Kapitel 1 ~ Das Toilettendesaster (1) ✔

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,,Nur wer den Mut zum Träumen hat, hat auch die Kraft zum Kämpfen."

- Altes Sprichwort -

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Es war Freitag Nachmittag kurz vor 15 Uhr. Oder besser gesagt 14:49 Uhr und 57 Sekunden. Damit hatte ich nun also endlich den Zeitpunkt der Woche erreicht, den sich jeder normale Mensch am Montagmorgen schmerzlichst herbeisehnte. Denn dieser Umstand bedeutete, dass das Wochenende nun kurz vor der Tür stand und die freien Tage daher zum Greifen nahe erschienen. Allein die Vorstellung, bald ungestört zwei Tage zu Hause verbringen zu können - ganz in Ruhe und ohne die Verpflichtung, seine sicheren vier Wände verlassen zu müssen - ließ die meisten Leute bereits verträumt aufseufzen. Ich meinerseits, schien jedoch nicht zu den normalen Menschen zu zählen. Zumindest verfluchte ich gerade diesen Freitag, der mich so viele Nerven kostete, dass ich mich schon fragte, ob ich mir nicht einfach wieder Neue eintransplantieren lassen konnte, wenn ich bald keine mehr zur Verfügung hatte. Gut. Zugegeben. Das klang jetzt etwas verrückt. Aber es wäre auf jeden Fall eine gute Sache gewesen, hätte dies so funktioniert.

Mit gesenktem Kopf und eingezogenen Schultern eilte ich durch die Flure der Uni und versuchte jeglichen Augenkontakt mit meinen Kommilitonen zu vermeiden. Das Herz schlug mir dabei bis zum Hals, vor lauter Angst, dass mir irgendjemand von ihnen weiter Beachtung schenken könnte. Denn der dunkle Fleck auf meiner Hose ließ mich mindestens so rot anlaufen, wie das Markenzeichen des Getränks selbst, dem ich das ganze Desaster zu verdanken hatte.

Coca-Cola lässt grüßen!

Warum musste auch immer mir so etwas Peinliches passieren? Ich war so unglaublich ungeschickt, dass es schon beinahe an ein Wunder grenzte, dass sich überhaupt noch irgendjemand in meine Nähe traute. Aber meine zwei besten Freunde, Aline und Leon, schien meine Schusseligkeit zum Glück kein bisschen zu stören. Im Gegenteil. Sie fanden es sogar unglaublich unterhaltsam und angeblich eine liebenswerte Eigenschaft von mir, die ich auf gar keinen Fall verlieren sollte. Zum Leidwesen meinerseits. Ich hätte gut und gerne darauf verzichten können.

Wie ich kurz darauf jedoch erleichtert feststellte, war meine Sorge, dass mir irgendjemand auch nur ansatzweise einen winzigen Funken Aufmerksamkeit schenken könnte, völlig unbegründet gewesen. Aber was hatte ich auch anderes erwartet. Ich war die Durchschnittlichkeit in Person. Hätte man mir ein Gütesiegel für meine Eigenschaften verpassen müssen, ich hätte in fast allen Bereichen ein ,,Befriedigend" erhalten. Nur in einer Kategorie wäre das etwas anders abgelaufen. Beim Punkt ,,Verpeiltheit" hätte ich garantiert ein ,,Sehr gut" mit drei Sternchen und zehn Ausrufezeichen abgeräumt. Oder vielleicht wäre es sogar in zwei Kategorien auf kein ,,Befriedigend" hinausgelaufen. Im Bereich ,,Bettgeschichten"... ach, lassen wir das.

Mit meinen 1,74 m, den verwaschenen, grün-braunen Augen, die sich nicht so ganz entscheiden konnten, welche Farbe sie nun annehmen wollten, den dunkelblond gelockten Haaren, den Kontaktlinsen, ohne die ich mindestens so blind gewesen wäre, wie ein Maulwurf mit verbundenen Augen - nicht dass ich schonmal einen Maulwurf mit verbundenen Augen gesehen hätte, aber der Vergleich passte einfach so gut - und einer recht durchschnittlichen Figur, fiel ich nicht gerade auf. Das konnte ganz schön frustrierend sein. Vor allem, wenn man eine wunderschöne beste Freundin hatte, die einem Model in nichts nachstand. Neben ihr musste ich aussehen, wie ein Neandertaler in Damenbekleidung. Und das war in diesem Fall sogar noch nett ausgedrückt.

Na gut, womöglich klang das Ganze jetzt alles etwas melodramatisch. Ich wusste schon, dass ich nicht so übel aussah, wie ich das jetzt hier gerade darstellte. Ich war eben durchschnittlich. Aber das war sowieso eine seltsame Angewohnheit des weiblichen Geschlechts. Nie waren sie mit sich selbst zufrieden und immer wollten sie das, was andere besaßen.

I'm a Dreamer - ErkenntnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt