Wie betäubt bekomme ich mit, dass sie Riley auf die Knie zwingen und ihr Handfesseln anlegen. Wehrlos lässt sie es über sich ergehen, während mit mir dasselbe passiert.
Es wird kein Wort gesprochen, uns werden keine Anweisungen gegeben. Uns wird nur mit groben Gesten gezeigt, was wir zu tun haben. In Zeitlupe sehe ich zu, wie Riley mit gesenktem Kopf und halb geschlossenen Augen gehorcht. Hätte ich nicht gesehen, wie sie blinzelt, hätte ich gedacht, dass sie nicht mehr ansprechbar gewesen wäre. Vielleicht ist sie es auch nicht. Um ehrlich zu sein möchte ich es nicht wissen.
Etwas torkelnd folge ich ihr und dem Mann, der sie führt, in das Treppenhaus. Den Aufzug zu benutzen wäre zu riskant, weshalb ich diese Entscheidung gut nachvollziehen kann.
Doch entgegen meiner Erwartung werden wir nicht hinunter sondern weiter nach oben geführt. Bis zu Dach, welches nicht mal fünf Stockwerke weiter oben ist. Fragend sehe ich zu Olive, welche sich neben uns auf das Dach stellt und einem Hubschrauber entgegenblickt.
„Unten warten die anderen Super Soldaten. Mit ihnen hätten wir es nicht auch noch aufnehmen können", klärt sie mich kalt auf.
Schluckend sehe ich zu Riley zurück, welche schweigend und mit abwesendem Blick in die Leere starrt. Ein Teil von mir möchte wissen, wie sie sich gerade fühlt. Dreht sie durch, weil ihre Gedanken ihr vorspielen, dass der Horror wieder von vorne beginnt? Könnte sie glauben, dass sie wieder dasselbe durchmachen muss, wie beinahe ihr ganzes Leben schon?
Oder hat sie ihre Gedanken abgeschaltet, wartet nur noch auf ihre Auslieferung und hat es aufgegeben sich zu wehren? Hat sie sich aufgegeben? Weil sie glaubt, dass sie sowieso nicht entkommen kann?
„Was passiert mit ihr?", frage ich leise nach.
Von der Seite sehe ich, wie Olive meinem Blick folgt. Sie tritt ein wenig um mich herum und sieht von oben herab auf Riley.
„Das was sowieso passiert wäre. Sie wird in ein Loch gesperrt, welches wir wegwerfen. Sie wird keinen Tag lang mehr die Sonne sehen", droht sie erbarmungslos grinsend.
Schaudernd versuche ich die Angst zu unterdrücken. Hasst Olive Riley so sehr, weil ich Riley anstelle von ihr liebe? Nimmt sie ihr das übel?
„Ich bin blind. Ich habe seit acht Jahren keine Sonne mehr gesehen", murmelt zu meiner Überraschung Riley.
Sie dreht ihren Kopf nicht zu Olive oder zu mir, sondern starrt weiter in die Luft. Dennoch berührt es etwas in mir, dass sie scheinbar wohlauf ist. Darauf lässt sie es zumindest schließen.
„Dann wirst du sie eben nicht mehr auf deiner Haut spüren, besser?", zischt Olive genervt.
Riley nickt ein wenig und blinzelt noch einmal. Ich versuche mich ihr zu nähern, doch eine Hand an meinem rechten Oberarm lässt mich innehalten. Es ist nicht so, dass ich hier alle Agenten innerhalb weniger Minuten hätte überwältigen können.
Nur hätten diese Minuten wohl gereicht um Riley entweder als Geisel zu verwenden oder sie gleich umzulegen. Dieses Risiko möchte ich definitiv nicht eingehen.Mit einem lauten Rattern landet ein Hubschrauber vor uns auf dem Dach. Es windet stark und ich sehe Olive an, wie sie darum kämpft nicht zurückzuweichen. Riley und mich beeindruckt es zum Glück aber kaum.
„Einsteigen!", befiehlt Olive und mit einem Ruck werde ich nach vorne geschickt. Achtsam steige ich in den Hubschrauber und setze mich neben eine weitere bewaffnete Person, welche sich bereits in dem Helikopter befunden hat.
