einundvierzig

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MÜCKE

Just in dem Moment, als ich von meinem Handy aufblickte, bog Birnes alter Mercedes in die Seitenstrasse bei meiner Arbeit ein. Ob es nötig gewesen war, dass Birne die Lichthupe einsetzen musste, um mir mitzuteilen, dass er jetzt da war, war was anderes.

Leise seufzend, aber dennoch mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht, liess ich mein Handy in meiner Hosentasche verschwinden. Ich wartete darauf, dass mein Freund den Wagen parkte, ehe ich die Türe der Beifahrerseite öffnete und einstieg. Birnes Hand fand schnell ihren Weg in meinen Nacken und zog mich in einen kurzen, aber dennoch stürmischen Begrüssungskuss.

«Küsst du mich jetzt immer so, als ob wir uns fünfzig Jahre nicht gesehen hatten?», fragte ich, als wir uns voneinander lösten. Ich strich meinem Freund ein paar Haare aus dem Gesicht nach hinten.

Statt einer Antwort, streckte Birne mir nur die Zunge entgegen. «Ich weiss nicht, wie du dir vorstellst begrüsst zu werden, wenn man sich seit Sonntag nicht mehr gesehen hat.»

Mittlerweile war es Freitag geworden. Ich hatte mich vorab beim Checkpoint schlau gemacht wann die Sprechstunden stattfanden. Da wir den letztmöglichen Termin um vier wahrnehmen wollten, hatten Birne und ich nur bis fünfzehn Uhr gearbeitet. Birne war fasziniert davon gewesen, dass es auch eine queere Beratung gibt, weswegen ich mich dazu breitschlagen lassen hatte, neben dem Test auch noch diese mitzunehmen.

«Du kannst das Auto übrigens hierlassen», erklärte ich Birne, «Ich hab vorhin festgestellt, dass wir keine Minute von hier aus laufen müssen.»

Birnes Blick wanderte von mir hinzu dem alten Gebäude, in dem sich mein Arbeitgeber befand. «Hast du keine Angst, dass dich jemand von deinen Arbeitskollegen sehen könnte?»

Ich zuckte mit den Schultern. «Keine Ahnung», war ich ehrlich, «Ich hab ihnen ja gesagt, dass ich früher fertig mache, weil ich einen Arzttermin hab.»

Suchend wanderte mein Blick zu Birne. Dieser trommelte mit seinen Fingern auf dem Lenkrad herum. «Auf der Arbeit hab ich nur Kilian und Lissy davon erzählt, was wir heute vorhaben.»

«Ich hab auf der Arbeit nicht herum posaunt, dass ich mich auf sexuell übertragbare Krankheiten testen lasse», versicherte ich Birne. Ich streckte meinen Arm aus und hielt ihn Birne so lange hin, bis er mit seiner nach meiner Hand griff und unsere Finger ineinander verschränkte.

«Irgendwie war es leichter zu sagen, dass ich zum Arzt muss, statt mir irgendetwas dramatisches auszudenken», erklärte ich, während ich Birnes Hand drückte.

Eine Weile blieben wir noch so still im Auto sitzen, ehe ich mich getraute zu fragen: «Wollen wir?»

«Kann ich denn das Auto hier stehen lassen?», es war die Nervosität, die aus meinem Freund sprach. Nicht die Nervosität, dass er eine Busse wegen Falschparken oder abgeschleppt werden konnte, sondern dass der Test nicht gut laufen könnte.

«Du stehst auf einem Parkplatz mit einer Parkuhr», lachte ich mittlerweile selbst etwas nervös, «Natürlich kannst du den Wagen hier stehen lassen.»

Ich gab Birne noch einen Moment, ehe wir beide genug Mut angesammelt hatten, auszusteigen. Birne warf Kleingeld für etwas über eine Stunde in die Parkuhr ein. Der Schein, welcher von der Parkuhr ausgespuckt wurde, legte Birne hinter die Windschutzscheibe.

Birne suchte nach meiner Hand, als er neben mir stand. Mit einem festen Drücken gab er mir zu verstehen, dass wir starten konnten. Wir liefen die Strasse hinunter zur Tramhaltestelle, ehe wir nach links abbogen. Als das Gebäude, in dem sich der Checkpoint befand, näherte, merkte ich wie ich langsam selbst nervös wurde. Während ich befürchtete, dass meine Hände zu stark schwitzten und Birne gleich angeekelt meine Hand fallen liess, drückte mein Freund diese nur noch fester.

in case I fall for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt