Seit dem Irrwicht-Vorfall waren ein paar Wochen vergangen und der Schulalltag hatte uns inzwischen voll im Griff. Meine Gedanken wanderten immer wieder zu Sebastian. Wie sich seine Nähe anfühlte, seine Wärme, der Duft nach Zedernholz. Mich abzulenken gestaltete sich schwierig, da wir beinahe jede Unterrichtsstunde zusammen hatten und wir dann auch nebeneinandersaßen. Es fühlte sich an wie Folter. Und dennoch war es mir nicht genug Zeit, die ich mit ihm verbringen konnte. Ich musste mir eine gute Ausrede einfallen lassen, um mit ihm allein sein zu können und ihm bestenfalls noch einmal näher zu kommen.
Dann hatte es in Zauberkunst endlich klick gemacht! Sebastian hatte mir bereits im vergangenen Jahr in der Krypta Zauber beigebracht, die nicht im Lehrplan standen. Er hatte einen Hang zu verbotenen Dingen und ein Händchen fürs Lehren. Wir lernten gerade den Schrumpfzauber an alten Büchern und ich stellte mich absichtlich ungeschickt an. So wuchsen meinen Testobjekten winzige Flügel oder sie fingen an durch das Klassenzimmer zu hüpfen. „Du scheinst Probleme zu haben. Kann ich dir helfen", fragte Amit. Nichts gegen dich, Amit, aber du bist nicht meine Zielperson. „Danke für das Angebot, aber ich schaffe das schon allein." Ich lächelte den Ravenclaw dankend an. Und so spielte ich das Spielchen weiter, bis Sebastian endlich meine Zauberstabhand ergriff. „Das kann man ja nicht mitansehen. Lass mich dir helfen." Mit meiner Hand in seiner führte er die benötigte Zauberstabbewegung aus. „Reducio." Das Buch vor mir schrumpfte auf eine praktische Reisegröße. „Du hast immer eine Bewegung zu viel gemacht." „Das habe ich gar nicht gemerkt", log ich ihm dreist ins Gesicht. „Könntest du mir das bei Gelegenheit noch einmal in Ruhe erklären?" Sebastian grinste mich an. „Klar! Triff mich heute Abend in der Krypta, dann üben wir noch einmal." Ich konnte es kaum erwarten.
Der restliche Tag zog sich wie Kaugummi. Als es endlich Abend war, stopfte ich eifrig mein Abendessen in mich hinein und huschte schnell in den Gemeinschaftsraum, um mich noch einmal frisch zu machen. Die Schuluniform tauschte ich gegen mein Outfit, welches ich als Preis beim Finale der gekreuzten Stäbe gewonnen hatte. Es war praktisch und zugleich betonte es genau die Stellen meines Körpers, die ich unterstreichen wollte. Meine Haare trug ich halb offen. „Schätzchen, du siehst bezaubernd aus. Niemand kann dir das Wasser reichen." Der sprechende Spiegel in meinem Schlafsaal übertrieb mal wieder maßlos mit seinen Schleimereien und doch war es genau das, was ich in dem Moment hören musste. Nervös machte ich mich auf den Weg zur Krypta.
Vor der Uhr, welche den Eingang zur Krypta versteckte, atmete ich noch einmal tief durch und trat dann ein. Sebastian wartete bereits am Triptychon und begutachtete die gemalten Landschaften des leeren Porträts. Er hatte seinen Umhang und sein Jackett abgelegt und trug nur noch die grün-karierte Weste über dem weißen Hemd seiner Schuluniform. Die Krawatte hing locker um seinen Hals. Als das Eisengitter ratternd meine Ankunft verlauten ließ, drehte der Slytherin sich zu mir um, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. „Da bist du ja." Er kam mir entgegen und musterte mein Outfit. „Hast du heute noch irgendwas vor oder warum bist du so abenteuerfreudig angezogen?" Ich zuckte mit den Schultern. „Man weiß ja nie, ob man nicht von einer schiefgegangenen Verzauberung angegriffen wird. Ich bin einfach gern auf alles vorbereitet." „Dann lass' uns keine Zeit verlieren. Übe doch am besten an den Kisten dort drüben. Denk daran: Die Formel lautet ‚Reducio' und die Handbewegung ist ein einfaches V. Keine Schnörkel dazu dichten, wie du es vorhin gemacht hast. Ich habe dich im Auge." Das will ich doch hoffen. Ich stiefelte zu den Holzkisten am anderen Ende des Raumes. Ich durfte jetzt nur nicht zeigen, dass ich den Zauber eigentlich beherrschte, damit Sebastian nicht misstrauisch wurde. Ein kleines Zucken mit der Hand hier, ein wenig falsche Betonung dort und mein kleines Chaos aus hüpfenden und singenden Kisten war perfekt. „Was machst du denn da?" Sebastian schüttelte fassungslos den hübschen Kopf und kam auf mich zu. „Reverte!" Die Kisten hörten mit dem Blödsinn auf und stapelten sich wieder an der Wand. „Versuch es nochmal." Ich konnte mich nicht noch ein weiters Mal blöd stellen. Diesmal machte ich alles richtig und die Kisten vor mir schrumpften auf Spielzeuggröße. „Na also! Jetzt hast du's." Lächelnd drehte ich mich zu Sebastian um. „Willst du jetzt etwas Aufregendes lernen? Wir hätten noch ein wenig Zeit." „Ich bin dabei."
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In the Shadows - Sebastian Sallow x Reader (German)
RomanceBereits im fünften Jahr war die Spannung zwischen Sebastian Sallow und der neuen Fünftklässlerin deutlich zu spüren. Doch sie gestanden sich ihre Gefühle füreinander nicht ein. Diese FF spielt nach den Ereignissen von Hogwarts Legacy. Slow burn Aufg...