1 | in da club

7.8K 250 75
                                    

HAZEL MORILLO

Augenblicklich erdrückte mich eine heiße Welle von Sonne, die mir grell in die Augen blitze, sodass diese sich für einen kurzen Moment schließen musste. Die Erleichterung machte sich in mir breit und vermischte sich leicht mit dem Genuss, die millionenfachen Partikel der schwülen Luft einzuatmen, die sich unendlich vor mir ausbreitete und mir endlich den ekelhaften Geschmack aufgrund der Flugzeugatmosphäre ausspülte. Die Hitze hier war schwer, fast drückend, und schien in dichten Wellen gegen meine Haut zu prallen, während ein leichter Wind mein blondes, glänzendes Haar zum Wehen brachte, doch selbst wenn es nun zu regnen anfangen würde, würde ich mich freuen, endlich Urlaub und Erholung zu haben.

Auch wenn es sich komplett unsinnig anhörte, dass die Luft sich in anderen Ländern anders anfühlte, war es doch so. Hier in Dubai war sie erfüllt von der Sonne und Feuchtigkeit der Wüste, eine fast greifbare Masse, die alles einhüllte. Es war ein deutlicher Kontrast zu der salzigen Brise, die ständig durch Nassau, meine Heimatstadt, wehte und leicht und frisch mit dem ständigen Hauch von Sand die Küsten aufwirbelte.

Ebenso kehrten meine Gedanken nach Baton Rouge, die Stadt, in welcher ich studiert hatte, und dessen Wetterverhältnisse. Oft habe ich mich darüber aufgeregt, dass das Wetter manchmal ziemlich wechselhaft sein konnte.

„Das reicht jetzt, Blondie. Geh schon weiter." eine männliche, kratzige Stimme erklang hinter mir und zog augenblicklich meine Aufmerksamkeit auf sich, sodass mein Kopf zu dieser schellte. Jetzt erst bemerkte ich, dass ich immer noch auf der Gangway des Flugzeugs stand und somit allen anderen, die noch aussteigen wollten, den Weg versperrte. Inklusive einem jungen Mann, der eine lässige Sonnenbrille aufhatte, während ein Zahnstocher seinen Mund zierte.

Er sah wie einer der typischen Surferboys aus - bloß ohne den blonden langen Haarwellen.

'Selbst wenn es die Schuld meiner Vergesslichkeit war, könnte man trotzdem etwas netter sein', dachte ich mir, während meine Wangen leicht erröteten und meine Beine sich hektisch die Treppen herunter bewegten. Ein „Entschuldigung" sparte ich mir aufgrund seiner Unhöflichkeit.

Kaum war ich auf dem grauen Betonboden angelangt, verschwendete ich keine Zeit länger hier stehen zu bleiben und die Luft zu bestaunen, sondern verließ zügig den Flugplatz und lief zu dem Band, auf dem sich mein Koffer befand. Es dauerte eine Weile, bis ich das knallpinke Teil fand und schließlich herunterziehen konnte, wobei ich fast zusammenklappte, da es wirklich schwer war.

Vielleicht war ich aber auch einfach nur schwach. Ich setzte den Koffer auf seine Rollen und verließ zehn Minuten später den großen Ausgang, vor welchem Leute verschiedenster Art herumwühlten, sich in die Arme fielen, Taxis bestellten und telefonierten.

Inmitten all dieser Menschen stand ich.

Hazel Morillo, die ihr Design-Studium abgebrochen hatte, weil sie keinen Bock mehr hatte, und nun ihr Leben, mit dem sie nichts anzufangen wusste, für ein paar Wochen in Dubai genoss. Ich konnte so unfassbar froh sein, dass meine Eltern nicht von der Sorte waren, die sagen würden, ich sei faul und dürfte auf keinen Fall abbrechen. Zum Glück hatten sie das locker aufgenommen und kein großes Drama geschoben, wofür ich ihnen wirklich dankbar war.

Meine Eltern wussten, dass ich - zumindest meistens - keine Scheiße baute und hatten oft keine Probleme, wenn ich Alleingänge machte oder, wie zum Beispiel jetzt, ohne irgendjemandem, ein Hotelzimmer mitten in einer Großstadt mietete, die rund 13.000 Kilometer weiter weg war als gewöhnlich.

∗ ✾ ∗

Ein letztes Mal zupfte das Kleid zurecht, das windig an mir herabfiel und blickte erneut hoch in den schmalen mit falschem Gold verzierten Spiegel, um mich zu vergewissern, dass alles and Ort und Stella war.

Ich blinzelte kurz. Es schien so.

Zu meinem heutigem Abend-Ausflug in den Club hatte ich ein dunkelbraunes, bis zu den Oberschenkeln gehendes Kleid angezogen und dazu weiße Stiefel, die ich mit einer schlichten schwarzen Handtasche, welche einfache silberne Details hatte kombinierte. Während ich mein Make-up aufgrund der Hitze etwas dezenter gehalten hatte, glänzten meine Haare währenddessen durch ein Glitzerspray, das ich vor ein paar Monaten aus einem Billigshop in der Nähe meines Colleges gekauft hatte, intensiv.

Insgesamt war ich zufrieden mit meinem Aussehen.

Wenige Augenblicke später spazierte ich aufgeregt aus dem Hotel heraus und schaute mich währenddessen etwas genauer die Gegen hier an. Da der Club anscheinend nicht so weit weg von meinem Hotel war, hatte ich mich dazu entschlossen, bis dorthin zu laufen.

Und tatsächlich - ich war in weniger als zehn Minuten an dem Gebäude angekommen, aus dem schon laute Musik dröhnte. Langsam stieg das Adrenalin in meinem Körper, und meine Alkohollust verstärkte sich.

Da die Schlange zum Glück nicht allzu lang war, konnte ich schnell von den beiden Türstehern, die ihre Gesichter versteinert hatten, reingelassen werden. Kaum betrat ich den Club, öffnete sich sofort eine Schwelle an Parfüms und Schweiß, und der Geruch nach Alkohol stieg mir tief in die Nase.

Mehrere junge Leute rumpelten mich bereits nach den ersten Sekunden an, weshalb ich möglichst schnell nach der Bar suchte, die es hier laut dem Internet geben sollte.

Ich fand sie nach einigen Blicken meinerseits und steuerte zielstrebig darauf zu. Das dunkle, gefeilte Holz schlier sich an dem Tresen, über den gerade eine junge Frau mit einem weißen Lappen wischte. Hinter ihr bahnte sich ein langes Regal voller verschiedener alkoholischer Getränke und Gläser an, genauso wie vor ihr, die Barhocker.

Ich nahm an einem freien Platz und schaute mir ein wenig die Getränke an, die die beiden anderen gerade zubereiteten. Ein Blondschopf, etwa in meinem Alter, mischte gerade ein interessant aussehendes Getränk zusammen, das er danach einem älteren Mann mit Glatze über dem Tresen zuschob.

Daraufhin entdeckte er mich und kam sofort mit einem Lächeln zu mir rüber. „Was kann ich so einer hübschen Dame anbieten?", fragte er in einem motivierenden Ton, während er mit seinen Fingerspitzen auf den Tresen trommelte.

„Einmal bitte dasselbe, was der alte Mann dort hat", sagte ich ebenfalls freundlich und nickte dabei in Richtung des Glatzkopfes. Mein Gegenüber nickte auch einmal, aber bei ihm als Verständnis, und wandte sich dann dem Regal hinter sich zu.

Bestimmt würde das hier nicht mein letztes Getränk sein, denn um meinen verräterischen, schwanzgesteuerten Ex zu vergessen, benötigte es mehr als nur ein paar.

—————

Hunting Maze (lovecall)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt