Teil 87

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Damit war die Sache zwischen Pixel und mir geklärt. Er durfte bleiben, aber bei seinem nächsten Patzer würde ich nicht mehr so großzügig darüber hinweg sehen. Das er mich im Stich ließ, ging einfach nicht. Zu unserer beider Glück kam dann auch bald Rat und lenkte uns von der gegenseitig, noch immer vorhandenen, Anspannung ab. Während ich von Rat seinen berühmten Eintopf und den Milchshake bekam, brachte ich ihn auf den neusten Stand, wobei ich Pixels feigen Rückzieher natürlich ausließ. Rat war genauso froh wie ich, dass es Nikki gut ging und er bestand darauf, dass ich sie so bald wie möglich hierher bringen sollte, er würde sogar etwas ganz besonderes für uns vorbereiten. Außerdem ließ unser alter Freund es sich nicht nehmen, mir Essen für Nikki, Imp und Zev mitzugeben, damit auch sie nicht zu hungern brauchten. Also hatte es sich doch noch mehr als gelohnt, dass ich kein Essen gekauft, sondern stattdessen bei Rat vorbei geschaut hatte. Reich mit Tüten beladen, jede von ihnen voll mit Styroporboxen voll von Essen und in Glasflaschen abgefüllten Milchshakes, trudelten Pixel und ich zurück Nachhause, ohne noch einen weiteren Umweg zu machen. Zwar wäre es sicher eine gute Idee gewesen, kleine Geschenke oder zumindest Süßigkeiten für Nikki zu kaufen, zur Feier das wir wieder vereint waren, aber das konnte man später ja immer noch erledigen. Mit einem vollen Bauch und noch volleren Händen machte es wenig Spaß, durch die vollgestopften Geschäfte zu wandern. Mit Pixels Hilfe war es nun wieder leicht, mich zurechtzufinden. Der kleine Fuchs navigierte uns wie gewohnt schnell und zuverlässig durch das enge Gewirr der Gassen hindurch und mied dabei ganz selbstverständlich die Straßen, die bekannt für Überfälle und ähnliches waren. Dieses Mal brauchten wir also nur eine halbe Stunde um wieder zurück beim Haus zu sein. Zwar hatte sich jemand bemüht, das Licht von Kerzen im Haus abzufangen, in dem man Decken vor die Fenster gehängt hatte, aber es half wenig. Jeder der hier vorbeilief sah auf den ersten Blick, dass das Haus noch oder schon wieder, bewohnt wurde. 

Jetzt, wo ich mal wieder so in Ruhe vor dem Haus stand und einen Moment inne hielt, alles um mich herum auf mich wirken ließ, fragte ich mich ja, warum wir hier keine Nachbarn hatten. Klar, dass verlassene Viertel war Ganggebiet und wären Nikki und ich keine harmlosen Kinder, hätten sie uns vermutlich entweder als Mitglieder abgeworben oder uns einfach niedergeschossen, aber dennoch. Es war so schön ruhig hier. Nur der Wind, der durch die kargen Blätter und wuchernde Gras strich. Der ganze Lärm der Stadt kam gar nicht bis hierher durch. Warum lebten also nicht mehr Leute hier? Das Wohngebiet war ja schon derart vollgestopft mit Hochhäusern und zusammengeschusterten Müllhütten, dass selbst manche Gassen und Durchgänge versperrt waren und die Sonne niemals dazu kam, den Boden zu berühren. Die Wohnungen waren winzig und überteuert, während es hier große Häuser gab die leer standen und wo sogar etwas Grünzeug wuchs. Wieso kam also scheinbar keiner auf die Idee, sich hier niederzulassen? War es wirklich nur wegen der Gangs? Den paar kleinen Banden die kaum der Rede wert waren und den ...? Ich kam zu dem Entschluss, Nikki dazu zu befragen, sobald es möglich war. Nikki war klug, sicher wusste sie auch das. »Worauf warten wir? Das Essen wird doch kalt« piepste Pixel neben mir. Für einen Moment hatte ich wieder vergessen, dass ich nun ja wieder einen Begleiter hatte. Vielleicht redete Pixel deswegen immer so gerne, er war klein und leicht zu übersehen, wenn er so still war. »Auf nichts. Lass uns reingehen« stimmte ich ihm also zu, kletterte auf die Mülltonne und dann durch das Fenster, hinein in die Küche. Dort saßen bereits Zev und Imp zusammen und führten offenbar ein Gespräch, dass sie jedoch sofort unterbrachen, als sie hörten das ich kam. Beide glotzten mich an, wie als hätten sie nicht erwartet das ich zurück kam, was Imp frecher Kommentar gleich darauf bestätigte »Wow, du bist ja doch wieder aufgetaucht. Wir dachten schon, du wärst wieder über eine Klippe gestürzt« stichelte er. Demonstrativ ließ ich mich auf einen leeren Stuhl fallen, zog eine der Styroporboxen aus der Tüte und schob sie Zev zu »Sei nur weiter so vorlaut, aber denk dran, ich bin hier diejenige mit dem Essen.« 

»Ja, genau! Ginessa hat das Essen« kam ein mühsames Krächzen von Pixel, der sich schwer damit tat, von der Mülltonne auf die Fensterbank zu kommen. Wild mit den Hinterpfoten strampelnd schaffte er es schließlich doch hinauf und richtete sich dort voller stolz auf. »Pixel?« Imp blieb der Mund offen stehen, dann grinste er breit »Hey du verbeulte Schrottkugel! Schön dich zu sehen!« der Junge erhob sich von seinem Platz, zog den Fuchs an sich und nahm ihn wieder mit zum Tisch. »Bin froh das du wieder da bist. Dein hirnverbranntes Gelaber hat mir gefehlt« Imp tätschelte Pixel den Kopf und nutzte dann meine kurze Unaufmerksamkeit um sich auch eine Packung Essen zu schnappen und zu sich zu ziehen. Mit einem kurzem Seufzen teilte ich den beiden auch noch die Milchshakes aus. »Hier, bitte. Ich bring Nikki auch was runter, in Ordnung? Darf ich?« bittend ging mein Blick zu Zev, der sich bereits auf seine Portion gestürzt hatte. »Ähm« brummelte er mit vollem Mund, ehe er schluckte und sich mit dem Ärmel über den verschmierten Mund wischte »Weißt du Ginnie, Nikki geht es echt nicht so gut. Dr. Suit meint zwar, sie ist außer Lebensgefahr aber trotzdem solltest du sie ausruhen lassen. Du kannst es ihr ja Morgen bringen, in Ordnung? Wir haben zwar nichts zum kaltstellen, aber Nikki ist sicher so hungrig, dass es ihr egal sein wird.« Zev machte Anstalten, mir den Kopf zu tätscheln, aber ich duckte mich beleidigt weg. Nichts wollte ich lieber, als meine Freundin zu sehen, aber ständig hielt Zev mich von ihr fern. Das war gemein, sehr gemein sogar! Nur die gute Tatsache, dass sie nicht mehr in Lebensgefahr schwebte, beruhigte mich ein wenig. Außerdem hatte ich mit Pixel heute schon genug Aufregung gehabt. »Gut, dann geh ich eben Schlafen. Und Morgen früh bring ich ihr dann sofort das Essen« beschloss ich, stand auf und verschwand samt der Tüte nach oben in mein Zimmer. Kaum hatte ich einen Fuß in mein Zimmer gesetzt, erklang das statische Ächzen des Funkgerätes. »Gin? Gin? Bist du da?« Es war war Marsie. 

Two BirdsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt