21 | One hundred and five dozen

1.8K 93 9
                                    

HAZEL MORILLO

"Bring ihn doch mit."

Ich könnte im Boden versinken. Liddie hatte gedacht, es wäre eine schöne Idee, Romeo auf ihrer Hochzeit zu haben. Einen Psychopathen auf ihrer Hochzeit zu haben. Einen Menschen, der in ein Hotelzimmer eingebrochen ist und dazu im Stande war, sämtliche Aufenthaltsorte herauszufinden.

Etwas über mich herauszufinden. Alles herauszufinden. Jedes einzelne Detail.

Ich stand hier. Seit geschlagenen 20 Minuten. Seit genau 100 Dutzend Sekunden blickte ich mich in dem Gold verzierten Spiegel an und versuchte, den Duft des Kleides zu identifizieren. Den Duft eines Gegenstandes, den er bereits in der Hand gehalten hatte.

Den er mir geschenkt hatte.

Das hellblaue Funkeln ließ mich langsam, aber sicher meine Sicht verschwimmen, welche von Laken bedeckt war. Von Schichten, die Carimovs Geist weckten und bereits die Partikel zählten, die sich mit jedem Augenblick verkürzten. Die Partikel der Luft, die noch zwischen uns sind.

Mein Blick fiel auf die Uhr. Auf die Uhr, die über meinem Bett hing und ruhte. Nie gefragt wurde, ob sie arbeiten wollte. Die nie aufgeben durfte.

Meine Sicht fiel auf den kleinsten, dünnsten Zeiger. Wie er sich mit regelmäßigen Takten der obersten Stelle näherte und mir drohte, dass ich es nicht wagen sollte, die Zeit stehen zu lassen.

Die Zeit. 105. 105 Dutzend Sekunden hatte der Sand an Volumen, das ich breitschlagen musste, als ich mich vor den Spiegel gestellt hatte. Nun sind bereits Hundert versickert. Versickert durch die enge Spalte und angekommen bei dem bereits aufgetürmten Sand, der Erinnerungen beinhaltete und eine Vergangenheit, grausam oder auch wunderbar, aufbewahrte.

Und übrig bleiben fünf. Fünf Dutzend Sekunden. Sechzig Sekunden. Eine Minute. Und diese Minute, war die Zeit, welche noch verfließen musste, bis ich ihn wiedersah und in der mein Körper sich dem Gefühl des Versagens hingab.

Ich war schwach gewesen, ist mir in dieser schlaflosen Nacht klargeworden. Ich habe nicht dagegen angekämpft, diesen Schatten, der mich aufgespürt hat zu besiegen. Ihn zu beseitigen. Stattdessen habe ich ihm erbärmlich angefleht, mir zu zeigen, was Leidenschaft und Zuneigung bedeutet.

Vielleicht um zu verstehen, warum mir zuvor das Herz gebrochen wurde.

Vielleicht ist die Bitte aber auch wirklich tief aus meinem Herzen gekommen.

Meine Augen, welche bereits leer von den vielen Gedanken waren, musterten die Gestalt im Spiegel. Sie hatte ein langes, sanft anfühlendes Kleid an, von dem sie erstmals gedacht hatte, sie würde es nie an ihrem Körper betrachten können. Die weinroten, in Rosen getrunken Details, die als Schmuck dienten, ließen das Aussehen von ihr elegant und edel aussehen. Sie steigerten die Ausstrahlung auf die Stufe, an welcher ihre Ausstrahlung glitzern begann. Zu verzaubern.

Und dann - blieb ihr Atem stehen. Mein Atem.

Es klingelte. An der Tür.

Er war gekommen.

Um mich zu holen. Ab -zuholen. Die mit unterkühltem Blut befüllten Adern in meinen Handrücken, begannen meine Hände und Arme zu rütteln, als wollten sie sich aus meinen Griffen befreien. Sie kämpfen. Kämpfen so lange bis schließlich mein ganzer, eingefrorener Körper am Zittern war.

Es war, als hätte sich ein anderer Geist in das Innere meines Körpers eingesiedelt. Als würde nur noch meine Hülle die Existenz von mir bestätigen. Denn dieser, neugeborene, Geist war nun nicht mehr Hazel.

Er war die Person, welche von einer Art Stalker abgeholt wurde und nur Hazel Carimov Morillo mit Namen hieß.

Ich hörte mich durchatmen und ich nahm den Geist in mir wahr, der die Treppen zur Haustür herunterlief. Sie öffnete. Dem Mann in die Augen blickte. In seine wunderschönen, dunklen Augen, die Meine müden ebenfalls durchbohrten.

Hunting Maze (lovecall)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt