Kapitel 1: Nichts wärt wirklich ewig

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Erziraphael

Er konnte sein Glück noch immer kaum fassen, als er die Tür zu seinem Buchgeschäft öffnete, was von dem vertrauten Läuten der Glöckchen begleitet wurde. Keine zwei Schritte im Laden kamen ihm Nina und Maggie entgegen, die er freudig anlächelte. „Wir gehen gerade", sagte Maggie. „Sie werden sich viel zu erzählen haben", fügte Nina mit einem leicht belustigten Unterton hinzu. Wie konnten Sie das nur wissen? Sie mussten eine Art siebten Sinn oder wie sonst haben. Ansonsten war es schier unmöglich, dass sie etwas von seinem Gespräch mit dem Metatron mitbekommen hatten. Er atmete tief ein um seine flatternden Nerven zu beruhigen, da sah er auch schon Crowley, der in seiner Arbeitsecke bei der großen Standuhr stand. Hatten sich die beiden etwa auf Crowley bezogen? Wollte er etwa ...?

Und da ergriff jener auch schon das Wort. Stockend und unsicher. Doch Erziraphael war viel zu aufgeregt, um ihn ausreden zu lassen und fiel ihm fast augenblicklich ins Wort, um ihm die fantastischen Neuigkeiten mitzuteilen. Doch auch dabei machte ihm seine Aufregung einen Strich durch die Rechnung und er verhaspelte sich, fing den Satz immer wieder neu an bis er endlich halbwegs passable zusammenbekam: „Der Metatron, weißt du, der ist glaube ich gar kein schlechter Kerl, nur jemand, den ich wohl falsch eingeschätzt habe. Nun ... ähm ..." Auf der Suche nach den richtigen Worten kicherte er nervös, während Crowley ihn ... ungeduldig, wenn nicht sogar genervt anschaute.

Daher versuchte er möglichst schnell sein Gespräch mit dem Metatron zusammenzufassen. Dabei brodelten seine Gefühle beinahe über. Endlich hatte der Himmel seinen Wert erkannt, erkannt, dass er gut war. Der Himmel wollte ihn. Ermöglichte ihm sogar, Crowley wieder zu einem Engel zu machen. Ihn auf die Seite der Guten zu holen. Sie könnten gemeinsam in dem Himmel zurückkehren. Es würde so schön werden, so viel schöner als er es sich die letzten Jahrtausende zu hoffen gewagt hatte. Vom Himmel anerkannt und wertgeschätzt und Crowley würde als Engel an seiner Seite sein. Gefangen in seiner Euphorie brauchte er einige Augenblicke um zu realisieren, dass seine wundervollen Nachrichten bei Crowley keine elysischen Gefühle hervorriefen. Ganz im Gegenteil er wirkte ... wütend?

Crowley

Bei Satan noch eins, das konnte doch nicht der Ernst dieses einfältigen, dummen Engels sein? Hörte er sich selbst beim Reden zu? Was hatte der Metatron mit ihm getan? Ihm irgendwas in den Kaffee gemischt? Drogen? Zumindest wirkte der Engel auf ihn, als wäre er in einem ziemlich heftigen Rausch gefangen. Er musste ihm das Brett von den Augen reißen, dass seine Sicht allem Anschein nach sehr stark zu behindern schien. Er musste ihm klarmachen, dass er besser als das war. Wie er schon vor einer gefühlten Ewigkeit zu Nina gesagt hatte (okay es konnte sich nur um wenige Tage, wenn überhaupt, handeln): „Sein Engel war zu gut, um für irgendjemanden nur so etwas wie ein Zeitvertreib, eine zweite Wahl zu sein." Denn so behandelte der Himmel den Engel.

Jetzt wo Gabriel in ihren Augen versagt hatte, suchten sie nach der nächsten Marionette, die sie für ihre Zwecke benutzen konnten. Und Erziraphael war dafür so perfekt geeignet, wie sonst niemand. Gäbe es im Duden ein Bild zum Wort „naiv", hätte mein sein Portrait dort finden müssen. Seit Jahrtausenden hing er dem Himmel in dieser fast schon kindlichen Naivität nach, die liebenswert wäre, wenn es ihn nicht in solch große Gefahr bringen würde. Merkte er denn wirklich nicht, dass die da oben ihn sofort fallen lassen würden, wenn Erziraphael sich auch nur einen Fehltritt erlauben würde? Verdammt Nina hatte recht, Erziraphael war wirklich viel zu sanft und glaubte immer noch an das Gute in den Menschen. Und an das Gute im Himmel. Das Gute in ihm. Er musste ihm klarmachen, dass er ihn nicht retten musste. Musste ihm vor Augen führen, was er nicht sehen wollte.

„Wenn der Himmel alles auf der Erde tötet, dann wird es ebenso tot sein, als wenn die Hölle dies täte. Sag mir, dass du nein gesagt hast!" Fast schon drohend bewegte er sich auf den Engel zu wiederholte: „Sag mir, dass du nein gesagt hast!" „Wenn ich das Sagen hätte ... könnte ich etwas verändern", entgegnete der Engel so hoffnungsvoll, dass Crowley fast schon schlecht wurde. In drei Teufels Namen noch eins, der Engel war noch naiver als er eh schon befürchtet hatte. Genervt atmet Crowley aus und drehte sich von dem Engel weg und einmal um seine Achse. Es war, als würde er mit einer Wand reden. Daher suchte er nochmal nach den richtigen Worten. Aziraphal würde dies sicher bedeutend leichter fallen, aber dieser schien sich aktuell nur noch darauf zu verstehen Stuss zu reden.

Die Grautöne unserer SeiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt