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Besorgt trete ich in den Besprechungsraum, den wir auch schon heute Morgen benutzt haben. Sofort fällt mir Olives zufriedenes Grinsen auf, während Alec sie scharf mustert.
Riley steht wortlos neben ihm, hat den Blick abwesend auf den Bode gesenkt und die Arme verschränkt. Ihre Finger zucken nervös.
„Was ist passiert?", frage ich offen in die Runde.
Riley blinzelt, wird sogleich aber wieder abwesender. Alec schickt mir wütende Blicke zu, während Liam eiskalt bleibt.
Es ist schließlich Steve, der sich erbarmt. Seufzend schiebt er mich mit einer Hand an der Schulter heraus, bis wir außer Hörweite sind.
„Was zum...", beginne ich verwirrt.
Doch Steve hebt die Hand und stoppt mich somit. Also schenke ich ihm einfach verwirrte Blicke.
„Die Regierung hat ihnen ein Ultimatum gestellt. Entweder sie ergeben sich. Oder sie jagen hier eine Atombombe in die Luft."
Bei seinen Worten sackt mir das Herz spürbar in die Hose, mir wird Kalt und frische Luft bleibt meiner Lunge fern. Das kann er nicht ernst meinen, oder? Sie können hier nicht alle Leben bedrohen nur um sie zu fassen.
„Die Kinder sind klar dagegen, aber Olive hat ihren Standpunkt ziemlich deutlich gemacht", fährt Steve fort. „Gerade scheint es keinen anderen Ausweg zu geben, als dass sie sich verhaften lassen, wenn sie die Bewohner von Madripoor retten wollen."
Fassungslos und völlig gegen die Wand gefahren starre ich meinen besten Freund an. Das kann nicht sein Ernst sein!
„Das...das kann der Staat doch nicht tun! Riley würde eine Haft nicht überleben! Genauso wenig, wie die anderen!", rufe ich schockiert aus.
Steve schluckt bedauernd und sieht mir direkt in die Augen. Mir wird nochmals um zehn Grad kälter, als ich verstehe, dass er es ernst meint. Die Regierung würde Tausende bis Millionen Tote in Kauf nehmen, um an die Kinder heranzukommen.
Um in Besitz von weiteren Super Waffen zu kommen.
„Das kann nicht sein, Steve... Wir-Wir müssen etwas dagegen unternehmen!"
Schluckend nickt er, doch ich sehe ihm an, dass er keine Ahnung hat, was. Wir haben keine Lösung für dieses Problem. Und damit wird es mindestens vier Leben kosten. Wenn nicht weitaus mehr...
„Ich versuche mit Olive zu sprechen", entscheide ich kurzerhand.
Steve nickt und beißt sich auf den Kiefer. Seine Muskeln sind angespannt und ich sehe ihm sehr deutlich an, dass er diese Situation und Hilflosigkeit genauso hasst, wie ich.

Nur zehn Minuten später stehe ich alleine mit Olive im Raum. Lächelnd sieht sie zu mir, während sie sich gegen den Tisch lehnt. Nervös sehe ich zu ihr.
„Was ist los, Bucky?", beginnt sie gelassen das Gespräch.
Tief durchatmend fasse ich mir Mut. Es geht hier um Rileys Leben.
„Gibt es keine andere Möglichkeit? Sie verdienen es nicht, im Gefängnis zu landen."
Olives Lächeln wird schwächer und macht Anspannung platz. Schluckend spanne ich meine Schultern an und halte Augenkontakt.
„Sie sind zu gefährlich. Sie stellen eine zu große Gefahr für die Staaten dar."
Mit langsam feucht werdenden Augen sehe ich zu ihr und versuche die Fassung zu bewahren.
„Das ist nicht wahr. Sie waren acht Jahre lang hier und haben den Staaten nichts getan. Sie sind keine Gefahr", beteuere ich.
Olive lässt genervt den Kopf hängen und sieht über die Augenränder zu mir. Steif und gerade aufgerichtet halte ich Augenkontakt.
„Wegen ihnen ist Lester tot. Mir egal, ob sie es waren oder nur gerade dastanden. Er ist tot. Wegen ihnen", besteht sie.
Fassungslos sehe ich sie an. Sie hat sich wirklich darauf festgebissen. Ich kann sie nicht mehr umstimmen.
„Bucky... Riley ist nicht gut für dich. Immerhin hat sie dich acht Jahre lang leiden lassen. Drei davon hast du in einer Nervenklinik verbracht, um Depressionen zu überstehen", versucht sie nun mich zu bequatschen.
„Und ich würde es wieder tun", falle ich ihr ins Wort. „Es mag sein, dass sie mich im Stich gelassen hat. Aber nur, weil sie um ihr eigenes Überleben kämpfen musste. Wegen euch. Und ich verzeihe ihr. Weil ich sie liebe."
Verletzt nach Luft schnappend sieht Olive betroffen zu mir. Mit tapfer gehobenem Kinn blicke ich zu ihr zurück.
„Ich liebe sie Olive. Und ich kann und werde nicht zulassen, dass ihr sie einsperrt. Das war sie lange genug. Wegen mir."
Tränen wegblinzelnd nickt sie und wendet ihr Gesicht ab. Man merkt ihr an, dass sie sich stark zusammenreißen muss, damit sie nicht richtig weint.
Schuldgefühle wollen mich packen und mir mein Herz zerquetschen. Aber ich weiß, dass es das richtige war. Es ist Riley gegenüber nur fair. Und Olive ist leider nicht die, für die ich sie gehalten habe.
„Ich hoffe, du verstehst es jetzt endlich", flüstere ich.
Gleich darauf stürme ich mit gesenktem Kopf an ihr vorbei und aus dem Raum. Kurz bevor ich die Tür schließe, höre ich sie schluchzen. Es tut weh, aber längst nicht so sehr, wie wenn es Riley wäre.

Als ich mich umdrehe erschrecke ich mich beinahe zu Tode. Alec steht vor mir, während eines der Kinder versucht an ihm hochzuklettern.
Seine Augen sind ausdruckslos auf mich gerichtet, während er mir einer Hand verhindert, dass das Kind – welches inzwischen auf seiner Hüfte sitzt – hinunterfällt.
„Du bist auf unserer Seite?", versichert er sich.
Schweigend nicke ich und atme tief durch. Meine Augen sind auf das Kind gerichtet, welches mich lachend ignoriert und sich nur um Alecs Aufmerksamkeit bemüht.
„Ich habe euch beide in dieses Leben gebracht. Ich sollte euch auch vor weiteren Schmerzen beschützen."
Wortlos nickt nun er und wendet sich endlich dem Kind zu. Gierig streckt es seine Hände nach ihm auf und er hebt es auf seine Schultern. Das Mädchen kreischt glücklich und hält sich an seinen Haaren fest.
„Es tut mir leid, was ich euch damals angetan habe. Und ich weiß, dass ich das niemals wiedergutmachen könnte. Aber bitte nimm zur Kenntnis, dass ich mein Bestes gebe, um euch von jetzt an zur Seite zu stehen."
Betroffen senkt Alec und Blick auf seinen Arm. An seinem Unterarm stelle ich eine Narbe fest, die verdächtig nach Brandmarkung aussieht. Bei genauerem Hinsehen erkenne ich das Symbol der Hydra.
Stockend starre ich darauf und versuche meine Schuldgefühle nicht noch grösser werden zu lassen. Was habe ich ihnen angetan?!
„Das war damals Riley. Ich habe versucht uns aus Hydra zu schmuggeln, damit wir ein Leben ohne Angst führen konnten. Wir schafften es nicht einmal aus dem Bunker heraus. Zur Strafe zwangen sie sie mir das Brandeisen an den Arm zu halten. Ich musste dasselbe an ihrem Oberschenkel tun, nachdem sie sie..."
Alec bricht ab und senkt seinen Arm. Aber ich weiß, was er sagen wollte. Diese Monster hatten Riley wie so oft missbraucht.
Blinzelnd senke ich den Kopf und versuche diese Bilder aus meinem Kopf zu verbannen. Zeichnungen, die Riley einst in dem Safe Haus malte durchkreuzen meinen Geist. Zitternd muss ich mich zwingen, mich nicht bildhaft an sie zu erinnern.
„Wo ist sie?", schaffe ich es Alec zu fragen.
„In ihrem Raum. Oberstes Stockwerk, erste Tür."
Nickend danke ich ihm und stürme an ihm vorbei. Der einzige Weg mich zu beruhigen, ist wohl mich zu versichern, dass es ihr gut geht. 

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Wuhu! Ich habe ein neues Kapitel geschafft!

Ich hoffe, es hat euch gefallen und bis irgendwann (:

LG Jas_Barnes

Alpha - New MissionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt