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MÜCKE

«Du machst mich nervös.»

Ich schielte vom Display meines Handys hoch zu meinem Vater. Dieser stand in der Küche und wusch seine Kaffeetasse aus. Die langsam dünner werdenden dunkelbraunen Haare standen ungekämmt ab, während der Schlaf noch immer in seinen goldbraunen Augen schlummerte.

Angespannt klemmte ich den Stab meines Lippenpiercings zwischen meine Zähne. Doch noch bevor ich etwas sagen konnte, schaltete sich Danica ein.

«Er wartet auf sein Date», klangvoll biss sie in den Apfel in ihrer Hand, während sie unbeeindruckt die Seiten in dem Buch, das in ihrem Schoss lag, umblätterte. Meine ältere Schwester sass mit angewinkelten Beinen auf einem der Stühle am Esstisch. Ihre Knie lugten aus den Löchern in ihrer schwarzen Jeans hervor. Danica hatte den Arm, in dessen Hand sie den Apfel hielt, auf ihren Knien abgestützt.

«Marin hat einen Freund?», stellte mein Vater die Frage nicht an mich, sondern an meine Schwester.

«Noch nicht», antwortete Danica erneut ohne vom Buch hochzublicken, «Aber vielleicht heute Abend schon.»

Nachdem ich alle mit meinem auf und ab tigern in den Wahnsinn getrieben hatte, liess ich mich genervt nach hinten auf die Couch fallen. Laika sah dies natürlich direkt als Einladung an, sich zu mir zu gesellen.

«Es ist kein Date», protestierend kraulte ich Laika hinter seinen Ohren. Natürlich war genau jetzt der Moment, dass das Handy in meiner Hand vibrierte. Doch es war leider kein Lebenszeichen von Birne. Stattdessen war es Gustav, der ein Meme mit unserer Felsengruppe teilte.

«Und der Papst bringt die Ostereier», zwinkerte Danica in meine Richtung.

«Das ist doch keine Redewendung», murmelte ich, ohne meinen Blick vom Handy abzuwenden. Ich hatte den Chat mit Birne wieder offen. Er schien, seitdem wir gestern Abend einen Treffpunkt ausgemacht hatten, nicht wieder online gewesen zu sein. Ob es was brachte, wenn ich jetzt nochmals schreiben würde?

Doch meine Finger waren mal wieder schneller gewesen als meine Gedanken und hatten die Nachricht bereits abgeschickt:

mücke, 10:08: hallo?????

«Glaubst du, der Junge versetzt ihn?», hörte ich meinen Vater Danica auf Kroatisch fragen. Obwohl mein Blick gebannt auf den Chat mit Birne klebte, schielte ich über den Rand meiner Brille hinüber zu meinem Vater und meiner Schwester.

Mittlerweile war ich tiefer in die Polster der Couch gesunken, sodass mein Kinn nun auf meiner Brust ruhte. «Ich kann euch übrigens verstehen», rief ich den beiden zu, ehe Danica einen ihrer ältere Schwester Sprüche bringen konnte.

Danica blickte unbeeindruckt zu mir hinüber. Ohne den Blick von mir abzulassen, band sie sich ihren Pferdeschwanz neu. Die ganze Situation brachte mich dazu, meine Augen zu verdrehen. Die automatische Sperre hatte mittlerweile auf meinem Handy eingesetzt, sodass ich nicht mehr auf den Chat mit Birne starrte, sondern ein schwarzes Display.

«Ich frage jetzt trotzdem», wandte sich nun mein Vater an mich. Mit verzogenem Gesicht blickte ich zu ihm hinüber. Eigentlich wollte ich noch nicht so weit sein, dass mein Vater sich in diese Sache einmischte, wenn ich selbst noch nicht wusste, wohin das mit Birne führen sollte.

«Magst du vielleicht stattdessen mit zum Wocheneinkauf kommen?», er blickte fast schon hoffnungsvoll mit seinem Dackelblick zu mir rüber.

Doch ich schüttelte nur den Kopf. «Keine Lust», antwortete ich ehrlich. Denn selbst wenn Birne mich vergessen hatte, war mein Interesse, einen Samstagmorgen in einem überfüllten Einkaufszentrum zu verbringen, gleich null.

in case I fall for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt