließen wir das Klassenzimmer. „Danke für's Ablenken, du Blödmann." Ich boxte Sebastian gegen die Schulter und schaute ihn böse an. Der Slytherin erwiderte meinen Blick, doch lange konnten wir kein ernstes Gesicht bewahren und fingen lauthals an zu lachen. „Was lässt du dich auch ablenken? Hast du etwa Angst, dass ich Recht behalte?" „Pah! Pass auf, dass du dir bei deinem Höhenflug nicht den Kopf stößt, Sallow! Immerhin habe ich kein Wermut im Haar hängen." Hektisch versuchte Sebastian sich das Stück Wermut aus dem Haar zu schütteln, doch ohne Erfolg. Kichernd rollte ich mit den Augen. „Komm' her, ich helfe dir." Vorsichtig fummelte ich die widerspenstigen Blätter aus den wuscheligen brauen Haaren. Währenddessen legte Sebastian seine Arme um meine Taille und grinste mich schelmisch an. „Vielleicht sollte ich dich öfter im Unterricht ablenken, wenn sowas dabei rauskommt." Erneut schoss das Blut in mein Gesicht. „Klappe, Sallow." Als ich die letzten Blätter aus seinem Haar gefriemelt hatte, drückte ich sie ihm gegen die Brust. „Du stinkst wirklich furchtbar nach Mottenkugel." „Du auch. Wir könnten uns beim Waschen helfen", zwinkerte er mir zu. Ja, bitte! „Ich denke nicht! Du musst dich mit deiner Fantasie begnügen, du Perversling", lachte ich. „Und das, nachdem wir doch so viel flirten. Du brichst mir das Herz, Y/N." Dramatisch fasste Sebastian sich an die Brust. „Blödmann", kicherte ich und setzte kopfschüttelnd meinen Weg zu den Waschräumen fort. „Lauf nicht weg vor mir, mo ghaol!" Sebastian lief mit ausgestreckten Armen hinter mir her und machte Kussgeräusche. „Du hast 'ne Vollmeise!", lachte ich über meine Schulter und verschwand in dem Mädchenwaschraum.

In the Shadows - Sebastian Sallow x Reader (German)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt