MÜCKE
Dass der Sommer vor der Tür stand, liess sich langsam nicht mehr verleugnen. Auf den Plätzen der Stadt tummelten sich vermehrt die Massen. In der Luft hing der Geruch von Sonnencreme, eingehüllt in gedämpfte Musik aus den Musikboxen, welche die Leute mit sich trugen.
Die Strasse entlang des Bollwerks war gut gefüllt. Velos waren dicht aneinander geparkt, sodass der Gehweg stark reduziert war. Jugendliche fuhren in ihrem Leichtsinn auf ihren E-Scootern und Rollern beinahe Passanten über den Haufen. Einer der Gründe, weswegen ich mich dazu entschieden hatte, mein Skateboard auf meinen Rucksack zu schnallen.
Drahtesel waren mir wesentlich lieber als die vierbeinigen Reittiere. Dass Birnes Grosseltern eine Art Reiterhof führten, wäre nämlich eine Information gewesen, die ich gerne vor dem Wochenende bei ihnen gehabt hätte. Dass ich nämlich ein grosser Schisser bei Pferden war, war mir erst wieder bewusst geworden, als ich vor den Tieren auf dem Hof stand. Birne war natürlich dafür gewesen, dass wir ausreiten. Wobei es mir lieber gewesen wäre, wenn er mich geritten hätte.
Es hatte sich im Moment noch nichts in Sachen Intimität zwischen Birne und mir verändert. An den meisten Nächten, an denen ich mich anfangs bereit dazu fühlte einen Schritt weiterzugehen, machte ich meist einen kurzfristigen Rückzieher. Irgendwie schafften es meine Ängste, noch immer die Oberhand zu gewinnen. Also blieben wir hauptsächlich beim Fummeln.
An der Ampel stehend, welche mich vom Skateplatz trennte, fummelte ich mein Handy aus der Hosentasche. Ich stoppte die Musik, die ich bis gerade eben noch gehört hatte, ehe ich die Nachrichten-App öffnete. Gustav hatte sich bislang noch nicht gemeldet, um Bescheid zu geben, dass er beim Skatepark war. Dafür gab es eine neue Nachricht von Birne.
«Eigentlich ist ein Skateboard zum Fahren da.»
Ich zuckte zusammen, als ich den Klang eines hochspringenden Skateboards neben mir hörte. Das Handy in meiner Hand liess ich wieder in meiner Hosentasche verschwinden ohne die Nachricht meines Freundes gelesen zu haben. Stattdessen drehte ich mich zu einem schief grinsenden Gustav um, welcher neben mir zum Stehen gekommen war.
Als die Ampel auf Grün sprang, liefen wir gemeinsam über die Strasse.
«Na, den Loverboy zuhause gelassen?», fragend strich sich Gustav ein paar totblondierte Strähnen, die unter seiner schwarzen Kappe hervorlugten, hinters Ohr.
Es liess sich nicht vermeiden, die Augen zu verdrehen. «Birne unternimmt heute was mit seiner Mutter», klärte ich Gustav auf, «und zudem ist er der Meinung, dass ich auch mal wieder Zeit mit meinen Freunden ohne ihn verbringen sollte.»
Etwas skeptisch zog Gustav eine Augenbraue hoch. Wir waren mittlerweile bei den Rampen angelangt. Für einen Samstagmittag war der Skatepark schon recht gut belegt.
Unsere Sachen legten wir an einer gut überschaubaren Stelle ab. Gustav schlüpfte aus seiner Sweatjacke. Diese legte er schützend über unsere Rucksäcke, nachdem ich mein Skateboard aus der dafür vorgesehenen Halterung genommen hatte.
«Kommst du?», hörte ich Gustav ungeduldig fragen.
«Gleich», sagte ich und fummelte mein Handy aus meiner Hosentasche. Ich brachte nicht mal irgendwas zu sagen. Denn Gustav schien blind zu verstehen, dass ich kurz meinem Freund schreiben wollte.
Ich öffnete Birnes und meinen Nachrichtenverlauf:
🍐, 11:03: bin schon bisschen aufgeregt :3
lautete die letzte Nachricht meines Freundes. Ich freute mich für ihn, dass er endlich mal wieder Zeit mit seiner Mutter verbrachte. Er hatte es zwar versucht vor mir zu verstecken, als wir seine Grosseltern besucht hatten, aber die Trennung seiner Eltern schien schon etwas in ihm ausgelöst zu haben.
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in case I fall for you
General FictionDie große Liebe gibt es. Oder? Wo Mücke die Hoffnung, Liebe zu finden, fast aufgegeben hat, ist Birne fleißig am Suchen. Der eine hält sich lieber fern vom Zwischenmenschlichen, während der andere zwischen Tinder-Dates und hoffnungslosen Schwärmerei...