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Song: You Make It Feel Like Christmas - Gwen Stefani

Wir haben uns geküsst.
Er hat mich geküsst!
Ich meine, es ist keine große Sache.
Ich sollte dich ja auf dem Laufen halten.

In dieser Reihenfolge habe ich Izzy zugetextet, sobald ich eine Minute für mich hatte.
Seitdem überschwemmt sie mich mit lachenden Emojis.
Nach ihrer Auffassung mache ich eine große Sache daraus. Was sie nicht schlimm findet - ganz im Gegenteil. Sie hat sich gewünscht, dass das irgendwann mal zwischen uns passiert.

Ich stelle mein Handy auf lautlos und lege es außer Sichtweite.
Mit einem Mal erkenne ich meine beste Freundin nicht wieder. Wir sagen uns sonst alles. Und plötzlich rückt sie damit heraus, dass sie mich und Elliot heimlich geshippt hat? Ihre Worte.
"Alles okay?"
Nicole fegt wie ein Tornado in die Küche.

Wir haben Mom angeboten, ihr das Kekse backen abzunehmen, damit sie sich in Ruhe um ihren Besuch kümmern kann.
Elliot drückt sich seit Millys Ankunft in meiner Nähe herum. Mit zwei Frauen über fünfzig scheint er überfordert zu sein.

Er ist förmlich vom Sofa aufgesprungen und hat seine Hilfe angeboten, als Nicole und ich verkündeten, heute zu backen.
Jetzt steht er an die Fensterbank gelehnt da und wartet auf seinen Einsatz.
"Harper?"
"Was? Äh, ja. Alles gut, wieso nicht?" Ich lache verlegen und binde mir eine Schürze um.

Unter Elliots Blicken werden meine Wangen heiß und ich vergesse kurz, wie ich mit der Schlaufe in meiner linken Hand umzugehen habe.
"Du guckst wieder so komisch", murmelt meine Schwester und knallt zwei Schüsseln auf den Tisch. "Dexter, du kannst schon mal das Mehl abwiegen."

Mein Freund sieht mich mit großen Augen an.
"Wie viel darf's denn sein?", fragt er.
Nicole schlägt sich theatralisch vor den Kopf und gibt einen erstickten Laut von sich.
"Sorry. Ich habe schon ganz vergessen, dass du zum ersten Mal hier bist. Wir kennen das Rezept nämlich alle auswendig", lacht sie. "Zweihundert Gramm."

Mit der nächsten Handbewegung zieht sie das abgekaute, alte Keksrezept aus einem Buch über der Spüle und legt es auf den Tisch.
Ich zeige unauffällig auf den Hängeschrank, in dem sich das Mehl befindet.
Auf dem Weg dort hin, sagt Elliot: "Ich fasse das Mal als Kompliment auf."

"Oh, das sollte es auch sein."
Elliot und ich werfen Nicole einen überraschten Blick zu. Es kommt nicht alle Tage vor, dass sie so offenkundig ihre Zuneigung gesteht.
Meine Augen müssen mir einen Streich spielen, denn ich glaube, Stolz auf den Zügen unserer Küchenhilfe zu sehen.

Ich mache das Radio an und eine Welle der Nostalgie trifft mich. Es ist noch der gleiche Sender eingestellt, den wir immer vor der Schule gehört haben.
Gerade wird der Verkehr durchgesagt. Stau, gesperrte Straßen, Unfälle und Schneewehen auf der Fahrbahn.
Ich blicke aus dem Fenster. Das flache Niemandsland, das sich hinter unserem Grundstück erstreckt, lässt noch nichts von neuem Schnee erahnen.

"Genug Wolken geguckt?", fragt jemand an mein Ohr.
"Diese Frage werde ich nie mit einem eindeutigen Ja beantworten können", grinse ich.
Elliot beugt sich vor und senkt seine Stimme.
Nicole hantiert bereits mit Butter und Zucker.

"Ich hoffe, das mit dem Kuss war jetzt nicht..."
"Nein!", flüstere ich zurück. Mit so viel Nachdruck, wie bei dieser Lautstärke möglich ist. "Wir haben ja gesagt..."
"Genau. Und ich dachte, der Moment passte sich ganz gut. Deine Schwester hat es auf jeden Fall geschluckt."

Er wirft einen vielsagenden Blick über die Schulter. Weder er, noch ich können es aussprechen.
"Schluss damit, ihr Turteltauben." Wenn man vom Teufel spricht. "Ich dachte, wir wollten backen und nicht tuscheln. Sehr unhöflich übrigens."
Eine Hand gleitet über meine rechte Hüfte, bevor sie leicht zudrückt.

"Ich hoffe, ich habe jetzt nicht meine Sympathiepunkte bei dir verspielt", scherzt Elliot.
"Wenn du den Teig für mich knetest, überlege ich es mir vielleicht noch mal, Dexter."
Bei diesem Namen zucke ich unweigerlich zusammen, fange mich aber relativ schnell wieder. Ich will endlich vergessen, was vor einem Jahr passiert ist.

In meinem Kopf läuft ein Countdown. Noch zwölf Tage, bis das Desaster auf mich einprasselt.
Noch zwölf Tage, bis ich den echten Dexter in meine Wohnung lasse und nicht ahne, was er vorhat an diesem Abend zu tun.
Ich schiebe diese Gedanken beiseite und nehme mich dem Zuckerguss an. Keine kriegt ihn so perfekt cremig hin wie ich.

So arbeiten wir im Stillen, im Hintergrund die immer gleichen Weihnachtslieder und das gelegentliche Lachen von Mom und Milly aus dem Wohnzimmer.
Dad hat sich vor geraumer Zeit zu einer langen Hunderunde abgemeldet.
Ich bin immer noch mit der süßen Paste beschäftigt, die jetzt in sechs verschiedenen Farben vor mir steht, als das erste Blech aus dem Ofen kommt.

Augenblicklich lasse ich den Spritzbeutel fallen und eile zum Blech.
"Vorsicht, heiß", mahnt Nicole.
"Ja, Mama", ziehe ich sie auf und mopse mir einen warmen Keks.
Warm schmecken sie besonders gut. Vor allem, weil sie im Mund zerfallen, ohne dass man sie kauen muss.

"Hmmmm", seufze ich und sacke in mich zusammen.
Es ist viel zu lange her, dass ich diese Kekse gekostet habe.
Elliot greift auch zu.
"Wow, die sind wirklich- Harper? Harper, was ist los? Hey!"

Die Nervenenden in meinem Körper melden Alarmbereitschaft. Meine rechte Hand, die die zweite Hälfte des Gebäcks an meine Lippen führen will, gefriert.
"Was ist in diesen Keksen drin?", will ich wissen.
Dass mir dabei die noch ungekauten Keksbrocken wieder aus dem Mund fallen, ist mir egal.

Ich brauche keine Antwort, um zu wissen, dass in diesen Keksen Nüsse enthalten sind.

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Hello meine Weihnachtselfen :)

kleine Sidenote zu den Kapi-Songs: Ich nehme hier absichtlich so upbeat, happy Songs, hihi.
Einfach um die chaotische Situation zu unterstreichen und noch mal ein bisschen für extra Comedy zu sorgen, wenn ihr beim Lesen gleichzeitig den Kapi-Song hört ;P

Natürlich ist gerade eines unserer Fensterlichter kaputt gegangen. So ein "Kerzen-Leuchter" ich weiß nicht, wie die Dinger heißen... Ihr wisst bestimmt, was ich meine.
Immer passiert sowas kurz vor Weihnachten, ugh xD

Musstet ihr schon mal an Heiligabend nochmal losfahren und eine neue Lichterkette besorgen?
Dass ist in meiner Kindheit tatsächlich ziemlich oft passiert, aber seitdem *ich* die Lichterketten immer mit ganz viel Liebe ein- und auspacke, passiert es nicht mehr, dass wir die Ketten auspacken und sie plötzlich nicht mehr angehen hahaha, fingers crossed, dass es so bleibt.

All my Love,
Lisa xoxo

Not like last Christmas ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt