Kapitel 22

227 11 0
                                    

Es war früher Abend, als Peter bei den Andrews vor der Tür stand und klingelte. Sie hatten zwar keine feste Uhrzeit abgemacht, aber er war einfach davon ausgegangen, dass Bob ohnehin Zuhause sein würde.

Mrs Andrews öffnete ihm guter Laune und schickte ihn gleich zu ihrem Sohn nach oben aufs Zimmer. Peter klopfte leise und steckte dann seinen Kopf durch die Tür.
"Bob? Kann ich reinkommen?", fragte er vorsichtig und sah sich grob im Zimmer um, eher er die Tür weiter aufschob. Keiner zu sehen.
Verwundert betrat er den Raum und drehte sich in der Mitte des Zimmers einmal um die eigene Achse. "Bob?", versuchte er es erneut. Seine Augen fixierten den Schreibtisch. Darauf lag ein Buch. Aufgeschlagen. Scheinbar ein Notizbuch.
Irgendwie hatte es seine Aufmerksamkeit an sich gefesselt. Vermutlich hatte Bob bis eben noch dort am Schreibtisch gesessen.

Von seiner Position aus sah er bloß irgendwelche Buchstaben und dann ganz unten in der Ecke, eine Skizze. Diese Skizze wollte ihn nicht loslassen. Neugierig trat er einen Schritt näher. Natürlich sagte ihm sein Gefühl, dass er es lassen sollte. Dass er auf gar keinen Fall in Bobs Eigentum herumschnüffeln sollte. Durfte. Diese etlichen Notizbücher waren Bobs Heiligtum, darüber wachte er wie ein Adler. Aber er wollte ja auch gar nicht lesen, was sein Freund aufgeschrieben hatte, sondern nur dieses kleine Bild genauer betrachten. Er wusste zwar, dass sein Freund gerne zeichnete, aber ein Resultat seiner Kunst hatte er bisher nicht wirklich sehen dürfen. Außerdem sah diese Zeichnung jemandem verdammt ähnlich. Er würde nur noch ein paar Zentimeter näher heran müssen, um zu erkennen, um wen es sich da handelte.

"Peter. Was machst du denn hier? Ich hab' dich gar nicht klingeln gehört."
Der Zweite Detektiv fuhr erschrocken zur Tür um und fasste sich dabei ans Herz.
"Man hast du mich erschreckt!", stieß er atemlos hervor. Er fühlte sich so, als hätte man ihn bei etwas schlimmen erwischt.
Bob stand mit nassen Haaren, nur in T-shirt und Unterhosen vor ihm. Dem Anblick nach zu urteilen kam er gerade aus der Dusche. Peter schluckte, noch immer ganz nervös. Er bemerkte den skeptischen Blick seines Freundes, der mittlerweile ebenfalls das offene Notizbuch bemerkt hatte und sich vermutlich längst fragte, ob Peter heimlich hineingesehen hatte. Jedoch konfrontierte er ihn nicht mit dieser Anschuldigung. Stattdessen ging er wie selbstverständlich auf den Schreibtisch zu, schnappte sich beiläufig das Buch und verstaute es geschlossen im Regal, ohne dabei in irgendeiner Form Rechenschaft abzulegen. Seine Mimik wirkte dabei ganz verschlossen. Peter konnte keinerlei Emotionen aus seinem Gesicht lesen.

Er stand immer noch wie versteinert da.
"D-deine Mom hat mich reingelassen.", erklärte er so cool wie möglich. Dann sah er Bob dabei zu, wie dieser in eine Jeans schlüpfte. Er wirkte vollkommen unbeeindruckt. Wenn Peter es nicht besser wüsste, würde er sogar sagen sauer. Abweisend. War das etwa schon wieder seine Schuld? Hatte er wieder irgendwas falsch gemacht? Oder war seine Stimmung einfach so wieder schlechter?
Die Ungewissheit plagte ihn. Aber er wollte sich nicht durch unnötige Fragerei unbeliebt machen.

"Hattest du eine schöne Verabredung?"
Bob sah ihn nicht ein einziges Mal an, während er sprach. Seine Stimme klang fast so, als würde ein ironischer Unterton mitschwingen. Er gab sich beschäftigt, indem er sich erst frische Socken suchte, dann die nassen Locken durchkämmte und sich anschließend seine Brille auf die Nase setzte.
Ein Anblick, den Peter schon lange nicht mehr live erlebt hatte. Schon seit Ewigkeiten trug sein Freund Kontaktlinsen. So lange schon, dass er sogar fast vergessen hatte, dass Bob überhaupt eine Brille brauchte. Eine Sehschwäche hatte.

Die Brille ließ ihn sofort jünger wirken. Unschuldiger. Niedlicher. Der Zweite erwischte sich bei einem verträumten Grinsen. Dann erinnerte er sich daran, dass er noch gar keine Antwort gegeben hatte.
"Die Verabredung? Achja meine Verabredung... ja die- war okay. Ganz in Ordnung."
Allmählich musste er sich von der Stelle bewegen, wenn er nicht völlig merkwürdig erscheinen wollte. Er hielt Ausschau nach einer passenden Sitzmöglichkeit und entschied sich schließlich für einen alten Drehstuhl.
"Sag mal was machst du da eigentlich?"
Bob durchwühlte unruhig eine Schublade nach der anderen und warf dabei immer wieder grummelnd ein paar Gegenstände durch den Raum. Der Dritte Detektiv war ja ohnehin nicht der Ordentlichste, doch dieses Chaos, das gerade entstand, war selbst für ihn zu viel des Guten.

Die drei ??? - und die verlorene Freude Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt