Kapitel 13

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Das Airfield liegt circa eine Viertelstunde außerhalb der Stadt und ist mit dem Bus gut erreichbar. Nun ja, zumindest wenn nicht hunderte Leute gleichzeitig dorthin wollen. So ist der Bus gepresst voll.

Wir sind später losgekommen, als wir das eigentlich vorhatten, weil Kathi mir ebenfalls zwei dünne Zöpfe geflochten hat, die nun mein Gesicht einrahmen. Das hat bei unserem Alkoholpegel ein paar Anläufe gebraucht und wann auch immer die Jungs angefangen haben zu Maulen, habe ich ihnen den Mittelfinger gezeigt und Kathi ihnen die Wahl gestellt, das nächste Mal wo anders vorzuglühen oder die Klappe zu halten. Wir sind also ein eingespieltes Team geworden.

Der Bus ruckelt um die nächste Kurve und ich ringe um mein Gleichgewicht. Ich stehe mitten in der Menge ohne eine Haltemöglichkeit und das mag mein angeheitertes Gehirn nicht allzu sehr. Als wir dann auch noch eine Vollbremsung an der nächsten Ampel machen – der Busfahrer fährt wirklich wie ein Henker – kann ich mich schlicht und ergreifend nicht halten und stolpere in die Menschen um mich hinein. Zumindest wäre ich das, wenn mich nicht plötzlich jemand von hinten gepackt und an eine warme Brust gezogen hätte. Mir stockt der Atem, als mich ein vertrauter süßlich herber Duft umgibt.

„He, nicht so unfreundlich die Leute anrempeln." Aus Noahs Stimme ist das Lächeln rauszuhören und als ich den Kopf zu ihm drehe, trennen unsere Lippen kaum noch fünf Zentimeter. Oh Shit. Mein Körper reagiert sofort auf ihn. Auf seine Wärme in meinem Rücken, seine Hand die auf meinem Bauch liegt, sein Atem, der sanft über mein Gesicht streicht. Dazu noch Kathis Worte von vorhin und ich bin heillos überfordert.

Aber Noah scheint eh seine eigenen Pläne zu haben. Denn er zieht mich noch ein Stück näher an sich und spricht mir leise ins Ohr. „Lehn dich einfach an. Ich halte dich."

Erinnerungen an gestern Nacht stürmen meinen Kopf. Auch da hat er mich gehalten, als ich es gebraucht habe und mein Herz zieht sich sehnsüchtig zusammen. Noah muss mir nicht zweimal die Erlaubnis geben, mich an ihn zu kuscheln. Mein Körper wird von selbst ganz weich und schmiegt sich an ihn, während seine Hand auf meinem Bauch mit sanften Bewegungen elektrische Impulse durch mich schickt.

Ich atme zittrig durch, bevor ich ein leises „Danke" rausbekomme.

„Immer."

Noahs Antwort ist gefährlich. Denn ich würde mir nichts mehr wünschen, als das sie der Wahrheit entspräche. Aber er geht in ein paar Wochen wieder. Und dann bin ich erneut allein mit all dem Mist zu Hause.

Diese Erkenntnis sollte mich dazu bringen, schleunigst Abstand zwischen uns zu bringen. Denn ich weiß, es wird noch viel mehr weh tun, Noah wieder loslassen zu müssen, als ihn nie gehabt zu haben. Ob nun nur Freundschaft oder mehr von seiner Seite aus da ist. Ich hänge sowieso schon viel tiefer darin. Alles andere wäre eine Lüge vor mir selbst. Und weil das so ist und der Alkohol den vernünftigen Teil von mir ausgeschalten hat, bewege ich mich nicht von Noah weg. Die wenige Zeit, die ich mit ihm habe, will ich auskosten. Zumindest für heute.

Also lasse ich den Kopf vertrauensselig nach hinten fallen, bis er in der Kuhle am Ansatz seines Halses ruht. Noahs Antwort ist ein sanfter Druck seiner Hand auf meinem Bauch und den Rest der Fahrt vergesse ich die stickige Luft und die verschwitzten Menschen um mich.

Ich bin sogar fast traurig, als der Bus mit einem letzten Ruck hält und uns am Airfield rauslässt. Es sind so viele Menschen im Inneren des Buses, dass wir warten müssen, bevor wir uns bewegen können. Und ich versuche mir jede dieser Sekunden einzuprägen, die ich Noahs Körper noch dicht an meinem fühle. Seine Hand wandert langsam von meinem Bauch über meine Hüfte in meinen Rücken und als er mich mit sanften Druck zum Laufen auffordert, komme ich dem mit einem lautlosen Seufzen nach. Stell dich nicht wie ein verknallter Volltrottel an, May.

F*ck Growing upWo Geschichten leben. Entdecke jetzt