Kapitel 7 ~ Unverhofft kommt oft

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Ich hielt es keine Minute länger in diesem Bett aus, das mir so unglaublich schmutzig vorkam. Wie hatte ich es bloß geschafft hier drinnen sieben Stunden lang zu schlafen? Oh mein Gott! Allein die Vorstellung von Leon und Gina halbnackt in meinem Zimmer ließ mich erschaudern. Bis heute Abend musste ich auf jeden Fall alles noch einmal gründlich gereinigt und mein Bett neu bezogen haben. Mit meiner alten Vampire Diaries Decke und meinem flauschigen Kuscheleisbär Flori, den ich zu meiner Geburt geschenkt bekommen hatte und dem mittlerweile ein halbes Ohr fehlte, da ich ihm mit vier Jahren versucht hatte die Haare zu schneiden, würde ich womöglich über dieses grausame Vergehen an meinem Bett hinweggetröstet werden - eher unwahrscheinlich, aber man durfte ja wohl noch träumen.

In diesem Moment kam mir der Gedanke, dass ich meine Vampire Diaries Decke gestern Morgen vielleicht auch einfach auf meinem Bett hätte lassen sollen. Dann wäre mein ach so toller, bester Freund und seine Flamme Gina möglicherweise auch nicht auf die bescheuerte Idee gekommen sich in mein Zimmer zu schleichen, um dort übereinander herzufallen. Schließlich musste der Anblick von Paul Wesley und Ian Somerhalder auf einen harten Kerl wie Leon doch ziemlich abturnend wirken. Wobei, bei dem geistigen Zustand der Beiden und unter Alkoholeinfluss hätten sie es womöglich auch auf dieser Decke getrieben und ich hätte mein Lieblingsbettbezug somit auch noch an die Dummheit dieser zwei Idioten verloren. Daher war es mit großer Wahrscheinlichkeit also doch die richtige Entscheidung gewesen mein Zimmer neu herzurichten. Ach, keine Ahnung. War ja auch alles egal. Ich wusste wirklich nicht mehr, was ich glauben sollte. An einem einzigen Tag war meine Welt aus den Fugen geraten und ich wusste nicht mehr, wie ich sie zurück an ihren rechtmäßigen Platz bringen konnte.

Schnell kroch ich aus dem Bett und schob die nichtsnutzigen Was-wäre-wenn-Fragen beiseite, die mich nur quälten. Sie halfen mir nämlich kein bisschen weiter. Besser erschien es mir da, dass ich mich langsam auf das bevorstehende Mittagessen mit meiner Familie konzentrierte. Denn das würde bereits in zwei Stunden beginnen und bis dahin musste ich die Fröhlichkeit in Person sein und gute Mine zum bösen Spiel machen.

Na gut, so schlimm war meine Familie nun auch wieder nicht. Ich liebte sie ohne Frage über alles. Aber ab und zu konnten sie auch ganz schön nerven. Doch das kam wohl in den besten Familien vor. Bei meiner heutigen Laune konnte ich jedoch für nichts garantieren. Hoffentlich würden mich meine Eltern im Bezug auf den Verlauf des gestrigen Abends nicht allzu sehr löchern. Lieber erzählte ich ihnen von meiner missglückten Woche an der Uni, als von dem Desaster auf meiner Geburtstagsparty. Schließlich konnte ich ihnen schlecht berichten, dass mein bester Freund, bei dem ich keine Ahnung hatte, was ich wirklich für ihn empfand, beinahe Sex mit meiner Feindin Nummer eins gehabt hatte und das in meinem Zimmer, ganz zu schweigen von der Sache, dass ein ausgewachsener Dreamer sie beschuldigte mich seit meiner Geburt belogen zu haben. Niemals würden diese Worte vor meinen Eltern über meine Lippen kommen. Nur über meine Leiche.

▪ ▪ ▪

Crazy erwartete mich wie jeden Morgen bereits sehnsüchtig vor dem Fressnapf und bekundete ihren Hunger überdeutlich. Schnell füllte ich diesen daraufhin auf und kraulte sie abwesend hinter den Ohren. Während Crazy fraß, schaltete ich die Nachrichten ein, um zu hören, ob Finn... der Dreamer endlich geschnappt worden war. Doch Fehlanzeige. Es fehlte noch immer jegliche Spur von ihm und niemand hatte etwas von ihm gehört oder auch nur das kleinste Lebenszeichen von ihm gesehen. Außer ich natürlich. Wow, da konnte ich mir ja etwas darauf einbilden. Ganz großes Kino.

Gähnend schlenderte ich zum Telefon hinüber, wobei meine nackten Füße ein eigentümliches Klatschen auf dem Fußboden verursachten. Hörte sich irgendwie seltsam an, in der sonst so leeren Wohnung. Es verdeutlichte mir nur einmal wieder, wie einsam ich hier war. Jedoch war ich im Moment ehrlich gesagt wirklich froh darüber. Eine Person, die mir vorhielt, dass ich heute gute Laune haben musste, da doch mein Geburtstag war, konnte ich gerade überhaupt nicht gebrauchen. Wer schrieb einem denn bitte auch vor, dass man an seinem Geburtstag nicht traurig sein durfte? Totaler Schwachsinn! Als ob dieser Tag irgendwie anders war, als die Tage zuvor.

I'm a Dreamer - ErkenntnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt