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Es dauerte eine Weile, bis Jean wieder zu sich kam. In der Zwischenzeit haben Alec und ich geschwiegen. Keiner von uns beiden weiß, was wir dem anderen hätten erzählen sollen.
Erfahrungsaustausche von unseren Zeiten bei Hydra? Oder was wir nach dem Verschwinden der Kinder getan haben? Noch einmal Rileys Tod durchgehen?

„Wie...wie habt ihr es bis hierher geschafft? In den Staaten wart ihr die meist gesuchten Personen", durchbreche ich stotternd endlich die unangenehme Stille.
„Als ob wir uns durch ein paar Straßenkontrollen und Zollmitarbeiter aufhalten lassen würden", erwidert Alec trocken.
Ich nicke überfordert und versuche mir meine Unbeholfenheit nicht anmerken zu lassen. Alec sieht zu meinem Glück zurück zu Jean, welche sich langsam beginnt zu regen.
„Wie kam sie nach Madripoor?", wage ich eine neue Frage zu stellen.
Alecs Blick verändert sich ein wenig und er sieht zu Boden. Froh darüber, wenigstens eine Reaktion zu erhalten, beobachte ich ihn weiter.
„Sie lief vor ihrer Pflegefamilie davon, anders als die Entführungstheorie der Polizei lautet. Weil sie dort nicht gut behandelt wurde. Aufgrund dessen, wer ihre leiblichen Eltern waren. Zwei Jahre nach Rileys Tod suchte ich sie. Als ich Jean dann fand, lebte sie auf der Strasse bei ein paar Junkies. Gleich darauf brachte ich sie nach Madripoor. Nicht der beste Ort um aufzuwachsen, aber es war die einzige Chance die sie auf ein gutes Leben noch hatte."
Berührt von der Geschichte nicke ich. Jean wurde aufgrund ihrer Eltern diskriminiert. Ihre Pflegefamilie nahm sich sogar das Recht heraus, sie schlecht zu behandeln.
„Ich hätte mich direkt nach eurer Flucht um sie kümmern sollen", erkenne ich.
Alec sieht überrascht zu mir, doch ich wende meinen Blick ab. Ich hätte doch für Jean das Sorgerecht übernehmen können. Für Jean hätte ich verantwortlich sein sollen.
„Du hattest andere Probleme. Hast du ja immer noch", bemerkt Alec kalt.
Fragend sehe ich zu ihm und er hebt kurz die Augenbrauen.
„Ich habe deine Akte gelesen. Ihr Tod hat dich womöglich härter getroffen als mich. Tut mir leid, dass ich auf so eine dumme Idee gekommen bin."
Jetzt wechselt mein Blick von fragend zu fassungslos. Alec bemerkt es und sieht zurück zu Jean.
„Liam ist noch immer ein sehr guter Hacker", gibt er kurz angebunden zu Protokoll.
Verstehend nicke ich.

Meine Muskeln spannen sich für einen Moment schmerzhaft an, während ein Schlag meinen Körper durchfährt.
Alec zuckt genauso zusammen.
„Hört auf zu quatschen", weist uns einer der Männer gelangweilt an.
Alec spannt seine Brust an und muss sich sichtlich zurückhalten. Sein Blick harrt auf Jean aus.
Ich sehe nur gehorsam nach unten.

Doch eine Bewegung lässt mich gleich wieder aufsehen. Jean beginnt sich zu regen und öffnet bald darauf auch die Augen.
Benommen sieht sie sich um und versucht die Situation einzuordnen. Alec rückt sofort etwas näher zu ihr und mustert sie scharf.
Rileys Tochter fesselt ihn sofort mit intensivem Blickkontakt. Währenddessen hebt und senkt ihr Brustkorb sich sichtbar schneller. Trotz der Beruhigungsmittel steht sie unter Stress.
Sie weiß, was diese Situation bedeutet.

„Wie schön, das Prinzesschen ist auch wieder wach", lacht Ivanic, während er auf uns zukommt. „Wenn alle zuhören, erkläre ich euch gerne die Spielregeln. Dann muss ich mich nicht wiederholen."
Kaum hat er das Wort ergriffen, starren ihm drei finstere Blicke entgegen. Jean neben mir kämpft sich gerade hoch, sodass sie nicht mehr am Boden liegt sondern sitzt. Ich kann aber deutlich sehen, wie ihr dabei schlecht wird.
„Also gut, Sie sprechen nur, wenn Sie dazu aufgefordert werden. Ansonsten schweigen Sie. Für zwei von Ihnen drei dürfte das kein allzu großes Problem darstellen", Ivanic lacht spottend auf. „Ich warne Sie, das was in nächster Zeit kommt, wird nicht lustig für Sie. Aber Sie könnten das auch umgehen indem sie mir bereitwillig alle meine Fragen beantworten. Wie klingt das?"
Wir alle drei schweigen und sehen inzwischen desinteressiert zu ihm auf. Uns allen ist klar, dass die Informationen, die er will, sehr gefährlich sein könnten.

„Na schön, wie Sie wollen."

Ivanic reißt mich plötzlich nach vorne und drückt mich auf dem Rücken zu Boden. Meine gefesselten Arme drücken unbequem hinein.
Erschrocken sehe ich mit geweiteten Augen zu dem Mann, welcher über mir steht. Sein Fuß an meinem Bauch verhindert, dass ich mich wegrollen kann.
„Mit welcher Frage beginne ich? Wie wäre es mit einer für dich", Ivanic sieht zu Alec, welcher erstarrt. „Wer ist der Power Broker?"
Alec wird etwas blass. Nicht viel, da er sicherlich darauf trainiert wurde, sich nicht zu verraten. Aber der Power Broker scheint ein heikles Thema für ihn zu sein.
„Das kann ich nicht sagen."
Ivanic lacht schnaubend und ehe ich mich versehe, befindet sich sein Fuß in meiner Magengrube. Dort gelandet ist er mit reichlich Anlauf.
Die Schmerzen lassen mich aufkeuchen und mir übel werden. Reflexartig krümme ich mich. Mein Hals drückt und ich habe das Gefühl dass das Essen, welches Steve mir heute aufgezwungen hat, wieder hochkommt.
Mit aufgerissenen und angstverzerrten Augen, blicke ich zu Ivanic auf.
Dieser grinst nur und sieht fordernd zu Alec zurück. Rileys Bruder starrt entschlossen zurück.
„Ich kann es nicht sagen", wiederholt er.
„Weil du nicht weißt, wer es ist oder weil du Angst hast?", geht Ivanic genauer auf ihn ein.
Doch Alec schweigt nur.
„Oder willst du ihn beschützen?"
Ivanic lacht auf. Doch zeitgleich trifft sein Fuß erneut meinen Körper. Der Schlag landet genau an meiner untersten Rippe und auf dem Zwerchfell.
Schmerzerfüllt schreie ich auf, während meine Rippe knackst. Gott, wie stark ist der Typ?
Ein schmerzhaft stumpfes Pochen bleibt erhalten, während Ivanic wieder zu Alec blickt. Nicht wissend, was ich mir von diesem wünsche sehe ich zu dem jüngeren Super Soldat.
Dieser hat seinen Kiefer fest zusammengepresst und sagt nichts. Er gibt nicht einmal einen Laut von sich.
„Also, aus welchem Grund sagst du mir nichts? Hm?", versucht Ivanic es weiter.
Alec bricht weder den Blickkontakt ab, noch gibt er eine Antwort. Scharf zuckt er aber sogleich zusammen und richtet sich etwas mehr auf.
Muskelgedächtnis. Elektroschock gleich Haltung einnehmen. Ich kenne es gut genug.
Ivanic scheint mit der Reaktion zufrieden zu sein. Grinsend wendet er sich wieder mir zu. Ich schaudere und versuche mich noch immer dem Pochen meiner Rippen anzupassen.
„Kennst du es auch noch, Soldat?"
Unwillkürlich schaudere ich und mache mich auf den elektrischen Schlag gefasst. Dieser kommt auch sofort und ich drücke meinen Rücken gerade. Meine Rippe protestiert schreiend gegen jede Bewegung.
Unterdrückt vor Schmerzen stöhnend presse ich die Lippen stärker aufeinander. Kurz muss ich auch meine Augen schließen um mich sammeln zu können.
„Warum verrätst du mir es nicht, Alpha 2-2? Es wäre so viel angenehmer für euch alle", zischt Ivanic.
Alec verkrampft sich bei seiner alten Codierung. Jean schießt Ivanic giftige Blicke zu. Dieser scheint es aber kaum wahrzunehmen. Ein Lachen ist alles, was er ihr an Reaktion schenkt. 

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Und hier wieder einmal ein neues Kapitel :) 

Was glaubt ihr, warum verrät Alec nichts?
Weil er darauf trainiert wurde unter Druck keine Informationen preiszugeben?
Oder aus einem anderen Grund? 
Lasst es mich in den Kommentaren wissen!

Bleibt alle Gesund und Munter und bis irgendwann!

Jas_Barnes

Alpha - New MissionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt