Erziraphael
Nachdem er die wichtigen Dinge in die Wege geleitet hatte, ging er in das Hinterzimmer des Buchladens, um den Châteauneuf-du-Pape zu holen. Kurz musste er an vorherige Abende denken, die er hier mit Crowley, Unmengen an Alkohol und mehr oder minder ernsthaften Gesprächen verbracht hatte. Es würde weitere solcher Abende geben, dafür würde er sorgen. Es würde alles wieder gut werden.
Sich so selbst mutmachend betrat er die kleine Abstellkammer, wo er sich zu wundern begann. Entweder ließen ihn seine Erinnerungen im Stich oder es waren zwei Flaschen des gesuchten Weines abhandengekommen. Muriel schloss er als mögliche Täterin aus, dafür war sie viel zu gutherzig. Und aufgrund des eher kleinen Kreises an Verdächtigen, blieb da auch eigentlich nur noch Crowley übrig. War er etwa in der Zeit, als Erziraphael im Himmel war, hier gewesen? Oder hatte sich jemand ganz anderes hier umgesehen?
Während er noch darüber nachdachte fiel ihm ein weiteres Detail ins Auge, dass nicht stimmte. Das Bild über dem Weinregal hing schief. Nur ein klein wenig, aber dennoch schief. Mit klopfendem Herzen schaute Erziraphael nach dem Safe. Soweit schien alles in Ordnung zu sein und als er ihn öffnete, stellte er erleichtert fest, dass auch das Polaroid noch an Ort und Stelle lag. Beinahe sanft nahm er es in seine Hände. Dabei bemerkte er, dass eine gewisse ... Energie von ihm ausging. Eine sehr vertraute Energiesignatur, um genau zu sein.
In seinem Kopf setzten sich weitere Puzzleteile zusammen. Crowley war scheinbar hier gewesen. Wahrscheinlich nur, um ihn um einige Flaschen Châteauneuf-du-Pape zu erleichtern, um ihm eins auszuwischen. Dabei schien er auf den Safe gestoßen zu sein und hatte ihn geöffnet. Erziraphael musste lächeln. Dann erinnerte sich Crowley also noch an jenen Tag. Zudem kannte der Dämon ihn scheinbar gut genug, um eins und eins zusammenzuzählen und den Safe zu öffnen. Dort hatte er dann das Polaroid gefunden und ...
Wenn Erziraphael die spürbare Energiesignatur richtig deutete, dann hatte er vielleicht den Ort gefunden, an dem Crowley den fehlenden Teil seines Selbst versteckt hatte. Schließlich hatte Agnes angemerkt, dass es der Teil irgendwo liegen, statt fliegen würde. Behutsam verstaute Erziraphael das Polaroid in seiner Anzugtasche, bevor er nach zwei Flaschen des Weins griff und zurück in den Hauptraum ging.
Dort stellte er zwei Weingläser auf den Couchtisch und goss schonmal ein, damit der Wein Zeit zum Atmen bekam. Die angefangene und noch verschlossene Flasche stellte er dann auf den Tisch und nahm noch einmal das Polaroid heraus. Das Versteck hatte er also gefunden. Nun musste er nur noch einen ausgesprochen starrköpfigen Dämon davon überzeugen, mit ihm darüber zu reden, warum er sich überhaupt von diesem Teil getrennt hatte und ihn davon überzeugen wieder vollständig zu werden. Erziraphael seufzte leise. Das könnte ja heiter werden.
Crowley
Es dauerte einige Minuten, bis die Schmerzen soweit abgeebbt waren, dass er wieder aufstehen konnte. Er legte seine nicht mehr zu rettende restliche Bekleidung zu den Fetzen, die auf dem Boden vor der Dusche lagen. Dann wusch er sich den restlichen Schmutz vom Körper und säuberte seine Wunden. Stellenweise hatte das Weihwasser sich tief in seine Haut gefressen und tiefe Spuren hinterlassen. Andere Stellen gingen weniger tief, waren dafür aber großflächiger verätzt. Dennoch biss Crowley die Zähne zusammen, bis er einfach nicht mehr konnte und erschöpft das Wasser abstellte. Das musste reichen.
Als er die Dusche verließ wollte er sich gerade neue Kleidung herbeiwundern, als sein Blick auf einen sauber zusammengefalteten Stapel fiel. Erziraphael hatte scheinbar bereits daran gedacht und ihm in weiser Voraussicht bereits etwas passendes herbeigewundert. Vielleicht war er auch besorgt gewesen, dass Crowley selbst unter Umständen zu ausgebrannt sein würde, um sich selbst darum zu sorgen. Oder er wollte einfach nur sichergehen, dass der Dämon nicht einfach splitterfasernackt durch sein Buchgeschäft laufen würde.
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Die Grautöne unserer Seite
Fiksi Penggemar„Wir nennen es ... die zweite Wiederkunft." Man hätte es passenderweise auch den erneuten Versuch die Welt untergehen lassen nennen können, doch dies würde keinen himmlischen Standard erfüllen. Und so werden der Dämon Crowley und der nun oberste Erz...