zehn

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BIRNE

Ich umschließe meinen Plüschwolf mit beiden Armen und sehe an die Zimmerdecke. Nala liegt neben mir auf meinem Bett und schläft friedlich.

Seit Halloween bin ich ein einziges Häufchen Elend. Kilian hat diese Woche noch Urlaub. Daher bin ich gerade gut in der Lage, ihm aus dem Weg zu gehen. Die Arbeit ist gleichzeitig aber etwas trostloser.

Es erschließt sich mir nicht ganz, warum mich diese ganze Situation so mitnimmt. Genau genommen hat Gustav mir nur angeboten, meinen Wunsch zu erfüllen. Hätte ich nicht nachgegeben, sondern kurz drüber nachgedacht, wäre ich sicher darauf gekommen, dass das absolut dumm ist.

Von Mücke habe ich seitdem nichts mehr gehört. Mich würde es allerdings auch verärgern, wenn er einen meiner engsten Freunde in so eine bedeutungslose Geschichte hineinziehen würde. So wie ich Gustav eben in solch eine Situation gebracht habe.

Ich denke genau das ist das, was mich so stört. Damit habe ich nämlich nicht nur die Freundschaft zu Mücke, sondern auch zu Gustav in den Sand gesetzt.

Dabei kann ich nicht mal sagen, ob das mehr als ein verlockender Moment gewesen ist. Denn ich denke nicht, dass ich mehr als platonische Gefühle für ihn empfinde. Also habe ich mich selbst wieder in eine Situation verstrickt, in der es eigentlich nichts zu gewinnen gibt. Wie jedes Mal.

Richtung Abend klopft es an meiner Zimmertür. Nala sieht auf und klopft mit ihrem Schwanz auf die Matratze.

Meine Schwester seufzt, als sie mich erblickt. «Na du?»

«Hmpf», mache ich beleidigt.

«Immer noch Liebeskummer?», fragt sie und setzt sich zu mir aufs Bett.

«Ich habe keinen Liebeskummer», stell ich nochmals klar und betrachte sie mit finsterer Miene.

«Was ist es dann?»

Schulterzuckend reibe ich mir über die Augen. «Einfach bäh.»

Langsam spüre ich, wie meine Augen von Tränen gefüllt werden. Ich schniefe, weshalb Lou mich etwas zur Seite drückt.

«Komm schon, rutsch mal, du Baby.»

«Du kannst mich mal», schluchze ich und rücke Nala etwas auf die Pelle. Das stört die Hündin allerdings gar nicht. Sie sieht es eher als Einladung, mir einen feuchten Kuss quer übers Gesicht zu geben.

«Nala», brumme ich angewidert und reibe mir mit dem Handrücken über meine linke Gesichtshälfte.

Lou legt ihre Arme um mich und kuschelt ihren Kopf an meine Schulter.

«Meinst du, ich werde jemals eine ganz normale Beziehung führen?»

Mein Zwilling schweigt und scheint nach den richtigen Worten zu suchen. «Wenn das wirklich ist, was dein Herz begehrt, dann denke ich schon.»

«Wieso ist es so schwer, ein passendes Gegenstück zu finden?»

«Hm», macht Lou. «Kann es vielleicht sein, dass es dich runterzieht, wenn du Becca und Kilian zusammen siehst?»

So genau habe ich da noch nie drüber nachgedacht. Denn wenn wir zu dritt unterwegs sind, verhalten sie sich eher weniger wie ein Paar. Man fühlt sich kaum wie ein drittes Rad.

«Manchmal erwische ich mich schon dabei, wie ich mir sowas wünsche, also sich in meinen besten Freund zu verlieben und mit ihm zusammen zu sein. Dann fällt mir aber auf, dass Kilian mein bester Freund ist und dann verwerfe ich das alles wieder.»

Sie gluckst. «Ich kann mir euch beide auf diese Weise nicht vorstellen. Kilian würde mit dir noch wahnsinniger werden als jetzt schon.»

Ich bin unfassbar froh, dass er meinen Kuss vor knapp drei Jahren abgewehrt, aber mich nicht zum Pfeffer geschickt hat. Denn ich wüsste nicht, was ich ohne ihn tun würde. «Da hast du wohl recht», seufze ich. «Bin wirklich froh, dass er Becca hat.» In der Zeit, in der sie zusammen sind, ist sie auch für mich eine gute Freundin geworden. Zwei Fliegen mit einer Klappe, würde ich also sagen.

in case I fall for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt