25 | disappeared

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HAZEL MORILLO

Überfordert strichen meine Augen über die Menge an prachtvollen Kleidern, die sich vor mir wie ästhetische Vorhänge ausbreiteten und das Spiegelbild eines glänzenden, elegant schimmernden Meeres sein könnten.

Ich glaubte nicht, dass die vielen Details, welche ich selbst einst auf ein wertloses Stück Papier gekrizelt hatte, von mir stammten und vor allem echt waren. Viel zu absurd ist die Tatsache, dass meine eigenen Designs vor mir hingen. Ich diese bewundern konnte.

Und das dank eines Mannes, den ich anfangs nicht wertgeschätzt hatte.

Viel zu lange habe ich das.

Es war ein großer Fehler, den ich erst begriffen habe, als ich spürte, wie ich wegen ihm zu lächeln begann. Ein einfaches, schlichtes Grinsen - und doch enthielt dieses so viel Magie und Gefühle. Es war absurd.

Ich erinnerte mich an die vielen Angstschübe, die ich bekommen hatte, als ich die Briefe von ihm in der Hand gehalten hatte und auf die edle Schrift gestarrt hatte. Als mir ein eiskalter Ozean über den Rücken gekippt wurde, als die Worte, die er benutz hatte, um meinen Namen zu formulieren sich in meinem Hinterkopf immer wieder aufs Neue wiederholt haben.

Mein Engel.

Drei Silben und es war wie eine Melodie, die mich beruhigte und gleichzeitig mein Herz schneller schlagen ließ. Und eine Tatsache, die es vor Wut rasen ließ.

Rund 60 Nachrichten hatte ich ihm geschickt und gefragt, wo er war und warum er sich nicht meldete, doch es ist Gott verdammt nicht möglich ein Lebenszeichen von ihm zu bekommen, geschweige denn eine Rückmeldung, die Hoffnung in mir wecken würde.

Ich wusste nicht, wo er war. Ich wusste gar nichts. Seit dem Morgen nach der Hochzeit, vor genau fünf Tagen, nagte die Unsicherheit wie ein ätzender Schatten an mir und verbreitete sich weiter und weiter. Hatte er kein Interesse mehr an mir?

Ich spürte, wie mein Atem bedrückter wurde.

Es machte mich verrückt. Ich wollte nie, dass er mich mag und genau jetzt, wenn er vermutlich weg von mir wollte, konnte ich nicht loslassen. Die Hoffnung darauf, dass er endlich verschwinden würde, hatte sich um 180 Grad gedreht und wurde zu einer Obsession, die besagte, dass er bleiben sollte. Bei mir.

Ich wollte mich weiterhin so verdammt begehrt fühlen und dieses Gefühl in mir tragen, dass ich jemandem wichtig bin. Und Jetzt - waren diese Emotionen verschwunden. Übrig blieb nur noch eine Menge von Sehnsucht und verdorbener Hoffnung.

Die gesamten letzten Monate waren verhext. Und ich - war vermutlich die Magie.

Ich fragte mich, wieso jeder Mann, der mich liebte oder Interesse zeigte einfach so verschwand? mein grässlicher Exfreund war nun bereits seit Tagen verschwunden und eine Sorge kribbelte in mir, die rein aus Prinzip entstanden war. Ich hatte diesen Jungen nun einmal geliebt, es war also der Respekt, der mich dazu trieb, Zweifel an seinem Verschwinden zu haben. Auch wenn Lio diese respektvolle Art vermutlich nicht verdient hatte.

Dann gab es noch meinen Vater, der ebenfalls gestern Abend nach Spanien zu seinem besten Freund gefahren ist, Hölle weiß wieso. Vielleicht waren es die Nachtschichten, die ihn in den Wahnsinn trieben, vielleicht war es Soulin, die ihn die ganze Zeit mit Dingen, die ich nicht wissen sollte stresste, vielleicht war es aber auch einfach nur George, den er mal wieder besuchen wollte.

Und dann gab es noch Romeo.

Ich seufzte. Meine Gedankenwelt würde explodieren und da dies nicht passieren sollte, wäre es klug von mir, mich wieder der Angelegenheit zu widmen, für welche ich hierhergekommen bin.

Meine Augen blieben an dem zweiten Kleid von links hängen. Es ist ein bodenlanges Kleid aus fließendem, schimmerndem Seidensatin in einem tiefen Blutrot. Das Kleid hat einen schmeichelhaften, figurbetonten Schnitt, der die Silhouette betont und in eleganten Wellen nach unten fällt. Die rechte Schulter war nicht bedeckt von jeglichem Stoff, während bei der linken Schulter jedoch eine prächtige Rosen-Blüte auf dem dünnen Träger ragte. Der Ausschnitt ist dezent und herzförmig, was dem Dekolleté eine elegante Note verleiht, bevor der Stoff mehr schichten hinzubekam, desto weiter er nach unten gelangte.

Im Allgemeinen war das Kleid ein reines Wunder.

∗ ✾ ∗

„Mom! ich bin zurück! Und ich habe ein Geschenk für dich!" meine Stimme schallte durch den kleinen Flur des Hauses und traf womöglich direkt auf meine Mutter, die mit hochgezogenen brauen, die Küche verließ und mit misstrauisch ansah. „Achja?"

„Yep.... Schließ deine Augen"

Mit einem leichten Lächeln tat meine Mutter das, was ich gesagt habe, woraufhin ich zügig die Haustüre öffnete und das Kleid nahm, welches ich von außen an die an die Türklinge gehängt hatte. Schnell und mit einem Grinsen auf dem Gesicht huschte ich abermals zu ihr und hob es vorsichtig etwas weiter nach oben. „Öffne die Augen"

Sechs Sekunden später schlug meine Mutter sich die Hand auf den Mund. „Hazel, das Kleid ist bezaubernd. Woher stammt das?" hörte ich sie durch ihre Finger nuscheln, während ich zu schmunzeln begann. „von mir. Ich habe es entworfen. Und nun - gehört es dir."

Sie starrte mich an.

„Das ist... wirklich aufmerksam. Ich danke dir Liebes."

Ich wurde in eine Umarmung gezogen und atmete tief ein, genoss die Ruhe der Nähe und war froh, meine Mutter so glücklich zu sehen, besonders, weil sie in den letzten Tagen kaum gelacht hat. Ich hatte keinerlei Ahnung, wieso und da wir nun Zeit hatten, musste die wohl die Chance ergreifen, sie darauf anzusprechen.

Langsam löste ich mich von ihr.

„Mom. Was ist los? Du wirkst momentan so... geknickt."

Ernst schaute ich sie an, meine Augen verweilten einen Moment auf ihrem Gesicht, bevor ich mich langsam zum Esstisch hinüber bewegte. Mit bedächtigen Bewegungen nahm ich das Kleid, das ich in meinen Händen hielt, und legte es behutsam über die Lehne eines der Stühle. Während ich dies tat, hörte ich, wie meine Mutter sich mit einem leisen Seufzen auf den gegenüberliegenden Stuhl setzte. Ihre erschöpfte Geste und der Seufzer verrieten, dass sie einen langen Tag hinter sich hatte, obwohl es erst Mittag war. Wir beide schwiegen, der Raum war erfüllt von unausgesprochenen Worten und einer spürbaren Anspannung.

„Dein Vater und ich - Wir lassen uns scheiden."

Stille.

Die Worte meiner Mutter hingen in der Luft wie ein unsichtbarer Schleier, der langsam auf mich herabsank. Zuerst verstand ich nicht, was sie meinte, dann traf mich ein Hauch von Realität. Scheidung. Mein Mund öffnete sich, aber kein Laut kam heraus. Es war, als ob jemand den Ton abgeschaltet hätte.

Ich hörte, wie meine Mutter schluchzte. „Es ist- Wir haben uns... auseinandergelebt. Die Nachschichten deines Vaters gaben uns wenig Möglichkeiten zeitgleich wach zu sein und die vielen Meinungsverschiedenheiten haben die Komplikationen verstärkt"

Ich atmete tief ein, spürte, wie meine Brust sich mit einem schweren Druck füllte. Das kleine Kind von damals in mir wäre vermutlich enttäuscht und beleidigt gewesen, doch meine Mutter hatte Recht. Ich konnte es zu gut nachvollziehen. Ich hatte vor kurzem erst eine Trennung hinter mir und auch meine jetzige Situation mit Romeo war nicht viel besser.

„Wie geht es dir damit?" fragte ich schließlich, während ich ihren Blick suchte.

„Ich weiß es nicht," flüsterte sie. „Es tut weh, aber es ist auch eine Erleichterung. Wir haben so lange nur noch in dieser Anspannung gelebt, dass es wirklich angenehm ist zu wissen, dass wir den Trubel zwischen uns bald abschließen können."

Ich nickte.

„Bei mir sieht es nicht viel besser aus. Mister Perfect ist verschwunden."

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Wie fandet ihr es?
Was haltet ihr von der Situation?
Wie denkt ihr, geht es weiter?

KLEINE INFO: habe nun das Buch bis zum Ende geplant, die Planung jedoch noch nciht fertig aufgeschrieben. Ich hoffe, aber, dass die Kapitel nun etwas schneller kommen...

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