coldness

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Kapitel 41

Zendayas pov:

Ich öffne meine Augen und blicke in den morgendlichen Himmel.

Mir ist trotz der dicken Jacke etwas kalt, doch das ist gerade mein kleinstes Problem.

Nach dem Streit mit Steve und dem Gespräch - wenn man es überhaupt so nennen kann - muss ich auf der Bank gestern Abend eingeschlafen sein und die Nacht auf dem Friedhof verbracht haben.

Mühsam stehe ich auf und strecke mich. Das harte Holz hat meinem Rücken ziemlich zu schaffen gemacht, außerdem tut mein Nacken weh, da ich in einer nicht sehr angenehmen Position lag.

Um mich etwas aufzuwärmen, beschließe ich, eine Runde über den Friedhof zu laufen.

Einige der Gräber sind mit verblühten Blumen oder abgebrannten Kerzen geschmückt. Im Winter kommen die Leute nicht oft hier her. Es ist zu kalt und durch den Schnee bringt es nichts, Pflanzen aufzustellen. Im Sommer sieht es schon anders aus. Auf so gut wie allen Gräbern stehen bunte Blumen, schöne Kerzen, verzierte Kreuze. Und trotzdem ist dieser Ort so traurig.

Als ich wieder zurück am Grab meines Dads bin, setzte ich mich zu ihm und starre auf die Kerze, die Leon und ich an Weihnachten aufgestellt haben.

Sie ist schon zur Hälfte abgebrannt und sieht nicht mehr schön aus, aber keiner von uns nimmt sich die Zeit, eine neue zu kaufen oder das Grab wieder aufzufrischen.

„Guten Morgen, Dad“, flüstere ich gen Himmel. „Es tut mir leid, dass ich so wenig bei dir war. Ich bin an deinem Tod Schuld, also sollte ich mich auch um dich kümmern, aber ich habe es nicht getan. Bitte verzeih mir. Ab jetzt werde ich für dich da sein, wann immer ich kann. Ich habe dich lieb.“

Es bleibt still. Natürlich. Was habe ich erwartet? Er ist nicht mehr da, er ist tot. Wie sollte er mir antworten können?

Eine Träne läuft mir über die Wange.

Ich möchte ihn doch nur einmal wieder sehen, einmal seine Stimme hören und seine Berührungen spüren. Alles, was ich will, ist ihn für einen Tag zurückzuhaben, ihm zu sagen, wie leid es mir tut, dass ich an der Sache schuld bin und dass er das alles nicht verdient hat.

Ich möchte mich auch bei Luca entschuldigen. Er hat so viel für mich getan, er war für mich da, wenn ich ihn brauchte, hat mir geholfen, mich besser fühlen zu lassen und vor allem hat er mir gezeigt, was es heißt, geliebt zu werden. Luca war so gut zu mir, er hat es nicht verdient, schlecht behandelt zu werden.

Weinend kuschel’ ich mich tiefer in die Winterjacke und ertrinke in Selbstmitleid und Schuldgefühlen.

***

Das laute Geräusch von Regen weckt mich auf und reißt mich aus einem unruhigen Schlaf.

Kalte Tropfen prasseln auf meine Haut nieder, durchnässen meine Jacke, meine Hose, selbst meine Schuhe.

Zitternd schließe ich meine Arme enger um meinen Körper, doch es ändert nichts. Das Wasser ist schon durch die Jacke gelaufen.

Mir ist so kalt, dass ich nicht mal mehr meine Finger spüre, geschweige denn meine Fußzehen.

Ich versuche wieder einzuschlafen, doch es will mir nicht so ganz gelingen und das, obwohl ich total erschöpft bin. Meine Arme und Beine fühlen sich schwach an, in meinem Kopf ist ein leichtes Drücken zu spüren und das Zittern wird immer stärker.

Immer wieder drehe ich mich in eine andere Position, um endlich gemütlich zu liegen auf diesem harten ungemütlichen Friedhofboden.

Als ich endlich so liege, dass kein Ast oder Stein drückt, atme ich erleichtert aus. Auch mein Zittern ist nun vorüber und mir ist etwas wärmer.

Erneut schließe ich meine Augen, versuche an etwas Schönes zu denken, um endlich einschlafen zu können.

Nach einer Weile schrecke ich hoch.

Wo bin ich hier?

Verwirrt blicke ich mich um und entdecke mehrere gleich oder ähnlich geformte Steine, einen direkt neben mir. Auf ihm der Name meines Dads.

Was tue ich auf dem Friedhof?

Ich stehe auf und laufe Richtung Ausgang. Als ich über etwas stolpere, bleibe ich jedoch stehen.

Wo wollte ich nochmal hin?

Irritiert schaue ich mich um, kann jedoch nichts sehen. Also gehe ich den gesamten Weg wieder zurück. An einem Baum zucke ich erschrocken zusammen. Dort ist doch etwas. Ein Schatten, der sich bewegt.

Schnell laufe ich weiter, will nicht von jemandem verfolgt werden.

Wieder ist dort etwas, diesmal jedoch deutlich kleiner und auf dem Boden.

Ängstlich blicke ich mich um, lasse meinen Blick über den Platz schweifen und suche alles nach gruseligen Schatten oder hässlichen Kreaturen ab.

Ich habe das Gefühl, hinter jedem Baum lauert ein schreckliches Monster auf mich und wartet nur darauf, mich umzubringen.

Dazu kommen jetzt auch noch die lauten Geräusche. Ein furchtbares Pfeifen, das durch meinen Körper dröhnt und meine Knochen zum Beben bringt.

Es fühlt sich an, als würden die Ungeheuer von allen Seiten auf mich zukommen und mich in die Enge treiben wollen.

Mit rasendem Herz laufe ich zurück zum Grab meines Vaters und setzte mich erschöpft daneben.

Hier ist es ruhig, es ist friedlich und leise und frei von Monstern und Ungeheuern, die mir die Schuld an all den geschehenen Dingen geben wollen.

Erleichtert atme ich aus.

Ich bin so müde, dass meine Lider automatisch zufallen, weshalb ich mich wieder hinlege und kurz darauf auch schon einschlafe.

Shit happensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt