Zweiunddreißig

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Bokuto's Gesichtsfarbe glich dem Weiß der Wand, an der er seine Stirn anlehnte.

Er war so bescheuert. Konnte er ein einziges Mal nachdenken, bevor er handelte? Akaashi hatte ihn doch so oft getadelt und nie hörte er auf das, was ihm sein ehemaliger Vize mitgab.

Frustriert warf er den Kopf an die Wand, an der seine Stirn ohnehin schon geklebt hatte. So feste, dass ein roter Balken zu erkennen war.

Kuroo sah seinen Freund mit Mitleid getränkten Augen an. Er war zwar wütend auf ihn. Doch hatte ihn das reuevolle Verhalten der ehemaligen Eule besänftigt.

Natürlich hatte er ihm gesagt, was du in den letzten Jahren durchstehen musstest. Doch ganz ins Detail, war er nicht eingegangen. Das stand dem ehemaligen Kapitän nicht zu. Aber was er definitiv nicht ausließ, war dass du das Ganze hauptsächlich für ihn getan hattest. Dass dir gedroht worden war, seiner Karriere im Weg zu stehen.

„Wo finde ich sie?" Ihm war bewusst, dass er dich bestimmt nicht mehr bei Onigiri Miya antreffen würde, dafür warst du viel zu aufgewühlt abgezischt.

Seufzend lehnte sich Kuroo an dieselbe Wand und überkreuzte seine Arme auf der Brust.

„Sie ist bestimmt auf dem Heimweg", nachdenklich sah er in die Ferne und wollte sich nicht ausmalen, wie verheult du wohl in die Bahn gestiegen bist.

Und damit lag er gar nicht falsch.

Im Shinkansen sitzend, lehntest du deine heiße Stirn an die kühlende Fensterscheibe und wolltest nicht einmal dein reflektierendes Selbst sehen, sobald ihr durch einen Tunnel rast.

Denn du konntest auch ohne Spiegel erahnen, wie miserabel und bemitleidenswert du aussehen musstest. Doch das war dir herzlichst egal. Die Schmerzen und das beklemmende Gefühl in deiner Brust, ließ dich keinen klaren Gedanken fassen.

Lügnerin..

Dieses Wort lief in deinem Gedächtnis Amok und wiederholte sich wie bei einer defekten Schallplatte immer und immer wieder.

Gedankenverloren schlepptest du deinen trägen Körper aus dem Shinkansen und betratst den riesigen Bahnhof in Shinjuku und liefst durch der enganeinandergereihte Menschenmenge hindurch. Kurz zweifeltest du deinen gesunden Menschenverstand an, wenn du bedachtest dass du als Aushilfe bei Osamu arbeitetest und dir viel zu oft diese auslaugende Zugfahrt gabst..

Das Gedränge um dich herum, ließ deine innere Unruhe nicht verblassen. Nein, sie machte es nur noch schlimmer.

Kalter Schweiß lief dir die Schläfen entlang und dein Puls raste in einem ungesunden Tempo.

An einer Mauer stützend, stolpertest du voran und betest endlich in deinem Apartment anzukommen.

Innerlich verfluchtest du Iwaizumi, der es für dich besorgt hatte. Anfangs fandest du es toll, inmitten der Großstadt zu hausen. Doch genau in solchen Momenten, bevorzugtest du lieber die idyllische Ruhe in einem Vorort, oder noch besser einem Dorf.

Erschöpft kamst du an deinem Apartment an und schlosst müde die Türe auf.

Noch nicht einmal von deiner Kleidung entledigt, warfst du dich auf dein Bett und vergrubst dein Gesicht in die vielen Kissen, die mehr zur Deko dienten, als dass du sie wirklich nutztest.

Das Vibrieren deines Handys ignoriertest du. Es war bestimmt Osamu, der sich wieder mal um dich sorgte, da du nicht zurückgekommen warst. Du nahmst dir feste vor, ihm später eine Nachricht zu schicken.

Die Erinnerung vom Turnier kam dir vor dein geistiges Auge und die schockierten und betrübten, goldenen Augen Bokutos.

Vielleicht.. warst du wirklich ein schlechter Mensch.

Du hattest ihn gar nicht verdient. Was hattest du denn erwartet oder erhofft..

Eigentlich bist du davon ausgegangen, ihn nie wiederzusehen. Auch wenn es dein sehnlichster Wunsch war, hattest du dich davor gesträubt. Denn du wusstest wie sehr du ihm wehgetan hast. Außerdem fandest du dich nicht gut genug, für eine so reine Seele, wie Bokuto es war.

Du warst emotional verbraucht und wer wollte so jemanden schon haben?

Bei deinen negativen Gedanken, brannte dir die salzige Flüssigkeit in den Augen und bahnten sich ihren Weg geradewegs hinab.

Das schrille Läuten an deiner Türe, ließ dich erschreckt aufhorchen. Dein Herz raste in deinem Brustkorb.

Kurz wischtest du dir unter den Augen entlang, denn wie ein Panda wolltest du niemandem gegenübertreten.

Doch dein Atem stockte, als du erkanntest wer vor deiner Türe stand.

„Den Rest schaffst du oder?", behutsam legte Kuroo seinem Kumpel die Hand auf die Schulter.

Warf dir einen besorgten Blick zu, doch vertuschte es mit einem sanften Lächeln.

Unsicher blicktest du den Mann an, der dich in diese Lage gebracht hatte und fingst unweigerlich an zu zittern.

Angst machte sich in dir breit. Angst vor Ablehnung. Angst vor erneuten Vorwürfen. Angst vor seinem Hass.

Deine Stimme bebte, als du deine nächsten Worte stotternd hervorbrachtest.

„H-Hab.. hab ich n-noch.. etwas getan? D-Dann t-tut es mir leid", deine Augen waren getränkt in Furcht, tief hattest du dich verbeugt und ließt Bokuto entsetzt die Augen weiten.

Hatte er nicht gemerkt, was seine Worte angerichtet hatten?

Kuroo's Blick wurde ernst, ehe er vortrat und dir zaghaft durch dir Haare wuschelte.

Automatisch entspanntest du dich unter seiner Berührung und redetest dir innerlich ein, dass es nur sie waren.

Kuroo und Bokuto.

Sie waren es. Niemand anderes. Deine Atmung beruhigte sich langsam.

„Ich glaube ihr habt einiges zu klären, wenn was ist.. ruft ihr an", bestimmte er, als er zum Abschied die Hand hob.

Er und Iwaizumi bestanden darauf, dass ihr drei nah beieinander wohntet. Darüber warst du nun mehr als glücklich.

What's left of me - Bokuto x Reader/OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt