Ich trat nach draußen an die frische Luft und blickte mich suchend nach dem Auto um, das Finn irgendwoher aufgetrieben hatte. Woher wusste ich auch nicht so genau, aber ich hatte ihn wohlweislich nicht danach gefragt. Schließlich war das Ganze sicherlich nicht legal vonstatten gegangen. Wie ich ja bereits wusste, war er ein begnadeter Einbrecher.
Da entdeckte ich auch schon den schwarzen Audi A8, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand und lief schnellen Schrittes darauf zu, ohne auf Finn zu warten, der in einigem Abstand folgte. Ich war innerlich so aufgewühlt, dass ich nicht still stehen bleiben konnte. Ich trat immer wieder unruhig von einem Fuß auf den anderen und wartete ungeduldig darauf, dass das Auto endlich aufgeschlossen wurde. Die Ungewissheit war einfach so verdammt nagend und die Sorge um Aline machte das Ganze nicht gerade besser.
Auf einmal schlangen sich da zwei starke Arme von hinten um meinen Körper und hielten mich fest im Griff. Ich zuckte etwas zusammen, entspannte mich aber sofort wieder, als der vertraute Geruch von Finn meine Nase kitzelte.
"Ganz ruhig, Emmi. Ganz ruhig. Egal, was Aline auch gefunden hat, es wird schon nicht so schlimm sein. Und wenn doch, ich bin bei dir. Egal, was noch alles kommen mag. Versprochen", hauchte er in mein Ohr, was mir warme Schauer über den Rücken jagen ließ.
"Danke", flüsterte ich schwach zurück, da es für mehr nicht reichte. Aber das war auch genug. In diesem Wort lag alles, was ich empfand. Meine vollkommene Zuneigung, meine Dankbarkeit und meine Verbundenheit zu ihm. Ohne Finn wäre ich jetzt nicht mehr hier gewesen. Ohne ihn wäre ich um es genauer zu sagen, nirgends mehr gewesen, außer vielleicht unter der Erde.
"Nichts zu danken. Für dich würde ich alles tun", erwiderte Finn mit weicher Stimme, wobei eine gewisse Wehmut darin mitschwang, die ich nicht so ganz verstand.
"Wir müssen jetzt aber wirklich weiter", erinnerte ich Finn, der mir einen zarten Kuss auf die Haare drückte und die Tür des Autos aufhielt:
"Für Sie meine Dame."
Ich schüttelte den Kopf und ließ mich auf den Beifahrersitz fallen. Wäre die Situation nicht ganz so ernst und die Welt noch normal gewesen, ich hätte mir den Spaß erlaubt und bei Finns Mist mitgespielt. Doch die Welt war nicht mehr in Ordnung. Oder besser gesagt war sie das noch nie wirklich gewesen und ich hatte diese Tatsache schlicht und ergreifend nur nicht wahr haben wollen. Das schien mir viel plausibler zu sein. Und genau aus diesem Grund erwiderte ich auch nichts auf seine Worte.
Ungeduldig rutschte ich auf meinem Sitz hin und her und wartete, bis Finn endlich eingestiegen war und den Motor startete. Es ging mir alles einfach viel zu langsam. Ich wünschte mir, dass wir schon bei Aline angekommen wären. Denn dann hätte ich wenigstens gewusst, was mir bevorstand. So quälten mich jedoch nur die Gedanken an neue, schreckliche Erkenntnisse.
"Kannst du überhaupt fahren?", fragte ich mit gerunzelter Stirn, als wir auf die Straße bogen. Ich hatte ganz vergessen, dass Finn in einem Labor groß geworden war. Gab es dort überhaupt Autos? Wahrscheinlich eher nicht.
Mein Fahrer schenkte mir jedoch nur ein verächtliches Kopfschütteln und grinste dann:
"Sie mussten schließlich auch testen, ob wir Dreamer tatsächlich wie alle anderen in der Gesellschaft überleben könnten und haben daher das reale Leben ziemlich gut simuliert. Es gab Computer, mit denen wir das Autofahren gelernt haben. Und keine Sorge, ich war einer der Besten darin."
Ich konnte mir ein etwas sarkastisches: "Wie beruhigend", nicht verkneifen, was mir einen bösen Seitenblick von Finn einbrachte:
"Hey! Ich kann das, verstanden?! Pass nur auf..."
"Ist ja schon gut. Dass ihr euch auch immer gleich in eurer Männlichkeit angegriffen fühlen müsst, wenn es um's Autofahren geht", stöhnte ich genervt auf, wobei ich in Gedanken jedoch schon wieder ganz woanders war.
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I'm a Dreamer - Erkenntnis
Science FictionJeder kennt sie, jeder beneidet sie, jeder hasst sie. Die Dreamer. Menschen, die aussehen wie du und ich und es doch nicht sind. Menschen, die die Gabe haben, sich in deine Träume zu schleichen und dich dort zu verletzten, wo du es am wenigsten erwa...