Bob und Peter saßen gemeinsam im kalten Sand, am Strand von Rocky Beach und schauten auf die gleichmäßigen Wellen. Den gesamten Nachmittag hatte Peter mit Surfen verbracht, während Bob am Strand gesessen, und den letzten Fall fein säuberlich niedergeschrieben hatte.
Er war nicht mit Peter zusammen hierherkommen. Dieser war wie immer mit Jeffrey hier zum Surfen unterwegs gewesen. Vielmehr war es mehr oder weniger ein Zufall gewesen, dass Bob hier auf ihn getroffen war. Der kleine Strandabschnitt an dem sie sich befanden war sozusagen ihr Geheimtipp.
Genauer gesagt hatte Bob die Stelle vor Ewigkeiten entdeckt, als er sich eine ruhige, einsame Stelle am Wasser gesucht hatte. Gutherzig wie er war, hatte er die Stelle schließlich Peter zum Surfen empfohlen und seitdem kam auch er oftmals hierher.
An diesem Abend war es also tatsächlich Zufall, dass sie sich gleichzeitig hier befanden. So hatte Bob neben seiner Schreiberei hin und wieder ein bisschen beim Surfen zugesehen, bis Peter sich irgendwann von Jeffrey verabschiedet, umgezogen, und zu ihm in den Sand gesellt hatte. Eine lange Zeit hatte dann keiner von ihnen was gesagt. Peter war schweigsam, weil die letzten Stunden sportlicher Aktivität ihn so angestrengt hatten, Bob war schweigsam, weil er so in Gedanken versunken war.
"Ich fühle mich so unglaublich einsam.", flüsterte Bob dann irgendwann bedrückt in die Stille hinein. Er konnte selbst nicht ganz glauben, dass er diesen Gedanken tatsächlich laut ausgesprochen hatte. Normalerweise sprach er mit niemandem über seine Gefühle und schon gar nicht mit Peter, der von all dem Gefühlskram ohnehin keine große Ahnung hatte. Ihm schien es einfach immer gut zu gehen. Zumindest ließ er dies sein Umfeld gerne glauben. Bob glaubte es.
Irritiert sah Peter ihn an und grinste.
"Du bist doch nicht einsam! Du hast doch uns! Mich und Justus, deine Familie-"
" Du verstehst das nicht.", schnitt Bob ihm energisch das Wort ab. Er wusste, dass es eine blöde Idee gewesen war, seine Gedanken preiszugeben. Peter würde es einfach nicht verstehen können. Niemand würde das. Er verstand es ja selbst nicht."Na dann hilf mir eben es zu verstehen.", entgegnete Peter beleidigt.
"Ich verstehs ja selbst nicht. Es ist nun mal da, dieses Gefühl. Immer. Jeden Tag. Immer diese Einsamkeit." Bobs Hals schnürte sich mit jedem Wort enger zusammen. Es fiel ihm unheimlich schwer, sich zu erklären. Er spürte, wie ihm ganz heiß wurde vor Nervosität. Daher bemühte er sich umso mehr, seinen Blick weiterhin stur geradeaus auf das Wasser zu halten."Das Klingt ja fürchterlich.", gab Peter betroffen zu. Allmählich wurde er ganz nachdenklich. Bob seufzte.
"Was machst du, wenn deine Gedanken so durcheinander schreien? Wenn dein Kopf einfach keine Ruhe geben will?" Peter zog fragend eine Augenbraue hoch.
"Durcheinander schreien? Ich fürchte ich weiß nicht genau, was du meinst. Meine Gedanken sind... still. Meistens jedenfalls. Und wenn nicht, hilft mir eben Sport beim Ablenken. Danach ist mein Kopf wieder leer."Jetzt starrte Bob ihn ungläubig an. Vielleicht sollte er sich tatsächlich auch mal einer Sportart widmen. Schien ja Wunder zu wirken.
"Du willst mir echt sagen, dass deine Gedanken still sind? Das ist doch Blödsinn! Keine ewigen Zweifel und Fragen? Warum wir leben? Wofür wir hier sind? Wozu das alles gut sein soll?" Bobs Stimme überschlug sich vor Aufregung.
"Meine Güte das klingt ja unglaublich anstrengend. Macht doch gar keinen Sinn sich diese Fragen zu stellen." Peter zuckte gleichgültig mit den Schultern."Peter, dein Gehirn hätt' ich gerne. Für einen Tag." Der Rothaarige lachte verschmitzt.
"Kannst du gerne haben. Aber jetzt lass uns mal von hier verschwinden! Es ist schweinekalt und außerdem ziemlich unheimlich hier in der Dunkelheit." Er presste seine Jacke noch enger an seinen Körper, um zu verdeutlichen, wie kalt ihm war.
"Schisser.", kam es von Bob wie aus der Pistole geschossen. Peter beschloss die Neckerei zu ignorieren. Normalerweise ließ er sich diesen Vorwurf ganz und gar nicht gefallen, aber jetzt war er zu müde für eine Diskussion und außerdem bereitete ihm sein Freund mit dieser merkwürdigen Verfassung ein ganz ungutes Gefühl."Los komm, ich bring dich nach Hause. Morgen sieht die Welt wieder anders aus.", schlug Peter schließlich vor und sprang im selben Moment auf die Beine. Bob sah vorsichtig zu ihm auf.
"Nein ich... ich will nicht nach Hause. Auf keinen Fall.", protestierte Bob vehement. Peter runzelte die Stirn. Langsam wurde ihm die Sache zu blöd."Warum das denn?"
"Einfach... einfach so. Meine Eltern lassen mich einfach nicht in Ruhe mit ihrer Fragerei und ihren Sorgen. Sie... nerven eben." Peter wurde skeptisch. Dahinter musste noch mehr stecken. Diese Stammelei verbarg doch etwas!
"Deine Eltern lieben dich halt."
"Tun sie das?" Bobs Tonfall wurde gleichgültig.
"Jetzt redest du Unsinn Dritter. Das ist nicht fair. Natürlich lieben sie dich."
"Kann schon sein.", murmelte er. Peter wurde ungeduldig.
"Dann kommst du eben mit zu mir. Hauptsache weg hier. Los jetzt!" Er hielt dem Jüngeren seine Hand entgegen.
"Und deine Eltern?", hakte Bob verunsichert nach. Peter zog ihn mit Leichtigkeit auf die Beine.
"Schlafen längst."
"Deswegen ja."
"Mach dir keine Gedanken. Ist doch nicht das erste Mal dass du bei mir übernachtest."
"Ich hab' aber keine Sachen dabei.", protestierte Bob. Genervt verdrehte der Zweite Detektiv die Augen.
"Bob Andrews: willst du nun dass ich dich zu dir nach Hause fahre oder soll ich dir Unterschlupf bei mir gewähren? Hier am Strand wirst du jedenfalls nicht bleiben!" Bob hob unschuldig die Hände in die Höhe und verzog seine Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln.
"Ist ja gut, ist ja gut. Ich komm' mit zu dir. Aber wehe du schnarchst wieder so sehr wie beim letzten Mal. Und fahren tu ich selber. Meinen Käfer lass ich hier nicht stehen."
Peter freute sich sehr, seinen Freund wieder Lachen zu sehen. Es erleichterte ihn. "Das mit dem Schnarchen kann ich nicht versprechen."~
Keine zwanzig Minuten später drehte Peter den Schlüssel im Schloss herum und sie betraten zusammen sein Elternhaus.
"Pschh leise!", flüsterte Peter angespannt, als Bob sich gerade vollkommen geräuschfrei seine Schuhe ausgezogen hatte.
"Ich bin doch leise!", kam es zu seiner Verteidigung. Peter winkte ab und wechselte das Thema.
"Hast du noch Hunger?"
"Nein.", kam es prompt.
"Also ich hab 'n Riesen Appetit. Der ganze Sport macht mich immer unglaublich hungrig. Wann hast du zuletzt was gegessen?"
"Vor ein paar Stunden.", murmelte Bob.
Das war gelogen. Tatsächlich hatte er keine Ahnung mehr, wann er zuletzt etwas gegessen hatte. Hunger kannte er zumindest seit einigen Tagen nicht mehr. Appetit ebenso wenig.Peter machte sich eilig ein paar Sandwiches, während Bob unbeholfen daneben stand und zuschaute. In wenigen Bissen hatte der Zweite sein Abendessen verdrückt. Bob staunte immer wieder darüber, wie wenig Zeit Peter zum Essen brauchte. Sogar Justus aß langsamer. Dafür allerdings umso mehr.
"Komm wir gehen hoch. Aber leise! Mein Vater rastet aus wenn ihn jemand beim schlafen stört, das weißt du ja."
"Kann' ich mich noch gut d'ran erinnern.", entgegnete Bob wissend.Sie kamen sicher in Peters Zimmer an.
"Hier hast du ne Zahnbürste. Brauchst du was zum Anziehen?" Peter hielt ihm die Bürste entgegen.
"Ein T-Shirt wär nicht schlecht.", überlegte Bob.
"Für dich wohl eher ein Nachtkleid.", lachte Peter amüsiert und machte sich auf zu seinem Kleiderschrank.
DU LIEST GERADE
Die drei ??? - und die verlorene Freude
Hayran KurguIrgendwie ist plötzlich alles anders. Bob Andrews weiß nicht mehr wo ihm der Kopf steht und versucht händeringend sein altes Leben zurückzuerlangen. Seine Tage sind getrübt von so tiefer Traurigkeit, dass ihm allmählich die Möglichkeiten ausgehen...