Besorgt sehe ich gleich darauf zu, wie Riley ebenfalls vorsichtig in den Hubschrauber klettert. Niemand hilft ihr dabei und sie fällt zweimal beinahe um, weil sie sich anstößt. Am Ende hat sie es geschafft und jemand hat sie grob auf den Sitz mir gegenüber gezogen.
Ungeschickt landet sie in dem Sessel und bleibt wie erstarrt. Ihre Augen sind auf den Boden gerichtet. Ihre Atmung ist kontrolliert und ihre Muskeln entspannt und locker. Riley zeigt in jeder Faser ihrer Aktionen, dass sie nachgeben wird. Was auch immer von ihr verlangt wird.
Schluckend und besorgt darüber, sehe ich zu Olive, welche sich grinsend neben mich setzt. Mit einem verführerischen Lächeln sieht sie zu mir auf und grinst siegesbewusst. Es ist ekelhaft, wie sehr sie sich darüber freut Riley – ihre vermeidliche Konkurrentin – aus dem Spiel gefegt zu haben. Das versuche ich ihr mit meinem Blick auch zu zeigen.
Diese Tatsache sorgt dafür, dass sich ein widerliches Gefühl von Abneigung in mir breit macht. Dieses Gefühl schafft, es, dass ich mich aus ihrem Griff winde und von ihr wegrücke.
Das wissende Grinsen, welches ich auf Rileys Lippen entdecke, sagt mir, dass sie es gehört und verstanden hat. Riley weiß, wie ich Olive gegenüber stehe und ist damit einverstanden. Irgendwo durch erleichtert mich das.
„Abflug!", schrie Olive durch den Lärm der Rotoren und tatsächlich heben wir nur wenige Sekunden später ab.
Riley muss sich neu ausbalancieren und lehnt sich ein wenig nach vorne, näher an mich heran. Leider auch an Olive heran, welche sie unliebsam am Kopf zurück auf den Platz schiebt. Erschrocken zieht Riley den Kopf ein und dreht diesen zur Seite. Ihr Atem stockt kurz, doch sogleich entspannt sie sich wieder.
„Sei bitte nicht so streng zu ihr. Du weißt, was sie durchgemacht hat", murmle ich Olive deprimiert zu.
Die Blondine dreht sich schnippisch zu mir um und mustert mich. Ich schlucke und senke den Blick. Ich will sie nicht ansehen. Es schmerzt, zugeben zu müssen, dass ich mich in ihr getäuscht habe.
„Das ist mir scheißegal. Sie verdient dich nicht und sie verdient es auch nicht, noch einen weiteren Tag in Freiheit zu verbringen", äußert Olive sich erzürnt.
Schluckend sehe nun ich zu Boden. Olive hat Recht, Riley verdient mich nicht. Sie verdient etwas viel besseres und kein Wrack wie mich. Aber sie sollte nicht wieder so eingesperrt werden, wie sie es kennt. Sie sollte noch im Turm des Power Brokers sitzen und frei über ihr Leben bestimmen können.
Doch nun kommt auch ein anderes Gefühl auf. Panik, über den Verlust, den ich wohl wieder erleiden werde. Denn sie werden Riley einsperren und womöglich niemanden mehr an sie heran lassen. Auch nicht mich. Ich werde sie vielleicht nie wieder sehen, obwohl sie noch lebt.
Und wenn ich sie sehe, dann vermutlich erst wieder, wenn sie die Waffe des Staates geworden ist. Womöglich zwingen sie uns gemeinsam zu arbeiten, aber wir werden keine Minute mehr alleine sein.
Weil wir beide Waffen sind und sichergestellt werden muss, dass wir uns nicht gegen sie verbünden.

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Alpha - New Mission
FanfictionAcht Jahre sind vergangen, seit Riley für tot erklärt wurde. Bucky kämpft mithilfe von Sam und Steve (Ja er lebt) gegen den Schmerz ihres Verlustes an, als sie unerwartet alle drei zu einer Mission gerufen werden. Ein Agent, welcher einen Attentat...