in case I fall for you

dreiundvierzig

BIRNE

Obwohl ich erst dachte, dass mein Puls sich nie wieder beruhigen würde und die ganze Nacht wach liegen werde, habe ich so gut geschlafen wie nie zuvor.

Mücke ist gegen Nachmittag gemeinsam mit Kilian aufgebrochen. Sie hatten nicht das gleiche Ziel, es war eher ein Zufall, dass sie gemeinsam gehen wollten.

Ich rutsche etwas tiefer in das warme Wasser, das ich in die Badewanne gelassen habe und versuche mein Handy nicht in den Schaum fallen zu lassen. Vielleicht habe ich es mit dem Badezusatz etwas übertrieben.

Aber das ist okay, weil es mich viel zu glücklich macht. Als Kind habe ich es geliebt zu baden. Doch mittlerweile nehme ich mir nicht mehr die Zeit dazu.

Da ich mich gerade viel zu sehr über das Schaumbad freue, mache ich ein Bild davon und poste es in meiner Story. Es sind ausschließlich meine Knie, der Rand der Badewanne und ganz viel Schaum zu sehen. Allerdings füge ich noch i wish u were here hinzu. Vollkommen bewusst markiere ich Mücke, aber verstecke den Tag. Er soll eine Benachrichtigung erhalten und verstehen, dass diese Nachricht an ihn geht.

Kaum ist die Story online, erreicht mich eine Nachricht.

muggi <3_18:47: warum tust du mir das an?????

Ich muss lachen und möchte am liebsten schreiben, dass ich das aus Liebe tue, aber formuliere es doch etwas anders. Nur weil wir es einmal gesagt haben, möchte ich es ihm nicht ab jetzt dauerhaft um die Ohren hauen.

birne_18:49: ich liebs einfach dich zu ärgern.

muggi <3_18:50: bei olympia würdest du dafür platin kriegen

birne_18:52: willst du bilder auf denen der schaum nichts zensiert?

Es fühlt sich an wie eine Drohung, aber ich liebe es.

muggi <3_18:52: NEIN

muggi <3_18:53: und ja

muggi <3_18:53: aber nein

Kurz überlege ich, ob ich auftauchen und ihm ein Selfie schicken soll, doch ich lasse es. Stattdessen lehne ich mich über den Rand der Wanne und lege mein Handy auf die Fliesen des Badezimmerbodens.

Ich wollte abschalten und nicht die ganze Zeit auf Social Media hängen.

Deshalb tauche ich wieder bis zu meiner Nase ins Wasser und schließe meine Augen.

In letzter Zeit ist so viel passiert, dass ich teilweise immer noch nicht ganz begriffen habe. Irgendwie ist eine Sache der anderen gefolgt. Mein Ziel für die nächsten Wochen ist etwas anzuhalten. Ich hoffe, dass ich dadurch auch allein wieder besser schlafen kann. Ich bin seit Ostern eigentlich dauerhaft aufgewühlt, aber auf verschiedene Arten und Weisen.

Von meinen Eltern habe ich in der Zwischenzeit nichts mehr gehört, was ich auch nicht sonderlich schlimm finde. Mittlerweile hat auch meine Panik nachgelassen, einen Anruf oder eine Nachricht von einem von ihnen zu erhalten.

Manchmal habe ich abgewogen, ob ich Mama mehr von Mücke und mir erzählen soll. Sie würde sich sicher für mich freuen. Allerdings weiß ich, dass sie es Papa erzählen würde, weil sie die Hoffnung nicht aufgeben kann, dass wir uns irgendwann doch für das Leben des anderen interessieren.

Im Großen und Ganzen bin ich aber ein ziemlich miserabler Sohn. Ich habe an Ostern für ein Drama gesorgt. Ich weiß dass es danach noch Stress gegeben hat und trotzdem habe ich Mama nie gefragt, wie es ihr geht.